Seit Wochen sinken an den Börsen die Preise für Strom und Gas, doch bei den Kundinnen und Kunden der örtlichen Grundversorger kamen die Vergünstigungen bislang kaum an. Das ändert sich nun: Laut einer Erhebung des Vergleichsportals Verivox wollen im Mai, Juni und Juli insgesamt 91 Strom- und 80 Gasanbieter ihre Tarife senken. Demnach verbilligt sich Strom im Schnitt um rund 14 Prozent, Gas um 23 Prozent. Zuerst hatte die „Süddeutsche Zeitung“ darüber berichtet.
Als Grundversorger gilt ein Energieversorger, wenn er in einem Netzgebiet die meisten Kunden mit Strom oder Gas beliefert. Die Zeit der Rekordpreise in der Energiekrise seien vorbei, so Verivox. Allerdings bleibt das Preisniveau hoch: 90 Prozent aller Gas- und 80 Prozent aller Stromtarife der örtlichen Grundversorger liegen über den staatlichen Preisbremsen, die seit Januar gelten. Neukundentarife sind deutlich günstiger als die über die Preisdeckel festgeschriebenen Grenzen. Für Strom beträgt der Preisdeckel 40 Cent je Kilowattstunde, bei Gas sind es 12 Cent. Wenn Kunden höhere Preise zahlen, übernimmt der Staat die Mehrkosten.
Im bundesweiten Durchschnitt zahlt ein Drei-Personen-Haushalt mit einem Stromverbrauch von jährlich 4000 Kilowattstunden beim örtlichen Grundversorger 1970 Euro (Arbeitspreis 45,78 Cent/kWh). Werden die staatlichen Subventionen aus der Strompreisbremse mit eingerechnet, liegen die Kosten bei gleichbleibendem Verbrauch laut Verivox bei 1785 Euro. Das günstigste Angebot bei einem alternativen Anbieter „mit empfehlenswerten Bedingungen“ liegt bei 31,77 Cent/kWh. Da bei diesem Angebot auch noch der Grundpreis inklusive ist, käme der Drei-Personen-Haushalt mit 4000 Kilowattstunden Verbrauch auf jährliche Gesamtkosten von 1272 Euro.
Beim Gas zahlt ein Haushalt im Einfamilienhaus (20.000 kWh Jahresverbrauch) durchschnittlich 3267 Euro beim Grundversorger. Der Kilowattstundenpreis liegt bei 15,57 Cent, der jährliche Grundpreis bei 152,83 Euro. Rechnet man die Gaspreisbremse mit ein, reduziert sich der Betrag für den Privathaushalt auf 2696 Euro. Beim günstigsten alternativen Anbieter würde der Haushalt hingegen nur einen durchschnittlichen Kilowattstundenpreis von 10,28 Cent/kWh zahlen – inklusive Grundpreis. Die Endrechnung beliefe sich auf 2055 Euro.
Win-Win-Win-Situation für Kunden, Steuerzahler und Vergleichsportale
Ein Anbieterwechsel kann in diesen Tagen damit zu einer Win-Win-Win-Situation werden: für die Verbaucher, die laut Verivox mehr als 500 Euro beim Strom und 600 Euro beim Gas sparen können; aber auch der Staat und damit letztlich alle Steuerzahler würden profitieren, denn sie zahlen aktuell jeden Cent mehr, der über den Preisbremsen liegt. Nicht zuletzt ist ein Anbieterwechsel auch für Verivox lukrativ, weil das Vergleichsportal Tarife vermittelt und eine Gebühr für jeden Abschluss über die Plattform kassiert.
Auch die Verbraucherzentralen raten dazu, den eigenen Strom- und Gasvertrag nun zu prüfen. Ein Wechsel von einem der rund 700 örtlichen Gas- bzw. 800 Strom-Grundversorgern ist für Kunden jederzeit möglich, es gibt in der Regel keine festen Fristen. „Wer aktuell mehr zahlt als das Preisbremsen-Niveau, kann durch einen Anbieterwechsel sparen“, so die Verbraucherzentralen. „Je höher der aktuelle Preis, desto höher ist logischerweise die Ersparnis.“ In der Regel lohne es sich, etwa einmal im Jahr die Tarife zu vergleichen. „Immer dann, wenn Sie eine Preiserhöhung bekommen, sollten Sie vergleichen“, so die Verbraucherschützer.
Bereits zu Beginn des Jahres zeichnete sich die Entwicklung ab, dass Grundversorger wieder teurer als alternative Anbieter werden. 2022 waren Grundversorger durchweg günstiger als die Anbieter mit den billigsten Tarifen auf dem Markt.
Die Preisunterschiede zwischen den Anbietern lassen sich durch die unterschiedliche Beschaffungsstrategie der Energieunternehmen erklären: Während Grundversorger langfristig einkaufen, ordern andere Anbieter am Spotmarkt kurzfristig. Diese Alternativanbieter konnten ihren Kunden in der Vergangenheit – und jetzt wieder – die günstigen Marktpreise direkt weitergeben. Die Kehrseite dieser Praxis ist, dass sie extreme Preissteigerungen wie solche infolge des Ukrainekrieges nicht abfedern können.