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Vorreiter Europa 2025 wird ein entscheidendes Jahr für den digitalen Euro

Digitaler Euro: Noch findet das Online-Bargeld wenig Anklang
Digitaler Euro: Noch findet das Online-Bargeld wenig Anklang
© Bihlmayerfotografie / IMAGO
Es ist Halbzeit beim Projekt „Digitaler Euro“. Viele Bürger aber misstrauen dem Online-Bargeld noch. Verbraucherschützer mahnen: Die neue Währung muss von Anfang an überzeugen

Alles wird digital, auch das Bargeld. Doch zu welchem Preis? Die Einführung des digitalen Euro wird für 2028 angepeilt, gerade wurde die zweite Halbzeit der Vorbereitungsphase eingeläutet. In insgesamt zwei Jahren sollen das Regelwerk für den digitalen Euro fertiggestellt und Anbieter für die Infrastruktur ausgewählt werden. Nicht zuletzt soll getestet werden, wie nutzerfreundlich die neue Währung sein kann. Noch stehen Bürgerinnen und Bürger dem ambitionierten Projekt, das weltweit Vorreiter sein soll, aber ausgesprochen skeptisch gegenüber. 

„Die Umfrage zeigt uns, dass es noch viel Informationsbedarf gibt“, kommentierte Bundesbankpräsident Joachim Nagel im Juni 2024 die Ergebnisse einer Forsa-Erhebung im Auftrag der Bundesbank. Ihr zufolge hatten 59 Prozent der Menschen in Deutschland noch nie etwas vom digitalen Euro gehört. Im restlichen Teil der Bevölkerung kursierten etliche falsche Fakten über die neue Währung, bis hin zu bedrohlichen Fehlinformationen. 

So waren der Bundesbank zufolge 15 Prozent der Befragten, die schon mal vom digitalen Euro gehört hatten, der Ansicht, dass er das Bargeld ersetzen soll. „Wir werden Bargeld nicht abschaffen“, sah sich die Bundesbank genötigt zu betonen. 16 Prozent der Umfrageteilnehmer glaubten außerdem, dass es sich beim digitalen Euro um eine neue Kryptowährung handelt. Und immerhin acht Prozent unterstellten der Europäischen Zentralbank (EZB), damit die Zahlungsströme der Bürger überwachen zu wollen. Diese Antworten wurden selbstständig formuliert, waren also nicht als Möglichkeiten vorgegeben. 

Digitaler Euro: Bürger misstrauen ihm noch

Für Verbraucherschützer ist der schlechte Informationsstand der Bevölkerung noch nicht automatisch ein Alarmsignal. Zwar sei es politisch wichtig um die Zustimmung der Bürger zu werben, sagt Claudio Zeitz-Brandmeyer vom Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV). Für die Frage, wie gerne Verbraucher den digitalen Euro tatsächlich im Alltag nutzen werden, sei es aber noch zu früh. „Dafür wird die konkrete Ausgestaltung entscheidend sein: Wie erleben die Verbraucher es, mit dem digitalen Euro zu bezahlen? Wie einfach macht es ihnen ihre Bank? Wird er tatsächlich flächendeckend akzeptiert?“, erklärt er. 

Der Verbraucherschützer hält der Bundesbank zugute, die Bevölkerung durchaus schon über die neue Währung informiert zu haben. Allerdings bleiben für Laien auch nach der Lektüre des Infomaterials viele praktische Fragen offen. Klar ist: Die neue Währung soll die digitale Form von Bargeld sein. Mit ihm ließen sich digitale Zahlungen überall im Euroraum begleichen und das kostenlos sowie mit einem Höchstmaß an Schutz der Privatsphäre, verspricht die EZB

„Die Zentralbanken des Eurosystems haben keinerlei Interesse an den Daten der Nutzerinnen und Nutzer“, sagte Bundesbankpräsident Joachim Nagel im Sommer. „Mit dem digitalen Euro wäre die Privatsphäre deutlich besser geschützt als bei den heutigen kommerziellen Zahlungslösungen.“ Der große Vorteil für Bargeldfreunde soll sein, dass der digitale Euro sogar offline verfügbar ist. Wer kein Smartphone nutzen wolle, könne das Geld am Bankautomaten auf eine Zahlungskarte laden und dann damit im Bus oder Supermarkt bezahlen, erklärt Zeitz-Brandmeyer. 

Diese Offline-Zahlungen sollen laut dem Finanzexperten anonym bleiben. Die Bank erfahre lediglich, dass eine Summe übertragen wurde, aber nicht mehr, was damit später passiere, sagt Zeitz-Brandmeyer. Der Empfänger einer Zahlung erhalte ebenfalls keine weiteren Informationen über den Zahler. 

Auch online soll der Schutz der Privatsphäre der große Vorteil der neuen Währung sein. Immer öfter sind in Online-Shops keine Überweisungen mehr möglich. Wer seine Daten nicht PayPal & Co. anvertrauen möchte, bleibt da außen vor. Außerdem könnte der digitale Euro das einzige Zahlungsmittel sein, das online universell verfügbar ist. Denn er hätte im Wettstreit der Digitaldienste den Vorteil, dass es sich um ein gesetzliches Zahlungsmittel handelt, wie Zeitz-Brandmeyer unterstreicht.

Bezahlen wie mit Bargeld, auch online

Dadurch wäre die neue Währung, so die Hoffnung, von Anfang an sowohl bei Händlern als auch bei Verbrauchern akzeptiert und könnte gleich großflächig ausgerollt werden, was die Akzeptanz weiter steigern soll. Der digitale Euro wäre damit ein universelles Zahlungsmittel, vom Kiosk an der Ecke bis zur E-Auto-Ladesäule im Euro-Ausland. Zusätzlich entfielen die Gebühren für die marktbeherrschenden außereuropäischen Anbieter, die letztlich über höhere Preise von den Verbrauchern bezahlt werden müssen, sagt Zeitz-Brandmeyer. 

Aber wie soll das praktisch genau funktionieren? Der digitale Euro liegt nicht einfach auf dem normalen Girokonto, wie Zeitz-Brandmeyer erklärt. Stattdessen wäre eine separate Wallet nötig, entweder bei der Hausbank oder einem anderen Zahlungsdienstleister. Bei der Zahlung mit digitalem Euro könne aber auch Guthaben vom Girokonto genutzt werden, erklärt der Finanzexperte. 

Was für viele Verbraucher (zu sehr) nach Kryptowährung klingen dürfte, muss laut dem Verbraucherschützer gar nicht bis in jedes Detail verstanden werden. „Für die meisten kommt es ja nicht darauf an, warum der Motor läuft und welche Technik für welche Zwecke zum Einsatz kommt – entscheidend ist, dass der Wagen fährt und einen zum Ziel bringt“, sagt er und räumt ein: Viele Vorteile der neuen Währung sind noch eher abstrakt. 

Umso wichtiger sei es, dass der digitale Euro von Anfang an zuverlässig funktioniere. „Der digitale Euro sollte sich das Vertrauen der Verbraucher verdienen“, fordert der Experte auch mit Blick auf die beteiligten Dienstleister. Derzeit gilt 2028 als mögliches Einführungsjahr. Damit sei Europa weltweit Vorreiter, sagt Zeitz-Brandmeyer. Politisch blieben aber noch einige Fragen offen. „Insofern dürfte 2025 ein entscheidendes Jahr für den digitalen Euro werden.“ 

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