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Kolumne Rohstoffe lassen Baisse hinter sich

Irgendwann endet jeder Zyklus. Jetzt sieht es so aus, als ob die Rohstoffmärkte ihr Tief überwunden hätten. Von Christoph Bruns
Christoph Bruns
Christoph Bruns

Christoph Bruns ist Fondsmanager, Vorstand und Teilhaber der Fondsgesellschaft Loys AG.

Das Auftreten von Zyklen ist in vielen Wirtschaftsbranchen nichts Neues. Ein Auf und Ab um einen säkularen Wachstumstrend herum gehört nachgerade zur DNA etlicher Industrien. Auch für die verschiedenen Rohstoffsektoren stellen starke zyklische Ausschläge keine Neuigkeit dar. Aus Anlegersicht wäre es wünschenswert, die Hoch- und Tiefpunkte der jeweiligen Konjunktur- und damit Preiszyklen zu kennen. Allerdings lassen sich diese Wendemarken in aller Regel immer erst im Nachhinein mit Gewissheit feststellen, sodass schon viel damit gewonnen ist zu wissen, ob man sich noch im Abschwung oder bereits im Aufschwung befindet.

Heute sieht es ganz danach aus, als ob die meisten Rohstoffmärkte zu Anfang dieses Jahres ihre langjährige Baisse hinter sich gelassen hätten. Zur Erinnerung: Noch im Februar war Rohöl der Sorte Brent unter 29 US-Dollar pro Fass zu haben. Derzeit muss man indes etwa 45 US-Dollar und damit gut 50 Prozent mehr auf den Tisch legen, um den gleichen Gegenstand in gleicher Menge zu erwerben. Immerhin war die Baisse beim Ölpreis mit gut 18 Monaten relativ kurz, wenngleich sie mit einem Abschwung um rund 70 Prozent sehr scharf ausfiel.

Im Vergleich zum Rohöl mussten andere Rohstoffe einen viel längeren Abschwung durchstehen. Das nicht zuletzt bei Spekulanten sehr geschätzte Edelmetall Gold fiel vom Herbst 2012 bis zum Anfang dieses Jahres um circa 60 Prozent, während es seit Anfang Januar um mittlerweile knapp 20 Prozent zulegen konnte.

Unsinnige Erklärungen

Stets aufs Neue bemerkenswert für den erfahrenen Börsianer ist dabei die Beobachtung, welch unsinnige Erklärungen den Preisentwicklungen bei Rohstoffen beigelegt werden. Die Deutschen, von denen Goethe sagte, sie seien ein spekulatives Volk, scheinen besonders häufig derartigem Geschreibsel auf den Leim zu gehen. Mit Amüsement erinnert man sich noch an die Goldmünzautomaten, die an Flughären aufgestellt wurden, um neurotische Menschen zu veranlassen, ihre Euros - unter Einkassierung einer Provision von bis zu 40 Prozent - in Goldmünzen aus dem Automaten umzutauschen.

Damit nicht genug: Noch während des Mannheimer Fondskongresses im Januar 2016 konnte man in den Vortragsräumen hören, dass der Dax wegen des Ölpreissturzes seinerseits fallen müsse, während Broker bereits einen Ölpreis von 10 US-Dollar an die Wand malten. Faktenbasierte Argumente wie etwa, dass Deutschland doch ein Nettoimporteur von Öl sei und Wirtschaft wie Bürger von einem sinkenden Ölpreis profitieren müssten, wurden mit dem Hinweis auf die wirtschaftliche Situation in den Ölförderländern abgetan. Es gehört zur Finanzmarktritualistik, dass heute, nachdem die Preise stark angezogen sind, niemand mehr etwas davon wissen will.

Auswirkungen auf die Inflation

Zur Umkehr bei etlichen Rohstoffpreisen hat gewiss auch die Beruhigung der China-Sorgen beigetragen, nachdem noch zu Jahresanfang wilde Krisenszenarien die Runde machten. Bekanntlich waren die Inlandsaktienindizes in Shanghai und Shenzhen zu Anfang des Jahres merklich eingebrochen und der Renminbi wertete ab. Inzwischen sind die Verluste der Inlandindizes aber auf etwa 15 Prozent zurückgegangen und Chinas Wachstumsabschwächung ist der Berichterstattung über Korruption (Stichwort „Panama Papers“) gewichen.

Wesentlich begünstigter von der Rohstofferholung zeigten sich unterdessen klassische Erzeugerländer wie zum Beispiel Russland, dessen Rohstoffkonzerne wie etwa Rosneft, Gazprom und Lukoil zuletzt fulminante Kursaufschläge verzeichneten. Bergbautitel in Australien, Südamerika und London erging es kaum anders.

Sollte die aufwärtsgerichteten Tendenzen an den Rohstoffmärkten anhalten oder gar eine Verbreiterung erfahren, dann wird das nicht ohne Auswirkungen auf das Thema Inflation bleiben und möglicherweise zu Zinssteigerungen führen. Zudem dürfte sich die Gewinnreihe des S&P 500 verbessern, sobald der wichtigen amerikanischen Ölindustrie die Ertragswende gelingt. Vieles spricht dafür, dass das erste Quartal 2016 den diesbezüglichen Tiefpunkt markiert hat. Erste Hinweise darauf werden in dieser Woche erwartet, wenn BP am Dienstag den Reigen der Quartalsberichterstattung eröffnet.

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