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Daniel Saurenz Der Börsenrekord aus der Ära Nixon wackelt

Nach Richard Nixons Wiederwahl 1972 erreichte der Dow Jones den höchsten Tagesgewinn seiner Geschichte
Nach Richard Nixons Wiederwahl 1972 erreichte der Dow Jones den höchsten Tagesgewinn seiner Geschichte
Die wenigsten Anleger können sich noch an die Zeit der 1970er-Jahre an der Börse erinnern. So weit muss man zurückblicken, um ein Phänomen zu verstehen, dass sich gerade manifestiert

Wenn sich nur zehn Prozent der Aktien im S&P 500 in den vergangenen 60 Tagen besser entwickelt haben als der Index, sollten Anleger hellhörig werden. Die Rally bei den Lieblingen der Anleger nimmt langsam absurde Züge an. Denn ob Tesla, Nvidia, Apple, Microsoft – die Liste der Favoriten sieht bei Brokern fast durchweg gleich aus. Deutsche Titel sucht man nahezu vergeblich, nur bei außergewöhnlichen Kursbewegungen wie zuletzt bei der Deutschen Telekom oder Uniper erscheinen auch heimische Werte kurzzeitig weit oben. Am Beispiel Uniper zeigt sich, dass es in diesen Fällen primär um den schnellen Zock geht. Anders sieht es am US-Markt aus.

Zweifelsohne lieferten die amerikanischen Techriesen starke Zahlen ab und bieten fast durchweg das, was das Herz der Investoren höherschlagen lässt: Überdurchschnittliche Wachstumsraten, hohe Gewinne und gesunde Bilanzen. „Zudem sind die Werte hochliquide“, sagt Dennis Austinat, Deutschland-Chef von Trive. Sie würden teilweise auch als Cash-Alternative gesehen, so Austinat.

Wenn wie zuletzt die monatlichen Kapitalzuflüsse in Tech so hoch ausfallen wie nur selten zuvor in den vergangenen Jahrzehnten, sollte die Entwicklung genau beobachtet werden. Inzwischen sind die fünf größten Unternehmen des S&P 500 für gut 80 Prozent des Anstiegs seit Jahresbeginn verantwortlich. Fünf Aktien bestimmen somit die Richtung beim amerikanischen Leitindex, die 495 anderen Werte spielen derzeit nur eine untergeordnete Rolle.

Ein Blick zurück

Inzwischen wackelt ein Rekord, der seit 50 Jahren an der Wall Street besteht: Die fünf größten Titel kommen derzeit auf ein Gewicht im S&P 500 von knapp 25 Prozent. In den frühen 1970er-Jahren dominierte eine Gruppe von immerhin 50 Wachstumswerten die US-Märkte. „Bei diesen Nifty-Fifty-Aktien waren Analysten durchweg der Meinung, dass die Kurse nur weiter steigen könnten. Als der Bullenmarkt Ende 1972 sein Hoch erreichte, bezahlten Anleger für die Lieblinge im Durchschnitt ein KGV von mehr als 40, während der breite Aktienmarkt für unter 20 zu haben war“, erklärt Jürgen Molnar vom Broker Robomarkets. Preis und Wert einer Sache passten nicht mehr zusammen und ab 1973 ging es abwärts.

Wer die Rally verpasst hat, sollte daher Ruhe bewahren und auf Rücksetzer warten. Je weiter die Kurse nun auf der Oberseite übertreiben, desto stärker dürften die Rücksetzer ausfallen. Das alte Gesetz des Marktes gilt auch für die US-Technologieriesen. Dazu passen noch drei weitere Fakten:

Der beliebte Fear&Greed Indikator, berechnet von CNN, weist erstmals wieder extreme Gier aus und einen Wert von 82. Der Indikator funktioniert zwar nicht punktgenau, aber in der Regel folgt in den kommenden Wochen eine Korrektur an den Märkten.

Der S&P befindet sich wieder im Bullenmarkt, folgt man der gängigen Definition von 20 Prozent Kursanstieg vom Top. Was gut klingt, wird statistisch kurzfristig oft von fallenden Kursen begleitet. Die „neuen“ Bullenmärkte wiesen im Durchschnitt auf einen Monat eine Rendite von Minus 0,5 Prozent aus. Zwölf Monate später waren sie im Schnitt 18 Prozent höher.

Die Stimmung an den Märkten hat gedreht. Während viele Indikatoren im Frühjahr noch pessimistisch waren, haben nun auch die Fondsmanager ihre Investition gedreht.

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