Die offiziell verordnete Verlängerung der Werksferien um das chinesische Neujahrsfest schlägt in der Wirtschaft mit einem de facto Produktionsstopp durch. Die Auswirkungen auf globale Handelsstränge und Lieferketten, vor allem in der Kommunikationstechnologie und im Autobau, sind noch nicht absehbar.
Tatsache ist: Die weltweiten Verflechtungen sind heute weitaus dichter als noch zur Zeit des tödlichen Sars-Virus 2002. Damals brachte China rund acht Prozent der globalen Wirtschaftsleistung auf die Waagschale, heute sind es 19 Prozent. Zudem hat sich Chinas als Schlüsselglied in vielen weltweiten Wertschöpfungsketten untentbehrlich gemacht. Bei deutschen Unternehmen haben chinesische Industriewaren einen Anteil von 9,4 Prozent an den Importen von Vorleistungsgütern, warnt das Ifo-Institut.
Autobauer wie Honda, Hyundai, Nissan oder Toyota haben wegen des verordneten Stillstands ihre Bänder angehalten und Arbeitnehmer gebeten, zuhause zu bleiben – zunächst bis Ende der Woche. Auslieferungen von Kraftfahrzeugen dürften sich verzögern, warnte unter anderem der US-Hersteller Tesla, der in Schanghai Luxuslimousinen baut. Tesla prüft Auswirkungen auf die Lieferkette von Modellen Made in California. Auch deutsche Kfz-Bauer haben die Werksferien verlängert.
Umsätze stocken
Beispielhaft für den Einzelhandel steht die Ankündigung von Apple, die Gesundheitskrise werde sich im Bilanzausblick niederschlagen. Die Volksrepbulik ist der weltgrößte Markt für Smartphones. Das Unternehmen macht im Reich der Mitte sämtliche Stores eine Weile dicht – aus Präventionsgründen und zum Schutz der öffentlichen Gesundheit, wie es heißt. Auch in der Fertigung in China ist Apple teilweise von Montage und Komponenten aus der isolierten Stadt Wuhan und der umliegenden Provinz betroffen. Die Stadt ist ein Verkehrsknotenpunkt und Standort tausender Hersteller wie Zulieferer.
Der chinesische Telekommunikationsriese Huawei hat die Produktion dank einer Sondergenehmigung der Regierung in der südlichen Provinz Guangdong derweil wieder hochgefahren. Danach ist es bestimmten kritischen Branchen möglich, die Produktion von Waren und Konsumgütern trotz Zwangspause zur Eindämmung des Coronavirus wiederaufzunehmen.
Hier sind einige Beispiele für die Ansteckungsgefahr auf Lieferketten und Umsätze.
Coronavirus Lieferketten

China ist das Zentrum der globalen Smartphone-Produktion. Auch der US-Konzern Apple lässt dort seine Smartphones produzieren, womit das iPhone-Unternehmen wie kaum ein anderer Elektronikkonzern von China abhängig ist. Das Unternehmen produziert nahezu alle Produkte in dem Land, dort sitzen auch zentrale Komponentenhersteller und große Teile der Lieferkette. Einer der wichtigsten Auftragsfertiger ist das wegen der dort herrschenden Arbeitsbedingungen umstrittene Unternehmen Foxconn. Am 10. Februar wollen die chinesischen Hardware-Produzenten die Fertigung wiederaufnehmen. Allerdings können die Behörden die Pläne noch durchkreuzen, wenn sie der Meinung sind, dass der Termin noch zu früh kommt.

Wie andere deutsche Autobauer verlängert auch Daimler die Werksferien anlässlich des chinesischen Neujahrsfestes. Weitgehend soll die Produktion in China am 10. Februar wiederaufgenommen werden. Der japanische Hersteller Nissan hofft, dass auch in der Region Hubei, Zentrum des Coronavirus-Ausbruchs, nach dem 14. Februar die Produktion wieder anläuft. In Südkorea hat Hyundai die Produktion laut der Nachrichtenagentur Yonhap wegen einer unterbrochenen Lieferkette in China heruntergefahren.

Wuhan ist auch ein Zentrum für die Herstellung von Flachbildschirmen für TV-Geräte oder Displays. Mikroelektronik-Unternehmen wie China Star, Tianma und BOE stehen laut Financial Times für etwa neun Prozent der globalen Fertigungskapazität. Tianma bestätigte kurzfristige Engpässe in Auslieferung und Rohstoffeinkauf in Wuhan. Der südkoreanische LG-Konzern hat nach eigenen Angaben keine Bänder gestoppt, warnt aber vor zunehmender Unsicherheit bei Zulieferern.

Die Lufthansa Group streicht die Flüge von Lufthansa, SWISS und Austrian Airlines von und nach Peking und Shanghai bis zum 28. Februar. Zunächst hatte man die Strecken bis zum 9. Februar ausgesetzt. Nanjing, Shenyang und Qingdao werden bis zum Ende des Winterflugplans am 28. März nicht angeflogen. Die Strecke nach Hongkong wird weiter bedient. Ähnlich handeln die meisten europäischen und amerikanischen Fluggesellschaften. Auch die Langstreckenflieger Etihad und Emirates stellten bis auf weiteres ihre Verbindungen ein.

Aus Präventionsgründen und zum Schutz der öffentlichen Gesundheit schloss die Kaffee-Kette Starbucks mehr als die Hälfte ihrer Filialen in China. Auch die Fastfood-Kette McDonald‘s folgte dem Beispiel. Apple macht ebenfalls alle Stores dicht, wie auch der schwedische Möbelkonzern Ikea. Der Getränkekonzern AB Inbev stoppte die Produktion in seinen Brauereien. Carlsberg erwartet Einbußen, weil neben dem Einzelhandel „ein zweistelliger Anteil“ von Bars und Restaurants geschlossen worden seien.

China schien ein Markt der endlosen Chancen für die Hummerindustrie im kanadischen Nova Scotia. Seit dem Ausbruch des Coronavirus, der auch die Genussmittelbranche im Reich der Mitte schwer in Mitleidenschaft zieht, ist der Export aber abrupt eingebrochen. Dabei waren in den ersten elf Monaten 2019 mit einem Wert von 400 Mio. Dollar erstmals mehr lebendiger Hummer an China verschifft worden als in die USA.

Der Flugzeugbauer Airbus hat wegen der fortgesetzten Ausbreitung des Coronavirus seine Endmontage des Airbus 320 in China geschlossen. Die Produktion in der Hafenstadt Tianjin südöstlich von Peking wurde vorübergehend eingestellt. Das Virus und die nationalen und internationalen Reisebeschränkungen stelle den Flugzeugbauer vor "logistische Herausforderungen".