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Kolumne Charakterköpfe in der Fondsbranche

Der Fondsbranche geht es blendend. Weil viele Manager und Gesellschaften auch perfekte Verkäufer ihrer selbst sind.

Was machen eigentlich Fondsmanager und Vermögensverwalter den ganzen Tag? Über Bilanzen brüten , Firmenchefs befragen, die Investitionsquoten und Einzelwerte diskutieren? Das ist eine Aufgabe, ja. Es gibt aber noch eine andere, die in der Regel um so wichtiger wird, je größer und erfolgreicher ein Fonds wird: Aktuelle und potenzielle Investoren davon zu überzeugen, dass es stets eine gute Idee ist, das Geld im eigenen Fonds anzulegen. Denn Fondsmanager sind immer auch Verkäufer ihrer selbst.

Daher ist es auch kein Zufall, dass die mit Blick auf die Absatzzahlen erfolgreichsten deutschen Fondsmanager entweder eloquent, charismatisch, schlagfertig, bühnentauglich oder alles zugleich sind, ja bisweilen den Eindruck erwecken, sie könnten auch über’s Wasser laufen. Das müssen viele auch, denn Investmentfonds sind ein knallharter Vertriebsmarkt. „Investmentfonds werden verkauft, nicht gekauft“, heißt dazu in geflügeltes Wort im angelsächsischen Sprachraum, und es stimmt.

Christian Kirchner ist Frankfurt-Korrespondent von Capital
Christian Kirchner ist Frankfurt-Korrespondent von Capital

Die nackten Zahlen? Sind häufig sekundär. Denn wie sonst ist es zu erklären, dass vier Fünftel der Fondsmanager für die erhobenen Gebühren nicht einmal den Index schlagen, aber Indexinvestments dennoch ein Schattendasein fristen? Vielen Managern gelingt es offenbar, bei ihren Investoren mit bunten Powerpointfolien und dem permanenten Gerede, wo noch überall Chancen und Unterbewertungen locken, die richtigen Knöpfe zu drücken.

Und wie sonst ist es zu erklären, dass die von der Regulierung und höheren Kosten angeblich so ganz fürcherlich gebeutelte Branche der Asset Manager im vergangenen Jahr laut einer Studie der Boston Consulting Group Rekordsummen verwaltete und sagenhafte 39 Prozent operative Marge erwirtschaftet hat weltweit – ein Niveau, das nur unmittelbar vor der Finanzkrise zuletzt erreicht wurde? Und wie sonst, wenn nicht mit der Bedeutungslosigkeit harter Zahlen, dass manche Fonds hervorragende Ergebnisse liefern, aber kaum Mittel verwalten?

Leistung ist stets objektiv messbar

Es gibt allerdings auch Ausnahmen. Fondsmanager, deren Leistungen über viele Jahre hinweg überdurchschnittlich sind. Und die den Zauber der permanenten Selbstvermarktung, der 24seitigen Präsentationen und der alles erschlagenden Komplexität nicht mitmachen, sondern der Meinung sind: Wenn jemand gute Arbeit leistet, wird er dafür sowieso belohnt werden. Denn das schöne an der Branche ist ja: Leistung ist stets objektiv messbar.

Entsprechend lassen sie Gespräche mit Investoren oder Journalisten nicht zum Bullshit-Bingo verkommen, sondern setzen sich hin. Hören zu. Plaudern anekdotenhaft, lehrreich und unterhaltsam. Und vor allem: Nehmen sich selbst und die eigene Branche nicht so fürchterlich wichtig, haben sich nie kirre machen lassen vom Erfolg, wenn das Geld nur so hineinschießt in die eigenen Fonds und sich vervielfacht.

Es wäre gut, wenn es mehr solcher Typen gäbe. Doch solche Fondsmanager werden immer seltener am Finanzplatz Frankfurt, und am vergangenen Montag ist einer von Ihnen gestorben: Karl Fickel, Gründer und Partner der Fondsgesellschaft Lupus Alpha, einer der erfolgreichsten deutschen Nebenwerte-Fondsmanager der letzten zwei Jahrzehnte. Mit 54 Jahren, nicht völlig unerwartet, aber natürlich viel zu früh.

mit Zahlen überzeugen

Noch vor wenigen Monaten hatte ich einen Berührungspunkt mit ihm. Ein guter Freund von mir plante die Selbständigkeit als Vermögensverwalter. Als nicht mehr ganz junger Quereinsteiger hagelte es inhaltslose Absagen, die meisten Institute antworteten gar nicht. Mein Rat war: Schreibe doch mal an Karl Fickel.

Also schrieb er ihm eine E-Mail. Fickel antwortete sofort, er sei leider in der Schweiz auf Reisen. Aber er werde sich alsbald melden. Was er auch tat. Leider hatte er keine Beschäftigung für meinen Bekannten. Aber er – Multimillionär seit langem - nahm sich die Zeit, ihm, den ihm völlig unbekannten Quereinsteiger, zuzuhören, Feedback zu geben und weitere Tipps, ermutigte ihn zu weiteren Schritten.

Es ist nur eine kleine Anekdote, die erahnen lässt, was für ein Mensch hinter dem Fondsmanager, Chef und Unternehmer Fickel steckte jenseits der guten Zahlen – und nun nicht nur in seiner Familie, sondern auch in der Investmentbranche Deutschlands eine Lücke reißt. „Wissen’s, in unserem Metier glauben’s halt fix, dass Sie über’s Wasser laufen können“, erklärte er mir in seinem breiten bayerischen Dialekt einst.

Sein Geld nicht bei jenen anzulegen, die über das Wasser laufen wollen, sondern die mit Zahlen überzeugen, ist ein vermutlich eher biederer, aber letztlich wichtiger Ratschlag in Sachen Geldanlage.

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