Am 27. Februar steigt die Commerzank wieder in den Dax auf. Anlegerinnen und Anleger sollten sich den Aktienkauf dennoch gut überlegen
Am 27. Februar wird es voll auf dem Frankfurter Börsenparkett: An diesem Montag kehrt die Commerzbank nach mehr als vierjähriger Pause zurück in den Dax. 1988 war sie Gründungsmitglied des deutschen Aktienindex, 2018 musste sie ausgerechnet für das Skandal-Unternehmen Wirecard weichen.
Für Anleger dürfte nun der Blick nach vorne spannend sein: Lohnt es sicht, jetzt Aktien der Commerzbank zu kaufen? Sind deutsche Banken generell wieder ertragsstärker geworden, auch weil sie von den Zinserhöhungen stark profitieren?
Vor knapp einem Jahr war diese Frage leichter mit einem Ja zu beantworten, denn da standen die Zeichen besonders gut für Bank-Aktien. Damals drehten sich bereits die Vorzeichen am Markt. Boom und Wirtschaftszyklus näherten sich ihrem Höhepunkt, Zinserhöhungen waren absehbar. Und es zeichnete sich deutlich ab, dass diese beiden Faktoren zumindest für eine Korrektur am Markt sorgen würden. In solchen Abschwungsszenarien und Konjunkturdellen sind klassischerweise Branchen gefragt wie Konsumgüterhersteller aber auch die Finanzwerte – also Banken und Versicherungen, die dann im Vergleich der Branchen vorneweg laufen.
Wer damals vorausschauend sein Depot strukturierte und stärker auf defensive und sicherheitsbewusstere Aktien setzte, der wird den Wechsel von Growth zu Value und rein in die Finanzwerte auch vollzogen haben. Auch in der Hoffnung, die Bankwerte würden wegen der Zinsanstiege wieder jene Höhen erreichen, die sie vor der Weltfinanzkrise 2007 erklommen hatten. Damals, als es noch Zinsen gab, standen die Kurse der Bank-Aktien viel höher als heute.
Commerzbank-Aktie: Luft wird dünner
Schon zu Beginn des Jahres 2022 kam es aber darauf an, die richtigen Bank-Titel auszuwählen. Denn es war klar, dass nicht alle Banken gleichermaßen stabil durch die Phase der Zinsturbulenzen und einen drohenden Wirtschaftsabschwung segeln würden. Stockpicking war also besonders in der Bankenbranche das Gebot der Stunde.
Dass Bank-Titel nicht per se gut laufen, zeigt sich auch beim Blick auf die Gesamtindizes der Branche: Der Stoxx Europe 600 Banks legte auf Jahressicht gerade einmal einen Prozentpunkt Performance hin. Damit hielten sich die Banken immerhin noch besser als der Dax, der im selben Zeitraum drei Prozentpunkte verlor. Der MSCI US Banks schnitt mit minus zehn Prozent noch schlechter ab.
Seit Mitte 2022 aber sind die europäischen Banken tatsächlich im Aufwind: Auf Sechsmonatssicht legte der Stoxx Europe Banks um beachtliche 22 Prozent zu. Der amerikanische Bankenindex legte dagegen nur 1,7 Prozent zu.
Der Kurs der Commerzbank gewann in den vergangenen sechs Monaten 56 Prozent, die Deutsche Bank legte 46 Prozent zu. Die Frage ist nur: Ist der große Aufschwung schon wieder vorbei oder geht er weiter?
Interessant ist hier der Jahresrückblick auf die Einzelwerte: Die Commerzbank gehört mit plus 24,6 Prozent auch auf Jahressicht zu den großen Top-Performern der Branche, weswegen bei ihr die Luft allmählich dünner werden dürfte. Das denken derzeit auch viele Analysten und sagen: Wer die Aktie hat, soll sie halten. Zum Kauf raten rund die Hälfte der Experten. Das Kursziel liegt aktuell bei 11,78 Euro, derzeit notiert die Commerzbank bei 11 Euro je Schein. Die Analystinnen sehen ein Gewinnpotential von 7 Prozent.
