Capital: Herr Kraft, wie wählen Sie Dividendenaktien aus?
ANDREAS KRAFT: Unser Universum umfasst in Europa rund 1500 Aktien. Mittels unserer Datenbanken können wir jede einzelne Aktie anhand einer Vielzahl von Signalen wie Börsendaten, Bilanzkennzahlen und alternativen Datensätzen wie beispielsweise Conference Call Sentiment oder einem Modell zu den rechtlichen Klagerisiken einer Unternehmung durchleuchten. Das schaffen Menschen so nicht. Außerdem bringt der Ansatz eine gewisse Disziplin mit sich: Menschliche Emotionen können zwar manchmal helfen, aber auf lange Sicht ist es von Vorteil, sie auszuschalten. Wir verhindern durch den strikten Prozess, dass wir aus dem Bauch heraus oder nach Laune entscheiden.
Was ist ein typisches Signal für sie?
Wir schauen beispielsweise, ob ein Unternehmen in der Vergangenheit seine Dividenden steigern konnte und ob das erwartete Gewinnwachstum das Potenzial für einen weiteren Anstieg anzeigt – oder ob das Unternehmen vielleicht schon an der Oberkante, also einer hohen Payout-Ratio, angelangt ist. Natürlich schauen wir auch genau auf die Cashflows, aus denen die Dividenden stammen, denn sie soll ja nicht aus der Substanz gezahlt werden. Dieses Vorgehen unterscheidet uns grundsätzlich nicht von traditionellen, fundamental orientierten Fondsmanagern.
Zu welchen Aktien führt ihr Ansatz?
Grob gesagt investieren wir in zwei Körbe. Zum einen geht es um dynamisches Dividendenwachstum. Das sind Titel, die eventuell noch eine geringe Dividendenrendite zahlen, diese aber sehr dynamisch steigern können. Im zweiten Korb sind Aktien, die eine attraktive Dividendenrendite aufweisen, seit vielen Jahren ein stabiles Geschäftsmodell haben und ihre Dividendenzahlungen auch in Schwächephasen nicht ausgesetzt haben, weil sie die Dividende aus ihren Cashflows zahlen können. Die Wachstumskomponente unterscheidet uns von einem klassischen Dividendenfonds.
Investieren sie in Nebenwerte?
Der First Private Euro Dividenden Staufer investiert typischerweise zwischen 15 und 25 Prozent in kleinere und mittlere Unternehmen. Wenn wir in kleinere Aktien investieren, kontrollieren wir genau die Liquidität, damit wir die Titel jederzeit verkaufen können, ohne den Markt dadurch zu bewegen. Grundsätzlich können kleinere Unternehmen attraktive Chancen aufweisen, da sie vom Markt weniger stark verfolgt werden und insbesondere nach Phasen der Minderperformance, wie etwa in den letzten Jahren, sehr günstig werden können.
Unternehmen schütten zunehmend Geld in Form von Aktienrückkäufen aus. Fehlt dann nicht das Geld für Dividendenzahlungen?
Für uns sind Aktienrückkäufe ein spannendes Signal. Am Ende ist es ja das Gleiche, ob die Firma eine zu versteuernde Dividende zahlt oder die Zahl der Aktien reduziert und damit zu steuerlich günstigeren Bedingungen einen Mehrwert schafft. Gerade im Wachstumsbereich sind Rückkäufe eine spannende Sache: Hier wollen viele Firmen keine Dividende zahlen, weil sie immer wieder in große Projekte investieren. Daher müssten sie immer wieder Dividendenzahlungen unterbrechen oder kürzen, was bei Investoren nicht gut ankommt. Rückkäufe bieten den Firmen eine viel größere Flexibilität. Das erklärt auch, warum wir in Wachstumswerte und in regelmäßige Dividendenzahler investieren. Im US-Leitindex S&P 500 sind in der Vergangenheit die Dividendenzahlungen fast nie gefallen, während die Rückkäufe stark schwankten.
Lässt sich mit ETF nicht viel günstiger in Dividendenaktien anlegen, weil die immer in die Titel mit der höchsten Dividendenrendite investieren?
So eine Strategie ist nicht besonders klug.
Warum?
Bei Unternehmen mit optisch sehr hohen Dividendenrenditen von vielleicht zehn, zwölf oder gar 15 Prozent sagt einem der Markt letztlich, dass mit dem Unternehmen etwas faul ist und die Dividende schon bald vielleicht gar nicht mehr gezahlt wird. Bei diesen Firmen liegt meist der Aktienpreis schon so niedrig, dass die Dividendenrendite optisch (noch) hoch wirkt. Meist haben sie jeden Spielraum in der Bilanz ausgenutzt und die Bilanzierung an der Kapazitätsgrenze des Machbaren ist ein starkes Warnsignal. Es gibt Fonds, die sich an hohen Ausschüttungen orientieren, deren Wert aber ständig sinkt, weil die Kurse seiner Aktien ständig fallen. In der Summe schneidet man als Anleger dann nicht besonders gut ab.