Persil-Waschmittel statt iPhones, Uhu-Klebstoff statt MS-Teams – diese Entscheidung traf Fondsmanager Dominikus Wagner Anfang dieses Jahres. Konkret trennte er sich von einem Teil seiner Apple- und Microsoft-Aktien und investierte in die Titel von Henkel. Die Umschichtung steht beispielhaft für seine Strategie im Wagner & Florack Unternehmerfonds: „Konsequent an Qualität festhalten und regelmäßig die Zusammensetzung überprüfen.“
Das zahlt sich aus: Die Performance des rund 300 Mio. Euro großen Aktienfonds trug – neben der hohen Service- und Managementqualität – dazu bei, dass Wagner & Florack in diesem Jahr von Capital als beste Fondsboutique ausgezeichnet wird. Zum zweiten Mal durchleuchtete Capital mit dem Institut für Vermögensaufbau (IVA) die bunte und vielfältige Welt der kleinen Fondsanbieter. Viele von ihnen erweisen sich als Top-Spezialisten in ihrer jeweiligen Nische, sei es im Umgang mit exotischen Anleihen, Derivaten oder eben im Stockpicking.
Das IVA untersuchte 220 kleine Fondsanbieter mit 454 Fonds, die zusammen 32,5 Mrd. Euro verwalten. Das waren 41 Anbieter mehr als bei der Premiere, was auch daran lag, dass das IVA die Basis der Untersuchung breiter anlegte. Zu den Boutiquen mit eigener Finanzportfolioverwalter-Lizenz kamen noch jene dazu, die über ein sogenanntes Haftungsdach agieren. In die Bewertung kamen zudem nur unabhängige Anbieter, die maximal neun Fonds verwalten, höchstens 25 000 Euro als Mindestanlagesumme aufrufen und deren Fonds zum Stichtag 30. Juni mindestens drei Jahre bestanden. „Einige der Neuen konnten direkt hervorragende Ergebnisse erzielen“, sagt IVA-Vorstand Christian Apelt.
Der Service ist der Weizen
Im Wettbewerb zählt vor allem die Qualität der Fonds. Sie fließt zur Hälfte in die Bewertung ein; auf die Managementqualität entfallen 30 Prozent und auf den Service 20 Prozent (siehe Methodik auf Seite 125). Dahinter steckt – wie beim „großen Bruder“, dem Capital Fonds-Kompass – die Idee, dass im Management von Vermögensanlagen Erfahrung wichtig ist und Privatanleger gute Information und Beratung benötigen.
„Gerade beim Service trennt sich die Spreu vom Weizen“, sagt Apelt. „Während einige Gesellschaften geschickte Lösungen finden, haben andere noch großes Nachholpotenzial.“ So schafften es einige Anbieter nicht einmal, ihre Fonds auf ihrer Homepage vorzustellen.
Die Fondsmacher
Auch wenn die Fondsqualität in der Summe etwas zurückging, unter anderem weil das fulminante zweite Halbjahr 2020 aus der Drei-Jahres-Wertung fiel, so zeigte sich doch: In der Nische tummeln sich zahlreiche Gesellschaften mit hoher Qualität. Von den 220 untersuchten Anbietern schafften 41 mindestens 75 von 100 möglichen Punkten. Dies war die Untergrenze für die Höchstnote von fünf Sternen (alle ausgezeichneten Anbieter finden Sie in der Tabelle ab Seite 126).
Der in Bonn beheimatete Anbieter Wagner & Florack schaffte den Gesamtsieg und ist der beste Anbieter von Aktienfonds. Die folgenden Plätze holten die Multi-Asset-Anbieter Wallrich Asset Management aus Frankfurt und Vorjahressieger Tresides aus Stuttgart.
Neu ist in diesem Jahr die Aufteilung der Anbieter in fünf Kategorien: „Eine Zuweisung zu einer Schwerpunktkategorie erfolgte, wenn sich die Fondsvolumina einer Gesellschaft auf mindestens zwei Drittel einer Schwerpunktkategorie konzentrieren“, erläutert Apelt. Bei den Rentenfonds setzte sich TAM aus Rellingen durch, bei den Spezialitäten der Volatilitätsexperte Absolute Asset Management aus Frankfurt. Die fünfte Kategorie fasst Anbieter ohne speziellen Schwerpunkt zusammen. Hier erreichte SALytic Invest den Höchstwert. Das Unternehmen aus Stuttgart und Köln ist ein klassischer Vermögensverwalter, der seine Anlagestrategie aber dem breiten Publikum anbietet. Eine ganze Reihe Fondsboutiquen verfolgt diese Doppelstrategie.
