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Geldanlage Bankaktien: Gut und günstig?

Blick auf das Frankfurter Bankenviertel
Blick auf das Frankfurter Bankenviertel
© Getty Images
Der Dax setzt zum Höhenflug an, getrieben vom Aufschwung der Bankaktien. Die sind zwar gefragt wie selten, aber Anleger sollten vorsichtig sein

Das Gehirn spielt uns so manchen Streich, wissen Verhaltenspsychologen. Einer davon lautet: Wenn etwas besonders günstig zu haben ist und möglichst auch noch „Sonderpreis“ drauf steht, dann greifen wir fast ferngesteuert zu. Denn Schnäppchen lässt sich keiner gern entgehen, zu gut ist einfach das Gefühl, damit etwas Wertvolles unter seinem Wert erstanden zu haben. Wenn also etwas, was vor Kurzem noch 240 Euro gekostet hat, plötzlich für 120 Euro zu haben ist, dann ist das für uns ein klares Kaufsignal. Ein bisschen spielt auch der Jagdinstinkt mit: Wir sind besonders clever, wenn wir es uns zu dem Preis schnappen denken wir. Oder auch bloß zur rechten Zeit am rechten Ort, aber egal: Auf jeden Fall haben wir das Ding vor allen anderen erbeutet. So ähnlich lautet momentan auch die Argumentationskette vieler Anleger, die bei Bankaktien zulangen.

Die nämlich waren in der vergangenen Börsenwoche sehr gefragt. Sogar so gefragt, dass sie den gesamten deutschen Börsenindex Dax gehörig in die Höhe katapultierten und auch der Eurostoxx einen Satz nach oben machte. Und das, obwohl die Bankenbranche selbst keine neuen, positiven Nachrichten zu vermelden hatte. Und obwohl das negativ ausgefallene Referendum in Italien nun auch nicht gerade dazu beigetragen hat, für allgemein mehr Sicherheit unter den Anlegern zu sorgen. Im Grunde sind viele Finanzmarktakteure so ratlos wie selten, müsste man sogar sagen. Aber die Aktien steigen und steigen. Der Dax knackte sogar die 11.000-Punkte-Marke und steht damit wieder so hoch wie seit Sommer 2015 nicht mehr.

Risikofaktor Italien

Warum also gehen gerade die Bankpapiere so gut weg? Und sollte man als Anleger zu den derzeitigen Schleuderpreisen nun zugreifen? Denn Commerzbank und Deutsche Bank legten zwar auf Wochensicht 10 oder gar 15 Prozent zu. Doch schließlich notiert die Deutsche-Bank-Aktie noch immer in der Nähe ihres Zehnjahrestiefs unter 20 Euro. Im Jahr 2007 musste man noch mehr als 100 Euro für sie hinlegen. Für die Commerzbank sieht die gleiche Rechnung noch viel eindrücklicher aus: Sie ist derzeit für sieben Euro zu haben und kostete 2007 noch satte 220 Euro. Also, jetzt zugreifen? Das wäre der natürliche Börsianerreflex, den unser Hirn an dieser Stelle ausgibt. Und viele Anleger folgen ihm anscheinend.

Das muss aber bei weitem keine gute Idee sein, warnen etliche Marktbeobachter. Denn es lässt sich zwar ganz gut erklären, warum gerade jetzt viele Anleger auf die Bankaktien hoffen. Das heißt allerdings nicht, dass die großen Hoffnungen sich auch wirklich bewahrheiten. Zuerst einmal spielt tatsächlich das Italien-Referendum mit hinein: Mit der Regierungskrise, in die das Land damit gerät, steigt nun nach Ansicht einiger Beobachter die Chance, dass die Regierung tatsächlich Finanzhilfe aus dem europäischen Rettungsfonds ESM für seinen Banken in Anspruch nehmen könnte. Die bisherige Regierung hatte das zwar bis zuletzt dementiert. Aber Italiens Banken sitzen auf großen Mengen fauler Kredite, die insgesamt eine externe Hilfe von 15 Milliarden Euro nötig machen würden, schätzen Analysten. Wird der ESM die nun gewähren und damit selbst der wankenden Banca Monte dei Paschi in Siena den Weg in die Zukunft ebnen, in die womöglich sogar der italienische Staat einsteigt? Davon gehen wohl viele Börsianer aus, zumindest jene, die vergangene Woche die Papiere der Monte dei Paschi kauften und um knapp acht Prozent verteuerten. Aber auch andere italienische Institute wie Unicredit und Intesa San Paolo legten mächtig zu.

