Nadine Oberhuber ist Wirtschafts- und Finanzjournalistin. Sie schreibt auf Capital.de über Geldanlagethemen
Eichhörnchen ernähren sich ja bekanntlich mühsam. Sie hüpfen ständig ganz oben in den Bäumen herum und es dauert dennoch ziemlich lange, bis sie die paar Nüsse zusammenhaben, die sie zum Überleben benötigen. Aber möchte man tatsächlich so ein hyperaktives Eichhörnchen mit magerer Ausbeute sein? Erstaunlicherweise verhalten sich vier von fünf Sparern hierzulande tatsächlich genau wie sie. Nämlich alle Tagesgeldanleger und Festzinssparer. Die hopsen zwar häufig von Konto zu Konto, oft sogar mit schwindelerregenden Geldmengen im Schlepptau.
Und sie suchen stets nach dem noch höheren Zins im Vergleich zur bisherigen Bank. Wobei „hoch“ allerdings relativ ist. Denn mehr als eine Haselnuss kommt am Ende trotzdem nicht dabei heraus. Bis sich das Geld auf so einem Konto nennenswert vermehrt, dauert es lange, sehr lange. Für vier Prozent Zinsen sparen Tagesgeldkontohopser derzeit etwa acht lange Jahre. Warum also nicht lernen von der Natur?
Es gibt nämlich auch clevere Tiere, den Igel zum Beispiel. Der ist von Natur aus etwas träger und auch nicht so wendig wie ein Eichhörnchen. Aber er hat eine gute Strategie: So lange die große Erntezeit im Herbst andauert und ihm die Bäume das Essen regelrecht vor die Füße werfen, schlägt er sich genüsslich die Wampe voll und legt sich dann zum Winterschlaf hin. Die angefutterte Speckschicht hält ihn bis zum Frühjahr am Leben. So ähnlich könnten Anleger es auch machen und damit ganz gemütlich vier Prozent Zinsen einfahren – sogar im Jahr. Also achtmal so schnell wie die Eichhörnchen.
Man muss schon Aktien kaufen
Wo es heute noch vier Prozent Zinsen gibt? Zum Beispiel bei einigen Dax-Unternehmen wie Allianz, RWE und Münchener Rück. Die Allianz hat ihren Anlegern gerade erst eine Rekorddividendenrendite von 4,53 Prozent angekündigt, ist aber längst nicht der Konzern, der am meisten zahlt. Im Durchschnitt zahlen alle 30 Dax-Unternehmen zusammen immerhin eine Dividendenrendite von drei Prozent. Die Deutsche Beteiligung schüttet sogar 6,4 Prozent aus. Auch viele schwergewichtige Unternehmen aus der zweiten Reihe locken mit über vier Prozent, etwa Alstria, BB Biotech, Comdirect, Drillisch, Freenet, RTL oder Talanx.
Alles, was man dafür machen muss ist, Aktien von ihnen kaufen, möglichst noch bevor die Hauptversammlungssaison im April losgeht. Dann streicht man diese Prozente schon für 2014 ein. Mit hoher Wahrscheinlichkeit auch nicht nur in diesem Jahr, sondern in ähnlicher Höhe wieder im nächsten. Und zwar ziemlich unabhängig davon, wie sich der Kurs der Aktie inzwischen entwickelt.
Die Dividende ist sozusagen der Teil der Jahresernte, der jedes Jahr den Aktionären wie den Igeln vor die Füße fällt. Oder anders ausgedrückt: Mit der Dividende belohnen Unternehmen vor allem Langfristanleger, die Aktien nicht im Turboverfahren kaufen und wieder verkaufen, sondern die Papiere lange halten. Dafür machten sie in den vergangenen Jahren bereits enorme Summen locker und fürs vergangenen Jahr schütten sie bald sogar einen Rekordbetrag aus: Allein bei den 30 Dax-Unternehmen beträgt die Dividende 30 Mrd. Euro. Denn die Gewinne, die deutsche Unternehmen 2014 eingefahren haben, waren außergewöhnlich gut.
Rein rechnerisch bedeutet die Rekorddividendensumme, dass jeder der 8,4 Millionen Aktionäre hierzulande pro Kopf einen Zusatzertrag von 3571 Euro erhielte. Aber natürlich landet ein großer Teil davon nicht direkt bei den Privatanlegern, sondern bei institutionellen Aktienkäufern wie Fondsgesellschaften, Versicherungen und anderen Profiinvestoren, die ebenfalls Dividenden einstreichen.
