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Infrastrukturprogramm Wie China seine Seidenstraße grüner machen will

Das Containerschiff Zeus Lumos, passiert bei Ismailia (Ägypten) den Suezkanal in Richtung Mittelmeer. Der 164 km lange Suezkanal gehört zu den weltweit wichtigsten Wasserstraßen. Der Kanal ist Teil der maritimen Seidenstraße
Das Containerschiff Zeus Lumos, passiert bei Ismailia (Ägypten) den Suezkanal in Richtung Mittelmeer. Der 164 km lange Suezkanal gehört zu den weltweit wichtigsten Wasserstraßen. Der Kanal ist Teil der maritimen Seidenstraße
© IMAGO / Jürgen Schwenkenbecher
Chinas Belt-and-Road-Initiative ist bekannt für große Infrastrukturprojekte und Kraftwerke. Nun soll das Programm grüner werden. Das verlangen auch die Partnerländer. Doch der Prozess steht noch ganz am Anfang

Dieser Artikel liegt Capital.de im Zuge einer Kooperation mit dem China.Table Professional Briefing vor – zuerst veröffentlicht hatte ihn China.Table am 3. November 2023.

Chinas Belt and Road-Initiative ist ein milliardenschweres Infrastrukturprogramm: Mit Geld aus Peking entstehen Transportkorridore und Kraftwerke für Öl und Gas. Doch die Schwerpunkte verschieben sich allmählich – weg von gigantischen Bauprojekten chinesischer Staatskonzerne, hin zu Investitionen in gemeinsame Projekte mit den BRI-Partnerländern. Außerdem soll die BRI grüner werden.

„Grüne Entwicklung“ nannte Staatschef Xi Jinping auf seiner Abschlussrede beim kürzlich veranstalteten BRI-Forum als einen von acht Kooperationsbereichen. Vizepräsident Han Zheng kündigte an, China werde die Finanzierung für umweltfreundliche Entwicklung stärken und Unternehmen ermutigen, mehr emissionsarme Projekte in Partnerländern durchzuführen.

Das fordern die Mitgliedsländer auch immer stärker ein. Ihre Bevölkerungen wehren sich zunehmend gegen schmutzige BRI-Projekte. Es geht also zum einen darum, die Projekte sauberer zu gestalten. Zum anderen geht es um die Förderung der Energiewende in den Partnerländern, die von Chinas Klimatechnologie profitieren wollen.

Pläne für grüne BRI schon seit 2019

Bereits 2019 hat das chinesische Umweltministerium mit mehr als 40 internationalen Partnern – Firmen, Verbänden, Denkfabriken und NGOs – die BRI International Green Development Coalition (BRIGC) gegründet, die sich für Umweltschutz und eine kohlenstoffarme Entwicklung im Rahmen der BRI einsetzt. Die BRIGC gab seither dreimal eine Green Development Guidance für BRI-Projekte heraus, die ein „Ampelsystem“ enthält: rot für Projekte mit erheblichen Umwelt- oder Klima-Auswirkungen, gelb für solche mit neutraler Wirkung. Grün steht für einen positiven Beitrag.

Infrastrukturprogramm: Wie China seine Seidenstraße grüner machen will

Die aktuellste Green Development Guidance vom Oktober 2021 empfiehlt, dass „Finanzinstitute und Unternehmen ermutigt werden, keine neuen ‚roten‘ Projekte hinzuzufügen und bestehende Engagements in ‚roten‘ Projekten auslaufen zu lassen“. Kurz zuvor hatte Xi vor den Vereinten Nationen zugesagt, dass China keine neuen Kohleprojekte im Ausland mehr finanzieren werde.

Vier Ministerien bekräftigen Aus für Kohleprojekte

Im März 2023 gaben vier zuständige Ministerien ein Papier namens „Meinungen zur gemeinsamen Umsetzung grüner Entwicklung in der BRI“ heraus, das Autoren der Umweltorganisation Client Earth unter die Lupe nahmen. Das Papier bekräftigt demnach, dass im Rahmen der BRI keine neuen Kohlekraftwerke gebaut werden, und dass „China die vollständige Umsetzung des … Pariser Abkommens durch alle Parteien fördern“ werde.

Auch ermutige das Papier beteiligte Unternehmen, bei BRI-Projekten internationale oder chinesische Umweltstandards zu befolgen, wenn solche Standards in Empfängerländern nicht vorhanden oder unzureichend sind. Das ist insbesondere in armen oder korrupten Ländern der Fall – und führte vielfach zu Problemen. Die „Meinungen“ deuten zudem an, dass China die Aktionen seiner Firmen im Ausland künftig regulieren könnte, statt sie wie bisher nur „zu ermutigen“.

