Dax-Anleger haben zum Wochenstart an die jüngste Rally angeknüpft und den deutschen Leitindex auf ein frisches Rekordhoch getrieben. Der Dax machte anfängliche Verluste wieder wett und kletterte in der Spitze um 0,9 Prozent auf ein Allzeithoch von 19.811,92 Punkten. Damit nahm er erneut Kurs auf die 20.000er-Marke. „Mit dem starken Wochenschluss im Deutschen Aktienindex ist in Frankfurt der Startschuss für eine Jahresendrally gefallen“, sagte Jochen Stanzl, Analyst beim Broker CMC Markets.
Naheliegend sind zwei Gründe für den Rückenwind: Der eine sorgt beinahe jedes Jahr für eine kleinere Jahresendrallye: das Weihnachtsgeld. Viele Deutsche haben in diesen Tagen ein 13. Gehalt auf dem Konto vorgefunden und einen Teil davon in den Aktienmarkt gesteckt. Zu einem gewissen Prozentsatz antizipiert der Markt dies zwar, doch wenn die absoluten Summen die Erwartungen übersteigen, zieht das auch die Kurse nach oben.
Daneben gibt es vermutlich Umschichtungen aus Frankreich nach Deutschland, kommentierte ein Händler in Frankfurt. Der französische Rechnungshof sieht das Land angesichts des Haushaltsstreits in einer schwierigen finanziellen und wirtschaftlichen Lage. Ministerpräsident Michel Barnier droht der Sturz durch ein Misstrauensvotum im Parlament. Angesichts des Haushaltsstreits straften Investoren französische Aktien und Anleihen ab. Anteilsscheine von Banken und Versicherungen gaben nach und zogen den französischen Leitindex CAC 40 zeitweise um bis zu 1,2 Prozent nach unten. Im Handelsverlauf machte der Index aber einen Teil der Verluste wieder wett. Auch der EuroStoxx50 glich anfängliche Verluste weitgehend aus und zeigte sich stabil bei 4804 Punkten.
Euro unter Druck
Die wachsenden Sorgen über einen möglichen Zusammenbruch der französischen Regierung setzten unterdessen den Euro gegenüber einem stärker werdenden Dollar unter Druck. Die Gemeinschaftswährung gab um bis zu 0,7 Prozent auf 1,0497 Dollar nach. Zwar gingen die meisten Analysten nicht davon aus, dass die rechtsnationale Partei Rassemblement National (RN) um ihre Spitzenpolitikerin Marine Le Pen die Regierung stürzen wolle. „Dennoch sieht es so aus, als ob der Druck auf den Euro angesichts eines möglichen Misstrauensvotums am Mittwoch bestehen bleiben könnte“, sagte Chris Turner, Devisenstratege bei der Bank ING.
Die politische Unsicherheit ließ die Kreditkosten Frankreichs erstmals über die von Griechenland steigen, das 2012 im Zentrum der europäischen Staatsschuldenkrise stand. Dem Datenanbieter LSEG zufolge lag die Rendite französischer Staatsanleihen mit zehnjähriger Laufzeit zwischenzeitlich bei 2,968 Prozent, die für griechische Papiere bei 2,908 Prozent.
Die Risikoprämie, die Investoren für französische Schuldtitel anstelle deutscher Benchmark-Anleihen verlangen, zog ebenfalls weiter an. Die Renditespanne zwischen französischen und deutschen Staatsanleihen mit zehnjähriger Laufzeit stieg um fünf auf 85 Basispunkte.
Volkswagen im Fokus
Bei den Einzelwerten stand der Volkswagen-Konzern im Fokus, der mit einem Kursminus von bis zu 1,9 Prozent zeitweise der größte Dax-Verlierer war. „VW bewegt sich in einer bedrohlichen Lage, und da ist es kontraproduktiv, wenn nun die Produktion auch noch von Streiks belastet wird“, kommentierte ein Händler. Im Ringen um sichere und gut bezahlte Arbeitsplätze bei Volkswagen verstärkten die Beschäftigten mit Warnstreiks in allen deutschen Werken den Druck auf das Management.
Hohe Kursausschläge gab es im Nebenwerte-Index MDax. Lanxess-Aktien schossen nach dem Einstieg des US-Hedgefonds-Managers David Einhorn bei dem Spezialchemiekonzern in der Spitze um knapp elf Prozent nach oben. Einhorn hält direkt 3,06 Prozent an Lanxess, erklärte das Kölner Unternehmen am Montag in einer Stimmrechtsmitteilung. Dazu kommen Derivate, die ihm Zugriff auf weitere zwei Prozent sichern könnten.
Die Aktien des Essenslieferdiensts Delivery Hero brachen dagegen um mehr als zehn Prozent ein. Auf Druck der Behörden muss die Tochter Glovo ihre Lieferfahrer in Spanien künftig fest anstellen. Die Änderung der Beschäftigungsverhältnisse werde das Betriebsergebnis voraussichtlich mit 100 Mio. Euro belasten, teilte der Konzern mit. Glovo ist nach eigenen Angaben in 23 Ländern aktiv und beschäftigt insgesamt 61.000 Kuriere, die Lebensmittel meist per Fahrrad ausliefern. Bislang arbeiten sie wie in der Branche üblich auf freiberuflicher Basis.