Menschen brauchen menschlichen Kontakt. Das wird in der Corona-Krise überdeutlich. Allerdings ist das Bedürfnis nach sozialer Interaktion sehr unterschiedlich ausgeprägt. Introvertierte Menschen ertragen soziale Distanz derzeit besser als extrovertierte Menschen. Auch zwischen Ländern gibt es signifikante kulturelle Unterschiede, was den zwischenmenschlichen Austausch angeht.
Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, OECD, hat in ihrem Jahresbericht „How's Life? 2020“ verschiedene Parameter des gesellschaftlichen Lebens untersucht. Dabei wurde auch verglichen, wie viel Zeit die Bewohner der Mitgliedsstaaten pro Woche mit sozialer Interaktion verbringen. Die Analyse zeigte überraschend hohe Unterschiede. Die Bandbreite reichte von zwei bis mehr als neun Stunden pro Woche.
Die geselligsten Länder
Als soziale Interaktion galt dabei wirklich nur die Zeit, bei der man ganz auf den persönlichen Austausch mit einem Freund oder einer Familienangehörigen konzentriert war. Sobald andere primäre Faktoren ins Spiel kamen (Arbeit, Pflege, Hausaufgaben), wurde dieser Kontakt nicht mehr berücksichtigt.
In diesen Ländern waren die Menschen vor der Coronakrise besonders gesellig:
In diesen Ländern fällt Social Distancing besonders schwer
Frankreich und Finnland kamen in der OECD-Statistik auf jeweils 6,2 Stunden an sozialer Interaktion pro Woche. Damit lagen die beiden Länder knapp über dem OECD-Durchschnitt von 6,0 Stunden. Schweden folgte auf Platz zwölf mit 6,1 Stunden.
Die OECD stützte sich bei ihrer Statistik auf Daten von Eurostat und nationalen Statistikbehörden. Die Zahlen wurden den Angaben zufolge um das Jahr 2018 herum erhoben. Kanadier verbrachten demnach 6,3 Stunden pro Woche mit sozialen Kontakten. Das bedeutete in der OECD Platz neun.
Distanzierte Skandinavier? Dieses Vorurteil rücken nach den Finnen auch die Norweger auf Platz acht zurecht. Ihre zwischenmenschlichen Kontakte summierten sich auf 6,7 Stunden pro Woche. Für Dänemark, die Schweiz und einige andere OECD-Länder lagen keine verwertbaren Daten vor.
Die Deutschen sind überdurchschnittlich gesellig. Sie brachten es wie die Griechen auf 7,0 Stunden soziale Interaktionen pro Woche. OECD-weit kamen Frauen übrigens im Schnitt pro Woche auf 40 Minuten mehr zwischenmenschliche Kontakte.
Social Distancing wird in Österreich zu einer besonderen Belastungsprobe. Mit 9,5 Stunden an sozialen Interaktionen pro Woche lagen unsere Nachbarn uneinholbar auf dem ersten Platz. Der Vorsprung auf den zweiten Rang betrug 1,1 Stunden. Das war die Hälfte des Gesamtwerts für Japan. Dessen Bewohner kamen im Durchschnitt auf nur 2,0 Stunden soziale Kontakte pro Woche. Das bedeutete in dem Nationenranking den letzten Platz.