Die Client Earth-Autoren erwarten, dass Industrieverbände in China für ihre jeweiligen Sektoren eine Art Code of Conduct herausgeben werden. Die BRIGC etwa publizierte kürzlich einen Guide für Autobahnen und Bahnstrecken und einen Guide für Unternehmen und Finanzinstitutionen.

Die Asia Society hat zur Bewertung von Projekten ein digitales „Toolkit“ entwickelt. Damit kann jeder prüfen, dass diese für alle Beteiligten „vorteilhaft, gleichberechtigt, inklusiv, ökologisch und sozial nachhaltig“ sind. Manchmal sind laut Asia Society nur kleine Anpassungen nötig, um Projekte nachhaltiger zu machen.

Energieprojekte der BRI: Schrittweise Abkehr von Fossilen

Der Trend weg von fossilen Energien ist bereits erkennbar. „Chinas energiebezogenes Engagement in der ersten Hälfte des Jahres 2023 war das Grünste in einem 6-Monats-Zeitraum seit der Gründung der BRI im Jahr 2013“, schrieb der Green Finance-Experte Christoph Nedopil Wang, heute Direktor des australischen Griffith Asia Institute, im Juli in einem Bericht für das Green Finance & Development Center an der Shanghaier Fudan Universität. Demnach gab China 2023 zwischen Januar und Juni 12,3 Milliarden Dollar für Energieprojekte aus. Davon flossen fast 56 Prozent in erneuerbare Energien – 41 Prozent in Solar- und Windkraftanlagen und 14 Prozent in Wasserkraftwerke.

Dagegen baut China laut Nedopil keine neuen Ölanlagen mehr, auch wenn es noch einzelne Investments gibt (siehe Grafik). Auch die Kohleprojekte sind wie zugesagt praktisch bei null, was auch andere Experten bestätigen. Allerdings gibt es einzelne Ausnahmen, weil manche Projekte die Regeln dehnen. So wurde ein Kohlekraftwerk in Indonesien als Teil einer Industriebasis genehmigt. Ein anderes in Pakistan wurde zwar erst im ersten Halbjahr 2023 gebaut, aber als „alt“ klassifiziert, weil schon seit 2016 darüber diskutiert worden war. Unklar ist zudem, wie es mit Kohleprojekten weitergeht, die bereits im Bau oder gerade fertig sind.

Konkrete grüne BRI-Projekte erst am Anfang

Generell lässt sich sagen, dass die tatsächliche Grünwerdung der BRI erst am Anfang steht. Auf dem BRI-Forum gab es unter den gut 450 unterzeichneten Papieren, Abkommen und Projekten etwa auch Unterschriften für Projekte zu Erneuerbaren Energien. Moritz Rudolf vom Paul Tsai China Center der US-Universität Yale hat eine ganze Reihe davon in einem vierteiligen Feed zum BRI-Forum auf X notiert.

Ein paar Beispiele:

  • 200 MW-Solarpark mit Energiespeichersystem in Taschkent/Usbekistan
  • 750 MW-Fotovoltaikprojekt im Irak
  • Kleinere Solarparks in Rumänien, Polen und Burkina Faso
  • „Africa Solar Belt“-Programm für Süd-Süd-Kooperation zum Klimaschutz
  • zwei Staudammprojekte, eins in Indonesien, eins in Madagaskar

Außerdem wurden mehrere multilaterale Abkommen zur Zusammenarbeit bei grünen Investitionen, Klimaanpassung oder konkreten Themen wie dem Schutz von Mangrovenwäldern in den Asean-Staaten unterschrieben.

Fotovoltaik- und Windprojekte

Unabhängig von den Plänen auf dem BRI-Forum sind einige Projekte bereits auf dem Weg. So baut Usbekistan gemeinsam mit China Fotovoltaikanlagen in den Regionen Kaschkadarja und Buchara mit einer Gesamtkapazität von 1.000 Megawatt. Auf einem Gipfel mit den fünf BRI-Partnern Zentralasiens im Juni in Xi’an unterschrieb China Verträge über den Bau großer Wind- und Solaranlagen in der Region. In der Pipeline und im Bau sind zudem ein 600-Megawatt-Solarpark in Saudi-Arabien, ein Solarpark in Südafrika, sowie eine Windfarm in Namibia.

Diese Projekte gehören zu den „kleinen, aber feinen“ Projekten (小儿美), ein seit Anfang 2023 gepushter Begriff, den Xi auch in seiner Rede auf dem BRI-Forum verwendete. Dazu passt der von Nedopil beobachtete Trend, dass in den BRI-Projekten der Anteil privater Firmen wächst. Diese sind anders als Chinas Staatskonzerne nicht in der Lage, Mega-Projekte umzusetzen. Laut Bloomberg unterzeichneten während des BRI-Forums zum Beispiel Trina Solar und TCL Zhonghuan Renewable Energy Technology Verträge über neue Produktionsstätten im Nahen Osten.

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