Wer hoch fliegt, kann tief fallen. Das trifft sogar auf Börsenlegende Cathie Wood zu. Noch vor wenigen Monaten wurde die 66-jährige US-Amerikanerin von Finanzmedien als „beste Investorin der Welt“ betitelt, denn die Historie ihrer Firma Ark Invest glich einer absoluten Erfolgsstory. 2014 gegründet, setzt die Investmentgesellschaft fast ausschließlich auf Innovation und trifft damit ins Schwarze: 2021, nur sieben Jahre nach der Gründung, verwaltet Ark Invest rund 60 Mrd.US-Dollar. Woods Aufstieg an der Wall Street hat Vorbildcharakter – reihenweise folgen vor allem junge Anleger ihren Anlagetipps und Ratschlägen. Die Starinvestorin wurde noch im vergangenen Jahr als Königin der Wall Street gefeiert. Jetzt ist von all diesem Ruhm nichts mehr zu sehen.
Woods Flaggschiff-Fonds Ark Innovation ist im vergangenen Monat um knapp 30 Prozent eingebrochen. Seit Beginn des Jahres hat Ark Innovation sogar über die Hälfte seines Wertes verloren. Wood setzt auf aktives Fondsmanagement. Statt einen ganzen Vergleichsindex abzubilden, wählt die Fondsmanagerin die Aktien gezielt aus und verspricht so mehr Rendite. Diese Taktik ging auch lange gut.
So setzt die Starinvestorin ausschließlich auf Aktien, die sich mit disruptiver Innovation und Digitalisierung beschäftigen. In ihren Fokus rücken somit Firmen, die mit neuer Technik und neuem Konzept an den Markt kommen und ihr Ziel darin sehen, das gesellschaftliche und politische Leben nachhaltig zu ändern. Durch ihre Aktienpicks in innovativen Bereichen wie der Elektromobilität, der Telemedizin, der virtuellen Gesundheitsvorsorge oder der Kommunikationstechnologie erwirtschaftete Wood lange überdurchschnittliche Erträge – vor allem in der Corona-Pandemie.
Rekordwerte in der Pandemie
Das beste Beispiel ist der E-Automobilhersteller Tesla – Woods Meisterstück. Anfang 2018 war eine Aktie des Autobauers rund 300 Dollar wert. Für ihre damalige Prognose, die Tesla-Aktie werde bis 2023 auf 4000 US-Dollar steigen, wurde sie gar belächelt. Doch das Blatt wendete sich: Anfang November 2021 stand der Aktienkurs nach einem Aktiensplit bei knapp 1300 US-Dollar – Woods ausgerufenes Ziel wurde somit sogar frühzeitig erreicht.
Viele Firmen, in die Wood investiert hat, profitierten von den Pandemiemaßnahmen. Quarantäne und Ausgangsbeschränkungen brachten Menschen auf der ganzen Welt dazu, virtuelle Geburtstage zu feiern, Arbeitsmeetings digital abzuhalten und Arzttermine online wahrzunehmen. Die Folge: Die Umsätze von Technologieunternehmen wie Zoom, Netflix oder Teladoc stiegen und Woods Aktienauswahl schoss in die Höhe. „Es war fast unheimlich wie die amerikanischen Hightech-Werte gelaufen sind. Selbst Firmen, die erst in ein paar Jahren vielleicht Gewinne machen, wurden hochgejazzt“, beschreibt ntv-Börsenexperte Frank Meyer die damalige Lage. Das fand mit dem Ende vieler Corona-Maßnahmen jedoch ein Ende.
Für Wood gesetzte Titel stürzten nach ihren Pandemierekorden ein. Ein gutes Beispiel ist Teladoc, ein Unternehmen für Telemedizin und virtuelle Gesundheitsvorsorge, dessen größter Anteilseigner Ark Innovation ist. Seit ihrem Hoch im Februar 2021 hat die Aktie über 80 Prozent ihres Wertes verloren. Auch Tesla spürte die Veränderung: Der E-Autobauer ist zwar weiterhin der größte Posten von Ark Innovation, rutschte jedoch von seinem Hoch aus Pandemiezeiten auf nun rund 724 US-Dollar.
Zinswende verschreckt Anleger
Anleger, die Anfang 2021 in Woods Fonds investierten, verloren bis heute rund zwei Drittel ihres Kapitals. Zwar musste auch der technologiebasierte Nasdaq100 einbüßen – im gleichen Zeitraum sank er jedoch gerade einmal um vier Prozent. Auch die einstige Outperformance von Ark Innovation gegenüber dem S&P500 ist Geschichte – mittlerweile hinkt Woods ETF dem breiter gefassten Aktienindex hinterher. Kurzum: Bis vor wenigen Monaten wusste Wood das Kapital ihrer Anleger geschickt anzulegen. Derzeit scheint es ihr jedoch durch die Finger zu rinnen.
Das Ende der Pandemiemaßnahmen ist dabei nicht die einzige Bedrohung für die Tech-Titel. Vor allem die US-Zinswende aufgrund der hohen Inflation schreckt viele Anleger von riskanteren Tech-Aktien ab. Die Technologie- und Wachstumstitel sind besonders betroffen, da sie ihr Wachstum auf Pump finanzieren und Gewinne erst für die Zukunft versprechen. Mit der Zinswende steigen nun die Kosten für Kredite und Kapital, was den Unternehmenswert nach der Abzinsung reduziert.
Zudem kühlt die Sorge um das Wirtschaftswachstum die Spekulationslust ab. Die US-Notenbank hat weitere Zinserhöhungen angekündigt und die Europäische Notenbank wird wohl im Sommer die Zinsen erhöhen. Das schürt die Sorge vor einer Rezession in den USA und der Eurozone.
Wood gibt der restriktiveren Geldpolitik der US-Notenbank die Schuld für die Kursverluste. „Wir könnten uns bereits in einer weltweiten Rezession befinden“, sagt sie in ihrem Webinar. „Die Märkte machen sich im Moment ziemlich laut bemerkbar und scheinen die Strategie der Fed in Frage zu stellen“, so die Fondmanagerin.
Wood erwartet „spektakuläre Renditen“
Tatsächlich gab der Nasdaq100 seit der Zinserhöhung um bis zu zehn Prozent nach. Mittlerweile trifft die Ausverkaufsstimmung sogar die großen Unternehmen – Tech-Riesen wie Apple, Amazon und Microsoft haben in den vergangenen Tagen insgesamt über eine Billion Dollar an Börsenwert verloren, wie aus Bloomberg-Daten hervorgeht.
Woods Aktien fallen diesem Trend zum Opfer. Ihre Fonds seien das „beste Beispiel“ dafür, dass Marktteilnehmer in der Branche „eher spekulieren als investieren“ und ihre Kunden daran hindern, „langfristig einen guten Ruhestand zu haben“, stichelte Schroder-CEO Peter Harrison auf einer Konferenz gegen den einstigen Star der Wall Street. Die Starinvestorin will jedoch weiterhin auf Innovation und Digitalisierung setzen. Sie glaube an das Wachstum dieser Technologien, sagte sie dem US-Sender CNBC. In den kommenden fünf Jahren erwarte sie „spektakuläre Renditen“.
Dieser Artikel ist zuerst bei ntv.de erschienen.