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Western von gestern Barillas Kampf um Kamps

Heiner Kamps (l). und Guido Barilla
Heiner Kamps (l). und Guido Barilla
© dpa
Lange wehrte sich Heiner Kamps gegen den Übernahmeversuch des Pasta-Riesen Barilla. Doch die Italiener ließen nicht locker und schluckten schließlich die Bäckerei Kamps

Brot essen die Leute immer. Dass es im Bäckereigeschäft deshalb schön ruhig und beschaulich zugeht, ist aber ein großer Irrtum. Niemand hat das eindrücklicher demonstriert als Heiner Kamps.

Schon in jungen Jahren setzt dieser Bäckermeister auf rasante Expansion: Aus seinem ersten Betrieb, den er 1982 in Düsseldorf eröffnet, macht er binnen zehn Jahren eine Kette mit 20 Filialen und 22 Mio. D-Mark Umsatz. Er verkauft an US-Investoren, für die er aber weiter die Geschäfte führt. Er kauft sich die Kette nach drei weiteren Wachstumsjahren zurück, expandiert und akquiriert immer weiter.

Gut 320 Mio. D-Mark Umsatz meldet sein Backimperium, als er 1998 an die Börse geht. Am Neuen Markt verelffacht sich der Aktienkurs binnen zwei Jahren. Kamps kauft mit dem Geld aus dem Börsengang auf dem ganzen Kontinent zu, nicht nur Backshops, sondern auch große Industriebäcker. Fast erreicht er sein großes Ziel: Marktführer in Europa.

Kamps hat sich verhoben

Doch als Konjunktur und Börse 2001 abrupt drehen, wird schnell klar, dass auch Kamps sich verhoben hat. Der Gewinn bricht ein, die Aktie stürzt ab. Die hohen Schulden, die für die Expansion gemacht wurden, erdrücken jetzt den Konzern. Kamps, der Selfmademan, muss um sein Lebenswerk kämpfen. Er verliert es schließlich an einen italienischen Pasta-Riesen.

Barilla bietet ihm an, die eigene Wasa-Knäckebrotsparte in die Kamps AG einzubringen und im Gegenzug die Macht bei Kamps zu übernehmen. „Wir brauchen Barilla nicht, und Barilla braucht uns nicht“, wettert Kamps. Und tatsächlich gelingt ihm noch eine Umschuldung, die etwas Luft verschafft.

Wenige Wochen später muss er sich dem Angreifer aber doch geschlagen geben. Die Kamps AG braucht dringend neue Kapitalgeber. Und Guido Barilla, der Chef des Nudelimperiums aus Parma, ist der einzige Interessent weit und breit. Im April 2002 übernimmt Barilla für 1,8 Mrd. Euro den deutschen Riesen. Heiner Kamps scheidet bald aus dem Vorstand aus, die Aktie wird 2004 von der Börse genommen.

Das Filialgeschäft mit seinem Namen bleibt allerdings nicht lange bei den Italienern: Barilla gibt die Kamps-Kette 2010 an einen Finanzinvestor ab, der sie 2015 an die französische Groupe Le Duff verkauft.

Kamps selbst kauft sich 2005 in die Fisch-Kette Nordsee ein, dessen Aufsichtsrat er bis Ende 2018 angehörte. Er wolle wieder eigenständig als Unternehmer arbeiten, verkündete Kamps. Möglicherweise als Großbäcker.

Hauptperson

Heiner Kamps, Jahrgang 1955, wuchs als Bäckersohn in Bocholt auf. Neben der Lehre spielte er Wasserball, schaffte es bis in die Bundesliga. Mit 24 gab er den Leistungssport auf, machte seinen Meister und studierte Betriebswirtschaftslehre. Nach dem Barilla-Deal baute er eine neue internationale Lebensmittelkette auf und gründete ein Gemeinschaftsunternehmen mit Theo Müller. Dessen „Müllermilch“ lenkte er ab 2011 als Geschäftsführer, 2015 wechselte er in den Aufsichtsrat.

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