Flexibilität entscheidet
Das gilt auch für den 2003 gegründeten Gesamtsieger Wagner & Florack. Wagner sucht nach „robusten Gewinnmaschinen“, die im Aufschwung nicht alle Euphorie mitmachen, aber eben in Krisenmomenten auch nicht so stark fallen wie der Markt. „Unsere Firmen sind nur gering verschuldet oder haben sogar positive Cash-Bestände“, erläutert Wagner. „Das kann ihnen helfen, in Zeiten steigender Zinsen ihre Wettbewerbsposition zu verbessern.“ Von den Techaktien hatte er sich zu Jahresbeginn allerdings aus einem anderen Grund getrennt: „Wir haben 2022 viel gekauft und die Gewinne laufen lassen. Als die Bewertungen deutlich gestiegen waren, haben wir die Bestände spürbar reduziert.“ Jetzt hat Wagner das margenstarke Geschäft mit Tiernahrung im Blick. „Die Nachfrage wird in der Rezession hoch bleiben.“
Wagner & Florack wird bislang vor allem als Aktienhaus wahrgenommen, doch das könnte sich ändern. Der Unternehmerfonds flex ist ein Mischfonds, der in Qualitätsaktien, Gold, Anleihen und Liquidität investiert. Das erinnert an den beliebten Multiple-Opportunities-Fonds von Flossbach von Storch – und das ist kein Zufall. Bei Wagner & Florack haben einige frühere Mitarbeiter der Kölner Fondsgesellschaft angeheuert, die selbst einst als Boutique startete und beim Capital Fonds-Kompass heute regelmäßig Bestnoten erreicht.
Einen ganz anderen Weg geht Stefan Wallrich in seinem Wallrich AI Libero und steht damit exemplarisch für den „besonderen Charme der Fondsboutiquen“, wie Apelt es nennt: Viele von ihnen sind mit ungewöhnlichen Konzepten erfolgreich. Wer nun beim Libero-Fonds an Franz Beckenbauer denkt, liegt nicht ganz falsch: Wallrich hat seinen defensiven Mischfonds an dem Jahrhundertfußballer orientiert, der die Position des letzten Mannes wie kein anderer prägte. „Wir wollten in der Nullzinsphase ein konservatives Produkt auflegen“, erläutert er. Es solle das Depot stabilisieren „in Phasen, in denen der Markt orientierungslos ist oder leicht fällt“. Wer es gern offensiver möchte, der kann beim Wallrich-AI-Peloton-Fonds mitradeln, dessen Name sich am Hauptfeld der Fahrer im Radsport orientiert.
Wallrich vermischt zwei Anlageklassen: Rund 95 Prozent des Geldes liegen in Euro-Staatsanleihen, die aktuell rund drei Prozent Rendite bringen. Dazu kommt der Ertrag aus einer Risikokomponente: Der Fonds geht sogenannte Stillhaltergeschäfte ein, nimmt also die Gegenposition zu Kaufoptionen ein und nutzt dafür künstliche Intelligenz. Das Ergebnis: Der Libero-Fonds bringt eine Überrendite von zwei bis vier Prozent zum Vergleichszins Euribor, der derzeit bei etwa 3,2 Prozent liegt. Ganz risikofrei ist der Fonds allerdings nicht. „Bei einem Salami-Crash können wir Rendite aus den Stillhaltergeschäften erzielen“, sagt Wallrich. „Schwarze Schwäne hassen wir aber wie alle anderen auch.“ Heißt: Bei einem richtigen Crash hilft im Depot auch der Libero nicht mehr.
Doch wo es ein Problem gibt, findet sich in der Welt der Fondsboutiquen eine Lösung. In diesem Fall hat sie Jens Nitschke zur Hand, Gründer und Gesellschafter von Absolute Asset Management. „Wir können eine Nische besetzen und helfen, Schwachstellen auszumerzen“, erläutert er die Idee des erst 2018 gegründeten Unternehmens.
Nitschke beriet ursprünglich institutionelle Investoren, wie sie ihre Portfolios gegen extreme Schwankungen absichern können. Daraus wurde der Fonds Absolute Volatility: „Unser Fonds hilft, wenn es in normalen Mischportfolios stark kriselt“, erläutert Nitschke. „Wir halten eine Absicherung für schwere Krisen, aber keinen Schutz für leichte Korrekturen.“ Geht es an den Märkten also runter, verliert der Fonds zunächst, dreht dann aber, sodass sich eine U-förmige Kurve ergibt. Mit anderen Worten: Je schlimmer die Krise, desto besser die Performance. Mit dieser Strategie schafft Nitschke nach Kosten derzeit 8,4 Prozent Rendite pro Jahr und bewegt sich damit im Bereich von Aktien.
Hohe Volatilität
Dabei ist der Fonds eher etwas für Anleger mit schwachen Nerven. „Denn gerade bei schweren Marktverwerfungen können Verluste aus Mischportfolien durch die Absicherungserträge ausgeglichen werden“, sagt Nitschke. Konkret setzt der Fonds bei Fehlbepreisungen am Markt für Optionen an. Nitschke hat beobachtet, dass in Krisenphasen die Menschen bereit sind, für eine Absicherung zu viel Geld zu bezahlen – und nutzt das aus.
