Was schätzt Donald Trump wohl im Leben? Macht? Sicher. Seine Freiheit? Auf jeden Fall. Geld? Natürlich. So oder so könnte die von der New Yorker Generalstaatsanwältin Letitia James eingereichte Klage den Ex-Präsidenten eine Menge kosten – zumindest in zwei dieser drei Fälle. Die Juristin wirft dem Unternehmer, seinen beiden ältesten Söhnen und leitenden Angestellten der Trump Organization vor, die Werte mehrerer New Yorker Immobilien absichtlich falsch angegeben zu haben, um Steuern und Versicherungsbeiträge zu sparen.
Zivilklage in New York: Donald Trump könnte ein Dutzend Immobilien verlieren
Nun wird Trump selbst in einem aus seiner Sicht Worst Case dafür nicht hinter Gittern landen – schließlich werden seine mutmaßlichen Finanzbetrügereien nicht in einem Straf-, sondern in einem Zivilprozess verhandelt. Schmerzhaft könnte es trotzdem werden, zumindest für das trump'sche Portemonnaie (und für seinen Stolz). Denn James fordert nicht nur 250 Millionen Dollar und ein fünfjähriges Kaufverbot für gewerbliche Immobilien. Wenn es nach ihr geht, dürfen weder der erneute Präsidentschaftskandidat noch seine beiden Söhne je wieder ein Unternehmen mit Sitz im Staat New York leiten.
Doch: Was wäre ein New Yorker Immobilienmogul ohne Vorzeige-Immobilien in New York? Dieses Szenario ist vergangene Woche deutlich wahrscheinlicher geworden. Ein Richter hatte Trump in einer Vorentscheidung des Finanzbetrugs schuldig gesprochen. Trump lebe in einer "Fantasiewelt", sagte er. Sollte das Urteil des Richters standhalten, könnte der 77-Jährige in New York die Kontrolle über rund ein Dutzend hochkarätiger Objekte verlieren, darunter auch eines der wohl bekanntesten Gebäude Manhattans.
Trumps Immobilien
Medienberichten zufolge könnte die Trump Organization je nach Prozessausgang unter anderem gezwungen sein, die Kontrolle über Trumps 202 Meter hohe Visitenkarte an einen vom Gericht bestellten Konkursverwalter abzugeben. Das Anfang der 80er-Jahre gebaute Hochhaus mit 58 Etagen wird explizit in der Anklageschrift erwähnt. Trump lebte selbst mehr als 20 Jahre in seinem Turm, in einem dreistöckigen Penthouse. Sein Unternehmen soll den Wert Wolkenkratzers an der Fifth Avenue mehrfach aus fadenscheinigen Gründen vervielfacht haben – unter anderem, indem man Trumps Wohnung als fast dreimal größer angab als sie tatsächlich sei. 2015 schätze die Organization den Wert ihres Firmensitzes auf 327 Mio. Dollar – eine Zahl, die die Anklage als „absurd“ bezeichnet.
735 Mio. Dollar – das ist der Wert, den die Trump Organization der Immobilie in Lower Manhattan 2015 zuschrieb, in die sich unter anderem Investmentbanker und die Hilton-Hotelgruppe eingemietet haben. Eine von den Kreditgebern in Auftrag gegebene Schätzung kommt auf etwas weniger, genauer: auf rund 200 Mio. Dollar weniger.
Laut Anklage soll Trumps Unternehmen außerdem einen millionenschweren Mietvertrag angegeben haben, obwohl der noch gar nicht unterschrieben gewesen sei. Außerdem seien die Unterhaltkosten des ikonischen, beinahe 100 Jahre alten Wolkenkratzers auf dem Papier um das Zehnfache gedrückt worden.
Laut Trump sind seine Firmenanteile an der Immobilie stolze 445 Mio. Dollar wert. Doch auch hier können die Zahlen so nicht stimmen, beteuert die Anklage. Sein Unternehmen soll mit den Einnahmen und Ausgaben getrickst und so den Wert um 37 Mio. Dollar aufgebläht haben.
Zwölf der 120 Wohnungen gehören Trump in diesem prestigeträchtigen Wohnhaus und einstigen Hotel in Manhattan. Sein Unternehmen tue so, als vermiete sie die zum exorbitanten New Yorker Marktpreis, 50 Mio. Dollar seien die Objekte insgesamt wert. Die Anklage kommt allerdings gerade mal auf 750.000 Dollar – denn für die Wohnungen gelte eine strikte Mietbremse.
Laut „New York Times“ hält Trump eine 30-prozentige Minderheitsbeteiligung am Unternehmen, dem dieses 43-stöckige Bürogebäude in Midtown Manhattan gehört. Soll heißen: Die Trump Organization kann die Immobilie nicht so einfach verkaufen. Nur gebe sie genau das vor. Man preise einfach 30 Prozent des Gebäudewertes minus Schulden als frei verfügbaren Vermögenswert an. Abgesehen davon sei der Immobilienwert ohnehin aufgebläht.
1995 kaufte die Trump Organization dieses herrschaftliche, von Marmor und Kronleuchtern überbordende Anwesen vor den Toren New York Citys – inklusive des knapp 300 Fußballfelder großen, sich über drei Gemeinden erstreckenden Grundstücks. Später wollte Eric Trump, der Sohn des Patriarchen, hier zwei Dutzend Luxusobjekte bauen lassen. 2014 schätzte ein vom Unternehmen beauftragter Gutachter den Wert der gesamten Fläche auf rund 30 Mio. Dollar. Laut Klage wies das Unternehmen hingegen 24 Mio. Dollar aus – allein für jedes einzelne Grundstück auf dem Stadtgebiet von Bedford, einer der drei Gemeinden.
Außerdem habe das Unternehmen so getan, als seien die Immobilien bereits gebaut worden, dabei waren die Trumps noch mitten in einem Streit mit den Umweltbehörden – das Anwesen liegt inmitten eines Naturschutzgebiets.
Getrickst haben soll Trumps Firma auch beim Wert des Golfklubs Westchester im Örtchen Briarcliff Manor. Dessen Bewertung soll 2011 vollkommen übertrieben ausgefallen sein, weil sich das Unternehmen Jahreseinnahmen von 200.000 Dollar durch jedes von 67 neuen Mitgliedern erhoffte. Allerdings hätten viele keinen Cent gezahlt.
Der Beitrag ist zuerst bei stern.de erschienen