Anzeige

Geldanlage Dividenden – der Schein-Zins

Dividenden sind nicht der neue Zins. Denn ihre Zahlung ist längst nicht so sicher, wie Anlageprofis behaupten. Von Julia Groth
Die Ausschüttungen sind in den letzten Jahren zwar gestiegen, aber es muss nicht so weitergehen
Die Ausschüttungen sind in den letzten Jahren zwar gestiegen, aber es muss nicht so weitergehen

Seit bonitätsstarke Aktien kaum noch Zinsen bringen, macht ein geflügeltes Wort die Runde: Dividenden seien der neue Zins. Die Argumentation dahinter: Anleger wollen planbare Erträge, die höher liegen als im Promillebereich. Die bekommen sie heute mit sicheren Anleihen nicht mehr. Ausschüttungsstarke Aktien seien da eine gute Alternative und deshalb das perfekte Investment für konservative Investoren. Immerhin liegt die Dividendenrendite im Aktienindex MSCI Europe aktuell bei durchschnittlich rund drei Prozent. Zehnjährige deutsche Staatsanleihen bringen gerade einmal 0,6 Prozent Rendite.

Diese Argumentation ist nicht falsch, aber auch nicht völlig richtig. Zum einen ist es nichts Neues, dass die Dividendenrenditen höher liegen als die Anleihenrenditen. In den vergangenen Dekaden gab es diese Situation sogar einigermaßen oft. Zum anderen vergleichen jene, die Parallelen zwischen Anleihen und Dividendenpapieren ziehen, Äpfel mit Birnen.

Sichere Anleihen bringen zwar nur noch mickrige Zinsen, diese aber wenigstens immer. Die Dividendenzahlungen von Unternehmen sind dagegen keine fixe Größe, auch wenn viele Anlageberater so tun. Ausschüttungen können schrumpfen oder sogar ausfallen. Ob dieser Fall eintritt, hängt davon ab, wie sich die Unternehmensgewinne entwickeln.

Dividenden sind keine sichere Bank

Europäische Unternehmen reichen seit Jahren einen immer größeren Teil ihrer Gewinne an die Aktionäre weiter. Die Dax-Konzerne schütteten allein im laufenden Jahr rund 30 Mrd. Euro aus. Möglich jedoch, dass sich dieser Trend nicht mehr lange fortsetzen wird. Der Grund: Die Unternehmensgewinne in Europa sind in den vergangenen Jahren längst nicht so stark gestiegen wie erwartet. Und es gebe kaum Anzeichen dafür, dass sie doch noch einen Sprung nach oben machen, sagt Caroline Pearce, Investmentexpertin beim Fondsanbieter Fidelity.

Auch andere Anlageprofis zeigen sich besorgt. Fehlende Produktivitätsfortschritte und niedrige Investitionen gefährdeten die Gewinne der Zukunft, sagt Wolfgang Juds, Geschäftsführer der Vermögensverwaltung Credo Vermögensmanagement in Nürnberg. Daneben nutzten zwar viele Unternehmen die niedrigen Zinsen, um mit geliehenem Geld Aktien zurückzukaufen. Die Unternehmensgewinne verteilten sich auf weniger Aktien als bisher, der Gewinn je Aktie steige an. „Auf lange Sicht werden die Unternehmen aber anfälliger als bisher“, ist Juds überzeugt. „Die Unternehmensgewinne dürften künftig deutlich stärker schwanken.“

Sollte es so kommen, wäre Dividenden mitnichten die sichere Bank, als die sie jetzt gern dargestellt werden. „Aktien sind eine Anlageklasse, Renten eine andere – beide haben unterschiedliche Chance-Risiko-Profile“, warnt Juds. Man kann darüber streiten, welches Risiko größer ist: Die Gefahr von Dividendenkürzungen oder fallenden Kursen, oder die Gefahr, wegen eines Investments in miserabel verzinste Anleihen Geld zu verlieren. Anleger sollten aber bewusst wählen, welches dieser Risiken sie eingehen möchten. Und sich nicht einreden lassen, Dividenden wären tatsächlich der neue Zins.

Statistik: Entwicklung der Dividendenzahlungen der DAX-Unternehmen in den Jahren 2003 bis 2015 (in Milliarden Euro)  | Statista

Mehr Statistiken finden Sie bei Statista

Neueste Artikel