Einen guten Fonds zu machen ist eben ein solides Handwerk, findet auch Thomas Singer. „Kleine Gesellschaften machen keine schlechte Rendite“, ist der Vorstand der TAM AG überzeugt. Ihr 2010 aufgelegter TAM Fortune Rendite ist ein Kind der Niedrigzinsphase und will eine Alternative zu Tages- und Festgeld sein. Die Idee: Er investiert in Anleihen mit maximal vier Jahren Laufzeit, weil danach die Kursschwankungen deutlich größer werden. Singer spricht deshalb von einer „Überschaubarkeit der Restlaufzeit“. Das ermöglicht dann, auch die Rendite bei einer Staatsanleihe von Montenegro mitzunehmen.
Doch weil die Zeit der Nullzinsen vorbei ist, wird das Produkt 2025 ein ESG-konformer globaler Rentenfonds, der in längere Laufzeiten investieren und Währungswetten eingehen darf. „Diese Veränderung wurde an uns von Kunden herangetragen, und wir passen uns dem an“, sagt Singer. Flexibilität können die Boutiquen eben auch.
Methodik: So hat Capital die besten Fondsboutiquen ermittelt
Die Welt der kleinen Fondsanbieter in Deutschland ist unübersichtlich und teils intransparent. Voraussetzung für die Teilnahme an der Studie von Capital und dem Münchner Institut für Vermögensaufbau (IVA) waren deshalb eine Finanzportfolioverwalter-Lizenz der Bafin oder die Organisation unter einem sogenannten Haftungsdach. Für Letztere stellten die Service-Fondsgesellschaften Ampega, Axxion, Hansainvest und Universal Investment die Daten bereit. Weitere Kriterien waren die Unabhängigkeit des Anbieters und ein Angebot von maximal neun eigenen Fonds. Zudem musste ein Fonds mindestens drei Jahre am Markt sein, und die Mindestanlage durfte höchstens 25 000 Euro betragen. Wegen der Regularien sowie mangelnder Unabhängigkeit und Transparenz fehlen einige bekannte Namen.
Das Gesamtergebnis (maximal 100 Punkte) ergab sich aus der Bewertung von Fondsqualität, Service und Management. Dabei entfielen auf die Fondsqualität maximal 50 Punkte. Für die Qualität des Managements gab es bis zu 30 und für den Service bis zu 20 Punkte. Die Höchstbewertung von fünf Sternen erhielten Anbieter mit mindestens 75 Punkten, vier Sterne gab es ab 60 Punkten.
Die Qualität der Fonds wurde anhand von drei Kriterien ermittelt: Die Information Ratio gibt an, ob es dem Fondsmanager gelingt, durch die Abweichung von einem Vergleichsindex (Benchmark) zusätzliche Erträge (Outperformance) zu erzielen. Zweitens definierte das IVA für jede Fonds-Vergleichsgruppe eine individuelle Benchmark, um die Risikoprämien zu ermitteln – also zu messen, welchen Ertrag die Bereitschaft, ein Risiko einzugehen, liefert. Schließlich wurde berechnet, welcher Teil des Fondsvermögens aktive Renditen generiert und welche Kosten in diesem aktiven Teil anfallen (Active Expense Ratio).
Hier punkteten Anbieter, die ein erfahrenes Team und wenig Fluktuation aufweisen sowie personelle und technische Risiken kontrollieren. Das IVA prüfte zudem die Transparenz und Stringenz von Investmentphilosophie und -prozess. Einige Anbieter beantworteten den Fragebogen nicht und stellten über ihre Website keine verwertbaren Informationen zur Verfügung, sodass ihre Managementqualität mit null Punkten bewertet wurde.
Das IVA untersuchte anhand von 70 Kriterien, wie gut sich Anlegerinnen und Anleger über den Anbieter und seine Produkte informieren können. Punkte gab es für Daten in drei Segmenten: Website, Unternehmensinformationen und Produktinformationen (Datenblätter, Kosten, Angaben zu Rendite und Risiko etc.).
Bei unseren Studienpartnern achten wir auf eine besondere Expertise. Diese Expertise kann es aber mit sich bringen, dass unsere Partner, auch das IVA, geschäftliche Beziehungen zu getesteten Unternehmen unterhalten. Selbstverständlich sorgen wir dafür, dass die nötige Neutralität dennoch gewährleistet ist.
Anbieter mit einer Vier- oder Fünf-Sterne-Bewertung haben die Möglichkeit, ein Capital-Siegel zu erwerben und damit für sich zu werben. Die redaktionelle Berichterstattung und die Vermarktung der Siegel sind strikt voneinander getrennt. Genauere Informationen zu den Bedingungen dieser Siegel finden Sie unter
www.capital.de/siegel
Transparenzhinweis: In den Abschnitt über Absolute Asset Management hatten sich zwei Fehler eingeschlichen, die wir korrigiert haben.