Neue Zeiten bei der Fed

Dann ist da noch die vage Aussicht auf Donald Trumps Zinswende, sobald er als amerikanischer Präsident die Wirtschaft der Vereinigten Staaten ankurbelt. Zudem könnte er einige Regulierungen abschaffen, die US-Banken künftig einen Wettbewerbsvorteil am Markt verschaffen würden. Das hebt die Aussichten für amerikanische Institute. Die Investmentbank Goldman Sachs würde auch ein Profiteur davon sein. Europäische Banken dagegen gerieten zwar ins Hintertreffen, doch denen hilft vermutlich weiter die EZB: Sie wird ihre Anleihenkäufe so schnell nicht einstellen und weiter Geld in den Markt pumpen. Das wird die Aktien hierzulande auch noch eine Weile weiter beflügeln.

Aber ist das alles nun ein Grund, Bankaktien zu kaufen? Das kann man so oder so sehen, sagen die Analysten. Einige stellen fest, die negative Stimmung der Anleger gegenüber den Kreditinstituten habe sich nun wieder relativiert, das bedeute: Es gehe bald wieder mit den Kursen aufwärts. Andere verweisen darauf, dass die Papiere gemessen am Buchwert ohnehin massiv unterbewertet seien. Das sei ein klares Kaufsignal. Die Skeptiker allerdings antworten: Unterbewertet seien Bankaktien zu Recht. Denn die Geschäfte laufen schlecht, das beklagen die Institute angesichts der Niedrigzinsphase ebenso wie laut wie ständig. Insbesondere die Universalbanken müssen zugeben, dass ihre Geschäftsmodelle nicht mehr wirklich tragen. Weder in Niedrigzinszeiten, aber wohl ebenso wenig, wenn die Zinsen wieder steigen.

Längerfristige Risiken

Fakt ist: In keiner anderen Branche schwankt der Stimmungsindex der Börse so arg wie bei den Finanzhäusern. Schnelle und tiefe Rücksetzer hat es zuletzt mehrere gegeben. Danach seien die Kurse aber auch rasch wieder angestiegen, sagen nun die Bankaktienfans. Das stimmt jedoch nur zum Teil, muss man sagen: Betrachtet man den Eurostoxx der Bankwerte, so hat es zwar rasante Aufholjagden von 90 auf 240 Punkte gegeben (von 2009 auf 2010) und von 80 auf 160 (von 2012 auf 2015). Aber vor den Aufholjagden standen ersten side großen Abstürze und unterm Strich betrachtet ändern die Aufholjagden nichts daran, dass der Bankenindex noch 2008 bei 490 Punkten stand und heute nicht einmal mehr bei 120. Er hat also Dreiviertel seines Wertes verloren. Und noch nicht wieder aufgeholt. Anders der Eurostoxx insgesamt: Der ist zwar relativ gleichmäßig mit den Banken auf und ab geschwankt, hat sich dabei aber wieder stark nach oben gearbeitet und immerhin wieder auf 70 Prozent seines Wertes von 2008 zurückgearbeitet. Er hat also weitaus deftiger zugelegt als die Bankbranche.

Registriert man all diese Warnungen, darf man sich schon fragen, ob es wirklich eine gute Idee ist, ausgerechnet jetzt Bankpapiere zu kaufen. Wer kurzfristig spekulieren möchte und den Nervenkitzel sucht, der kann es ja gerne mit dem Einstieg versuchen. Vor allem für Langfristanleger dürften die Papiere aber ein erhebliches Risiko bergen. Denn dass sie in nächster Zukunft – nach fast zehnjähriger Flaute – wieder ihre alten Höhen erreichen und bald wieder zu dem Wert gehandelt werden, den sie für Börsianer einmal besaßen, das bezweifeln zumindest etliche Analysten und Ratingagenturen. Anleger, die es dennoch wagen wollen und nun eine Deutsche Bank für 20 oder die Commerzbank für sieben Euro kaufen, haben zumindest einen schwachen Trost: Sollte sich das Sonderangebot später als Fehlkauf herausstellen, besitzen wir noch eine andere ureigene Angewohnheit. Der Mensch redet sich nämlich gerne Dinge schön. Irgendwie findet er immer eine Rechtfertigung dafür, warum dieses Sonderangebot unbedingt besitzen musste, obwohl er es eigentlich gar nicht bräuchte.

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