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Anleihen iPhone, iBond oder iAktie kaufen?

Trotz hoher Barreserven geht Apple an den Anleihemarkt. Was dahinter steckt – und was das über den Zustand der Finanzmärkte sagt.
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Wertvolle Marke: Apple sitzt auf hohen Barreserven

Wir kennen iPads, iPods iPhones – und seit vergangenem Frühjahr auch iBonds. Denn der Technologiekonzern Apple sitzt nach vielen erfolgreichen Jahren laut letztem Quartalsbericht derzeit zwar auf nicht weniger als umgerechnet 109 Mrd. Euro Bargeld. Zum Vergleich: Das ist genug, um auf Basis der aktuellen Börsenwerte die Deutsche Bank, die Deutsche Post, RWE, ThyssenKrupp und Lufthansa zu übernehmen. Und zwar alle zusammen und in bar. Dennoch nahm Apple am Dienstag zum zweiten Mal binnen eines Jahres über eine Anleiheemission Geld bei Investoren auf: Nach 17 Mrd. Dollar im Mai 2013 nunmehr weitere 12 Mrd. Dollar.

Lohnt die Anleihe den Kauf? Ist sie attraktiver als die Aktie?

Zwar sprechen Aktien und Anleihen grundsätzlich unterschiedliche Investorengruppen an. Der Vergleich zwischen der Apple-Aktie und der Anleihe illustriert aber anschaulich das Dilemma, in dem Investoren derzeit im Umfeld rekordniedriger Zinsen stecken: Die Bewertung der Apple-Aktie ist aberwitzig niedrig, die Skepsis über die künftige Gewinnentwicklung und kurze Produktzyklen bei Smartphones und Tablet-PCs groß. Trotzdem reißen sich die Käufer um die Anleihe, während die Apple-Aktie trotz sprudelnder Gewinne heute auf dem gleichen Kursniveau wie vor zwei Jahren notiert – bei knapp 600 Dollar. Ähnlich verhält es sich mit dem gesamten Aktienmarkt: Fundamental betrachtet sind Aktien keineswegs teuer - ihre Attraktivität errechnet sich aber vor allem aus den wenig rentablen Alternativen.

Apple hat eine erstklassige Bonität

Christian Kirchner ist Frankfurt-Korrespondent von Capital
Capital-Korrespondent Christian Kirchner

Betrachten wir zunächst die Hintergründe: Was unlogisch klingt, ist in Wahrheit ein Steuerkniff: Große Teile seines Barvermögens hat Apple wie viele andere Großkonzerne wie IBM der Microsoft außerhalb der USA verdient und auch dort angelegt. Seine Dividenden in Höhe von zuletzt rund 11 Mrd. Dollar pro Jahr sowie sein für die kommenden Jahre geplantes Aktienrückkaufprogramm in Höhe von gar 90 Mrd. Dollar kann der Konzern nicht mehr vollständig aus seinem US-Barvermögen und den laufenden Cash-Flow bestreiten. Eine Repatriierung der Gelder würde allerdings eine kräftige Besteuerung in den USA auslösen – weshalb es den Konzern billiger kommt, trotz der Barreserven zusätzlich (Brutto-)Schulden zu machen.

Denn aufgrund seiner herausragend guten Finanzlage, den hohen laufenden Gewinnen und natürlich auch seines bekannten Markennamens zählt Apple derzeit zu den als sehr sicher wahrgenommenen Schuldnern – das heißt, Apple muss Anlegern nur geringe Zinsaufschläge auf US-Staatsanleihen zahlen.

Der Konzern hat im vergangenen Jahr wie auch in diesem Jahr nicht nur eine, sondern gleich eine ganze Reihe von Anleihen mit unterschiedlichen Zinskupons und Laufzeiten ausgegeben. Betrachten wir für eine Analyse eine Apple-Anleihe mit einer Laufzeit bis 2023, also nunmehr noch neun Jahren.

Die Anleihe – die auch in Deutschland gehandelt wird - hat einen fixen Kupon von 2,4 Prozent, der jährlich ausgezahlt wird und notiert noch bei 93 Dollar je 100 Dollar Nennwert. Die Verluste gegenüber dem Nennwert und Rückzahlungsbetrag erklären sich nicht mit der gesunkenen Bonität Apples, sondern dem generell gestiegenen Zinsniveau in den USA, welches sich in fallenden Kursen aller ausstehenden Anleihen niederschlägt. Im Handel nähern sich die Konditionen der vergangenes Jahr und nun neu begebenen Anleihen zudem rasch einander an.

Aus Kurs, Restlaufzeit und Zinskupon ergibt sich eine Rendite von 3,3 Prozent bis zum Laufzeitende 2023 – natürlich, falls Apple bis dahin allen Zinsleistungen nachkommt und die Anleihe tilgen kann. US-Staatsanleihen mit identischer Laufzeit bis 2023 bringen Anlegern derzeit eine Rendite von 2,6 Prozent. Das heißt: Apple muss Investoren lediglich einen kleinen Zinsaufschlag von 0,7 Prozentpunkten auf US-Staatsanleihen zahlen.

Nur ein kleiner Zinsaufschlag

un sprechen festverzinsliche Anleihen und Aktien grundsätzlich unterschiedliche Anlegertypen an. Dennoch ist ein Vergleich zwischen der Anleihe und der Aktie interessant: Bei einem Aktienkurs von aktuell 590 Dollar weist Apple ein Kurs-Gewinn-Verhältnis von 14 auf, das heißt, Apple ist mit dem 14-Fachen der in den letzten vier Quartalen erwirtschafteten Gewinne bewertet.

