Blackrocks Unterstützung für Anträge von US-Aktionären zu Umwelt- und Sozialthemen ist in der diesjährigen Hauptversammlungssaison um nahezu die Hälfte zurückgegangen: Der weltweit größte Vermögensverwalter stimmte nur für 24 Prozent der entsprechenden Anträge.
Der Finanzdienstleister hat bereits im Mai vor einer solchen Entwicklung gewarnt. Damals wies er darauf hin, dass Aktionärsanträge zu restriktiv seien und dass der Einmarsch Russlands in der Ukraine das Investitionskalkül verändert habe. „Viele klimabezogene Aktionärsanträge zielen darauf ab, den Unternehmen das Tempo für ihre Energiewendepläne zu diktieren, ohne Rücksicht auf die damit verbundenen Beeinträchtigungen ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit bei gleichbleibender Nachfrage. In anderen Fällen wurden die erzielten Fortschritte nicht anerkannt“, so Blackrock in einem am Dienstag veröffentlichten Bericht über das eigene Abstimmungsverhalten. „Diese Gründe haben dazu geführt, dass solche Anträge weniger akzeptabel waren.“
Blackrock geht voran
Blackrocks Kurswechsel war weitaus radikaler als der der meisten anderen großen Investoren. Laut den von Blackrock analysierten ISS-Daten sank die Gesamtunterstützung der Aktionäre für ökologische und soziale Vorschläge von 36 Prozent der abgegebenen Stimmen in der letztjährigen Versammlungssaison auf 27 Prozent in diesem Jahr. Bei Blackrock ging der Anteil sogar von 43 Prozent auf 24 Prozent zurück.
Die Unterstützung für ökologische und soziale Aktionärsanträge von State Street Global Advisors, einem weiteren sehr großen Vermögensverwalter, schrumpfte nach vorläufigen Berechnungen von mehr als 25 Prozent im letzten Jahr auf etwa 20 Prozent in diesem Jahr. Vanguard, der auch zu den drei größten Vermögensverwaltern gehört, hat noch keine Informationen über sein Abstimmungsverhalten veröffentlicht.
Eine separate Analyse von Esgauge-Daten durch das Conference Board ergab, dass die Zustimmung der Anleger zu Umweltvorschlägen von 37 Prozent im Jahr 2021 auf 33 Prozent in diesem Jahr gesunken ist.
In den letzten Monaten wurden Blackrock und sein Gründer Larry Fink vor allem von Politikern der republikanischen Partei kritisiert. Sie behaupteten, dass das Unternehmen einen subversiven „Wake Capitalism“ fördere, der den Unternehmen Handschellen anlegen, die Verbraucherpreise nach oben treiben und Arbeitsplätze vernichten würde. Sowohl Blackrock als auch State Street sahen sich mit Forderungen von Regierungen der Bundesstaaten Texas und West Virginia konfrontiert, die damit drohen Finanzdienstleister zu boykottieren, wenn sie fossile Energieträger „diskriminieren“.
Die großen Vermögensverwalter wollten „den Eindruck erwecken, verantwortungsbewusste Treuhänder zu sein“, sagte Professor Lucian Bebchuk von der Harvard Law School. Aber sie versuchen auch, „den Unternehmensmanagern entgegenzukommen und feindselige Beziehungen mit ihnen zu vermeiden ... und die Wahrscheinlichkeit einer politischen und öffentlichen Gegenreaktion gegen ihren Einfluss zu verringern".
„Wir haben uns nicht verändert“
„Diese Kombination von Anreizen erklärt, warum Blackrock seinen Beitrag und sein Engagement zur Bekämpfung des Klimawandels dadurch signalisieren möchte, dass es zwar mehr Transparenz befürwortet, jedoch nicht darüber hinausgehen will“, sagte Bebchuk.
Blackrock ist mit einem verwalteten Vermögen von 8,5 Billionen Dollar das Schwergewicht der Branche. Der Finanzdienstleister erklärte, dass er die Unternehmen weiterhin in Fragen, die sich auf die langfristigen Renditen der Anleger auswirken, zur Verantwortung ziehen werde. Weltweit hat Blackrock bei 7024 Unternehmen, das heißt bei 43 Prozent aller Unternehmen, mindestens einen Vorschlag des Managements nicht mitgetragen. „Wir haben uns nicht verändert. Der Kontext um uns herum ändert sich“, so der Vermögensverwalter.
Blackrock stimmte auch in zehn Prozent der Fälle gegen die Vorstände oder enthielt sich der Stimme. Dies betraf 6555 einzelne Vorstände und ein Drittel aller Unternehmen, bei denen Blackrock seine Stimme abgab, was in etwa dem Wert des letzten Jahres entspricht. In den USA war der häufigste Grund für ein negatives Votum die Besorgnis über mangelnde Vielfalt, in Europa war es die Tatsache, dass der Vorstand zu viele andere Verpflichtungen hatte, und in Asien war es die mangelnde Unabhängigkeit.
State Street gab an, in der ersten Jahreshälfte 2022 bei 11,6 Prozent der Aktionärsversammlungen gegen mindestens einen Vorstand gestimmt zu haben, verglichen mit 11,2 Prozent im Jahr 2021. „Während Aktionärsanträge ein wichtiger Weg sind, um die Vorstände für wesentliche E&S-Themen zu sensibilisieren, glauben wir, dass die Abstimmung über die Wahl von Vorständen auf Hauptversammlungen ein viel wirkungsvolleres Mittel ist, um Unternehmen zur Verantwortung zu ziehen“, erklärte State Street.