Dividende mehren stetig das Vermögen
Viele Privatanleger profitieren oft schon enorm von Dividendenzahlungen, ohne das direkt zu merken. Jeder nämlich, der einen Aktienfonds besitzt, der solche Erträge thesauriert, also gleich wieder neue Papiere davon kauft. Nun denken manche vielleicht: Ach, die drei bis vier Prozent, machen die so viel aus? Das tun sie allerdings. Sie mehren zwar unauffällig aber sehr stetig das Vermögen – und durchaus enorm, wie Ökonomen in einer Langzeitbetrachtung errechnet haben: Wer innerhalb der vergangenen 101 Jahre am Aktienmarkt die Erträge aus Dividenden sofort wieder investierte, der besaß am Ende ein Vermögen, das 85mal so hoch war wie das Vermögen eines Anlegers, der sich die Dividenden auszahlen ließ und sie verjubelte. Grund dafür ist der Zinseszinseffekt.
Wie viel diese jährliche Gewinnbeteiligung auch schon auf kürzere Zeit ausmacht, ahnen viele ebenfalls nicht. Bei üblichen Aktienindizes wie dem Dax-Performanceindex werden die Dividendenzahlungen automatisch miteinbezogen, sie fallen also nicht weiter auf. Rechnet man sie allerdings heraus und ermittelt man nur die reinen Kursgewinne des Deutschen Aktienindex seit 1970, so stieg der in 45 Jahren rechnerisch nur um 2,5 Prozent pro Jahr aus eigener Kraft. Doch inklusive der Dividenden kommt er auf satte fünf Prozent jährlich. Die Hälfte des guten Ergebnisses hat der Dax also den Dividenden zu verdanken.
Und darauf könnten Anleger noch viel gezielter setzen, sagen Finanzberater. Zum Beispiel indem sie sich ein Aktienportfolio zusammenstellen, das speziell solche Papiere enthält, die eine gute Dividende zahlen. Schon seit Jahren. Es gibt natürlich immer wieder Firmen, die sich in einem Jahr mit einer hohen Dividende bei den Anlegern beliebt machen und sie so zum Kauf ihrer Papiere verleiten wollen. Oder Unternehmen wie die Telekom, die seit Jahren keine allzu üppigen Gewinne einfahren, aber dennoch hohe Ausschüttungen zahlen, weil sie sich ihre Anleger gewogen halten wollen.
Konzerne mit soliden Geschäftsmodellen
Um solche Papiere geht es aber nicht. Sondern um die verlässlichen Renditebringer, die von Finanzexperten „Dividendenaristokraten“ genannt werden. Das sind jene Firmen, die über längere Zeiträume nicht nur die Dividende arg gesteigert, sondern sie auch in vielen Jahren angehoben haben. Das alles heißt nämlich in den Augen von Analysten, dass sie über ein besonders solides Geschäftsmodell verfügen und auch über gesicherte Zahlungsströme. Sie werfen also stetig Gewinne ab. Zu solchen Unternehmen zählen zum Beispiel Henkel, Fresenius, Fielmann, SAP, Münchener Rück, Baywa, Linde und Henkel.
Im Grunde ist es doppelt schlau, solche Aktien zu kaufen. Denn, so haben Finanzmarktforscher ebenfalls herausgefunden, wer eine hohe Dividende zahlt, der entwickelt sich auch langfristig besser als die knauserige Konkurrenz. Auch vom Aktienkurs können Anleger also einiges erwarten. Entweder man wagt also den Kauf der Einzelaktien, braucht dann aber schon mindestens zehn verschiedene davon, um das Risiko zu streuen. Oder man kauft einen Indexfonds auf den DivDax, setzt also gleich im Paket auf die jeweils 15 besten Dividendenbringer unter den 30 deutschen Firmenschwergewichten. Wer diese 15 besten Dividendenzahler sind, wird jährlich ermittelt und nachjustiert.
Etwas wendiger als ein Igel aber sind solche Papiere natürlich schon, da sollten Anleger sich nichts vormachen: Die Kurse schwanken, bisweilen hopsen sie sogar so schnell wie ein Eichhörnchen in luftige Höhen auf und dann wieder herunter. Doch dafür sind die Erträge, die sie jährlich abwerfen ziemlich verlässlich, so lange man die Papiere einfach nur hält. Bei den meisten Aristokratenunternehmen sogar so berechenbar, dass man guten Gewissens auch mal längere Zeit die Augen zumachen und das Depot für eine Weile in den Winterschlaf schicken kann. Die nächste Dividendensaison kommt bestimmt.