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Verkaufshit: Präsentation neuer iPhone-Modelle

Analysten rechnen zwar damit, dass Apple seinen Gewinn auch in den kommenden Jahren wird steigern können – und zwar um rund 15 Prozent pro Jahr. Vermutlich würde vielen Aktionären aber auch schon reichen, wenn Apple seine derzeit hohen Gewinne auch nur wird verteidigen können. Denn eine – zugegeben vereinfachte Rechnung – zeigt, worin die Herausforderung für viele Anleger derzeit liegt: Müsste man eine Anleihe ähnlich wie eine Aktie bewerten, läge das so genannte „Anleihen-Kurs-Gewinn-Verhältnis“ bei der genannten Apple-Anleihe bei luftigen 30. Es errechnet sich aus dem Umkehrwert der Rendite, in diesem Fall also 100 durch 3,3 Prozent. Denn letztlich zeigt ja die jährliche Rendite, was an – im Gegensatz zur Aktie - sicheren Gewinn mit der Anleihe verdient wird: 3,3 Prozent.

Alleine der nüchterne Vergleich – ein Kurs-Gewinn-Verhältnis von 14 bei der Apple-Aktie und von 30 der Apple-Anleihe - signalisiert die relative Attraktivität der Aktie. Diese steigt zusätzlich, wenn man bedenkt, dass Apple seinen Anlegern auch eine Dividende zahlt, aus der sich eine aktuelle Dividendenrendite von 2,3 Prozent errechnet. Nun ist diese aber ebenso wie der Gewinn zyklischen Schwankungen unterworfen. Apple verdiente aber in den letzten vier Quartalen zusammen 41,25 Dollar je Aktie, schüttete an Anleger davon aber lediglich 12,20 Dollar aus. Das heißt: Selbst wenn Apple seinen Gewinn aus welchen Gründen auch immer halbieren würde, würde selbst dieser gesunkene Gewinn noch reichen, kontinuierlich weiter die aktuellen Dividenden zu zahlen. Oder, optimistischer formuliert: Apple ist derzeit so profitabel, dass es seine Dividende problemlos verdoppeln (und die Dividendenrendite auf 4,6 Prozent stiege) und damit immer noch mehr als ein Drittel seiner Gewinne für andere Zwecke – Rücklagen, Übernahmen, Aktienrückkäufe oder ähnliches ausgeben könnte.

Apple-Anleihen dreifach überzeichnet

Nun ist die relative Attraktivität von Apple-Aktien gegenüber der Anleihe keine Spezialität des Konzerns. Sie ist auch im Gesamtmarkt in den USA wie auch in Deutschland zu beobachten: Der Dax etwa weist ein Kurs-Gewinn-Verhältnis von 14 auf, das Anleihen-Kurs-Gewinn-Verhältnis deutscher Staatsanleihen liegt hingegen bei 62, denn zehnjährige deutsche Staatsanleihen bringen derzeit lediglich 1,6 Prozent Rendite. In den USA ist das Verhältnis nicht ganz so krass: Auf Basis der Anleiherendite von 2,7 Prozent für zehnjährige Staatsanleihen errechnet sich ein Anleihen-KGV von immerhin noch 37, das Kurs-Gewinn-Verhältnis der S&P 500-Index beträgt derzeit 18.

Dreh- und Angelpunkt all dieser Betrachtungen ist natürlich das allgemein weiter sehr niedrige Zinsniveau und der unbändige Appetit vieler Großinvestoren auf alle festverzinslichen Papiere, die nur ein klein wenig mehr Rendite bieten als klassische Staatsanleihen. Denn nach Abzug von Inflation, Managementgebühren und oft sogar noch Zins- oder Kapitalertragsteuern bleibt für Anleiheinvestoren weltweit beim derzeitigen Zinsniveau bestenfalls noch eine schwarze Null stehen, wenn ein Jahr durchschnittlich läuft. Folglich gieren sie nach einem bisschen Mehr an Rendite – die neuen Apple-Anleihen etwa waren am Dienstag annähernd dreifach überzeichnet.

Nun hat niemand eine Glaskugel, wie sich die Zinsen entwickeln werden. Ein Optimist würde wie folgt argumentieren: Der Apple-Gewinn könnte um ein Drittel einbrechen und die Rendite der Apple-Anleihe um einen vollen Prozentpunkte steigen - gemessen am Kurs-Gewinn-Verhältnis wäre die Aktie für einen Halter, der Schwankungen ertragen kann, auf lange Sicht vermutlich immer noch das bessere Engagement als die Anleihe. Der Pessimist erinnert sich vermutlich am ehesten an die kaum langfristig prognostizierbaren Produktzyklen im Technologiesektor und die vielen bekannten Namen, deren Stern weit rascher sank, als er zuvor aufging und leuchtete, etwa von Dell, Sony oder Nokia.

Im Kern ist es ein Luxusproblem, denn sowohl die Aktie – aufgrund ihrer überzeugenden fundamentalen Kennziffern - als auch die Anleihe – aufgrund der hervorragenden Finanzsituation – machen ein Engagement attraktiv – vorausgesetzt, Anleger befürchten keinen starken Zinsanstieg auf kurze und mittlere Sicht. Angesichts der Cashreserven und des starken Markennamens hat Apple auch genügend Spielraum, in einem Produktzyklus vollkommen daneben zu liegen.

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