Dagegen sackte die Deutsche Bank auf Jahressicht rund 13 Prozent ab. Gemessen an dem erfolgreichen Restrukturierungsprogramm, das Konzernchef Christian Sewing dieser Woche verkündete, könnte man vermuten, dass sie damit ihr volles Potenzial noch nicht erreicht hat. Das sagen derzeit zumindest die meisten Analysten. Sie sprechen für die Aktie mehrheitlich eine Kaufempfehlung aus und setzen das Kursziel auf rund 14 Euro. Aktuell notiert die Deutsche Bank bei 11,74 Euro. Hier ist also noch ein Anstieg denkbar.
Auch die ING hat sich noch nicht wieder auf ihr Niveau vor Beginn des Ukrainekriegs gekämpft, trotz Zinserhöhung. Das könnte man als Kaufgelegenheit sehen. Die meisten Analysten gehen nämlich derzeit davon aus, dass die Aktie zurück zu alter Stärke finden wird: Sie schätzen, dass sie über die Marke von 15 Euro springen könnte, gerade sind es 13,20 Euro.
Die Société Générale und die Crédit Agricole bleiben rund 15 bzw. 10 Prozent hinter ihren Kursständen von Februar 2022 zurück. Die meisten Analysten gehen allerdings derzeit davon aus, dass die Société-Générale-Aktie zulegen wird und über 30 Euro klettern könnte. Gerade notiert sie bei 27,83 Euro. Für Crédit Agricole sehen die Experten hingegen nur wenig Potential: Kursziel 12,11 Euro bei einem aktuellen Preis von 11,65 Euro.
Vorsicht geboten
Generell ist bei den Banken noch Vorsicht geboten – und eine gute Auswahl notwendig. Denn zurzeit stecken die Geldhäuser in einem Dilemma: Aktuell geht die Nachfrage nach Krediten wegen der drohenden Rezession deutlich zurück. Gerade an den Krediten verdienen Banken klassischerweise gut. Bricht die Nachfrage weiterhin weg, ist ein wichtiger Ertragsbestandteil dahin und die Bilanzen dürften weniger rosig aussehen.
Eine weitere Gefahr liegt darin, dass es vermehrt zu Kreditausfällen kommen könnte – ebenfalls wegen der möglichen Rezession. Denn trüben sich die Wirtschaftsaussichten ein, wächst die Gefahr, dass Unternehmen und Baufinanzierer ihre Schulden nicht mehr bedienen können. Aktuell liegt die Kreditausfallquote bei den größeren Banken bei rund 1,25 Prozent. Üblicherweise ist ungefähr das Dreifache normal. Das bedeutet also, dass die Ausfallraten vermutlich noch deutlich steigen dürften. Genau dafür erhöhen viele Banken derzeit auch ihre Risikovorsorge. Das kostet aber Geld und drückt auf die Bilanzen. Zumindest für die Kurse ist das nicht gut.
Dazu kommt: Die Banken werden nicht ewig die hohen Margen bei den Zinseinnahmen halten können. Besonders die Zinsen für die Einlagen müssen steigen. Sonst laufen die Kunden mit ihren Spareinlagen zu anderen Banken über.
Die Hypothekenzinsen dagegen können die Banken kaum weiter anheben. Bereits jetzt ist vielen Immobilienkäufern das 3,5-Prozent-Niveau zu hoch. Wer als Bank also weiter mit der Baufinanzierung kräftig Geld verdienen möchte, der muss das Zinsniveau bezahlbar halten. Das drückt natürlich auf die Margen. Zumal die Kreditinstitute wohl auch länger auf vielen Niedrigzins-Altkrediten sitzen werden. Rosig sind die Aussichten für die Banken also nicht – trotz steigender Zinsen und aktuell guter Geschäftsergebnisse.