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Geldanlage Fadenscheinige Reißleine

Wer sich mit Stop-Loss-Orders absichert, muss aufpassen, dass er von Kurseinbrüchen nicht in einen Abwärtsstrudel gezogen wird.

Als am „Schwarzen Montag“ im August die Aktienkurse einbrachen, fielen sie nicht gleichmäßig, so wie ein Wasserfall. Sie bewegten sich vielmehr wie Hochwasser durch einen Fluss, den man an mehreren Stellen aufgestaut hat und bei dem ein Damm nach dem anderen unter der Gewalt der Wassermassen bricht. Immer, wenn die großen Aktienindizes eine wichtige Marke erreicht hatten, fielen sie in einem Rutsch direkt ein ganzes Stück weiter.

Schuld am seltsamen Verlauf des Markteinbruchs waren vor allem Stop-Loss-Orders. Die Instrumente veranlassen automatisch den Verkauf eines Wertpapiers, sobald dessen Kurs eine festgelegte Untergrenze reißt, den sogenannten Stop-Kurs. Anleger wollen sich so gegen noch höhere Kursverluste absichern. Als Verkaufssignal wählten viele Investoren zuletzt offensichtlich dieselben Kursmarken. Das führte dazu, dass Stop-Loss-Orders im Sommer den Abwärtstrend an den Märkten verstärkten.

Vorsicht vor dem Abwärtsstrudel

Auch in den kommenden Wochen dürften die Aktienkurse stark schwanken, sagen Marktbeobachter. Die niedrigen Rohstoffpreise, die Ungewissheit über die Geldpolitik der US-Notenbank und die Wachstumsprobleme in den Schwellenländern sorgen für Unsicherheit. Viele Anleger wollen ihre Aktienportfolios vor weiteren Verlusten schützen. Wer sich mit Stop-Loss-Orders absichert, sollte es allerdings so tun, dass er von eventuellen weiteren Kursrutschen nicht in einen Abwärtsstrudel gezogen wird.

Grundsätzlich gilt: Für langfristig orientierte Privatanleger eignen sich Stop-Loss-Orders nur bedingt. Sie können zwar vor Verlusten bewahren, sind aber nur dann sinnvoll, wenn man die Muße hat, die Börsen genau im Blick zu behalten. Steigt der Kurs einer Aktie, auf die man eine Stop-Loss-Order platziert hat, sollte man den Stop-Kurs nämlich sukzessive nach oben anpassen. Wurde eine Aktie per automatischem Signal verkauft, muss man den richtigen Zeitpunkt zum Wiedereinstieg finden – sonst ist das Depot irgendwann leer.

Schlimmstenfalls zahlen Anleger durch hektisches Kaufen und Verkaufen und den zu späten Wiedereinstieg für den vermeintlichen Schutz viel Geld. Will man Geld für Jahre oder gar Jahrzehnte anlegen, ist man deshalb besser beraten, zwischenzeitliche Kursverluste auszusitzen.

Neueinstieg kostet Ordergebühren

Wer trotzdem mit Stop-Loss-Orders arbeitet, sollte den Stop-Kurs klug wählen, rät Chris-Oliver Schickentanz, Investmentstratege der Commerzbank. „Man sollte sich einen Kurs suchen, der knapp über oder unter populären Marken liegt“, sagt er – beim Aktienindex Dax zum Beispiel 9750 statt 9700 Punkte. So vermeide man, zum selben Zeitpunkt zu verkaufen wie alle anderen Anleger. Grundsätzlich sollten Investoren den Stop-Kurs nicht zu nah an den aktuellen Aktienkurs legen. Sonst besteht nämlich die Gefahr, dass man bei jeder kleinen Kursdelle aussteigt. Und jeder Neueinstieg kostet Ordergebühren.

Auch Anleger, die in den kommenden Wochen auf Schnäppchenjagd gehen wollen, sollten aufpassen, nicht dem Herdentrieb zu erliegen. Wegen des steigenden Einsatzes von regelbasierten Instrumenten wie Stop-Loss-Orders und börsengehandelten Indexfonds (ETFs) fallen die Aktienkurse immer häufiger im Gleichtakt. Fundamentaldaten spielten bei den jüngsten Kursstürzen nahezu keine Rolle, technische Faktoren waren bedeutsamer. Das eröffnet Investoren Einstiegschancen – solange sie im Hinterkopf behalten, dass es einige Zeit dauern kann, bis alle Computer mitbekommen haben, dass die Kurse fallen. „Der dritte Tag eines Kurssturzes ist der beste Tag, um kurzfristig einzusteigen“, sagt Oliver Paesler, Experte für quantitative Investmentstrategien beim Datenanbieter Logical Line. Bis dahin sollte jeder Computer wissen haben, dass der Kurs gefallen ist, und gegebenenfalls den Verkauf veranlasst haben.

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