Dass der Hamburger Hafen in den vergangenen Jahren unter enormen Wettbewerbsdruck geraten ist, ist kein Geheimnis. Dass sich der Senat der Stadt nach einem finanzkräftigen Partner für die börsennotierte Betreiberfirma HHLA (Hamburger Hafen und Logistik AG) umschaut, war auch bekannt. Nun folgte aber ein Paukenschlag: Die Stadt will 49,9 Prozent der Anteile an der HHLA an die Reederei MSC mit Sitz in Genf verkaufen. Transaktionswert laut Finanzkreisen: Rund 2,6 Mrd. Euro.
Die Nachricht sorgte an der Börse für einen Kurssprung der HHLA-Aktie von knapp 12 auf mehr als 17 Euro – aber ansonsten fast ausschließlich für Stirnrunzeln. Denn die weltgrößte Reederei MSC genießt nicht den allerbesten Ruf. Eigner der MSC ist die italienische Familie Aponte. Firmengründer Gianluigi Aponte rangiert mit einem geschätzten Vermögen von rund 20 Mrd. US-Dollar unter den 100 reichsten Menschen der Welt.
Aus Hamburger Senatskreisen heißt es dazu, dass andere mögliche Partner – etwa die fünftgrößte Reederei der Welt, Hapag-Lloyd, an der die Stadt beteiligt ist – nur über eine Mehrheitsbeteiligung hätten verhandeln wollten. Doch das habe die Stadt nicht gewollt. Den Hafen verkaufen – ein politisches No-Go in der Hansestadt. Wirtschaftssenatorin Melanie Leonhard (SPD) betont, dass die Stadt so Einfluss zurückgewinne.
„Verscherbeln von Tafelsilber“
Finanzsenator Andreas Dressel (ebenfalls SPD) verweist auf den so möglichen Bestand der Sozialpartnerschaft im Betrieb der HHLA. Und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sagt, er habe „vorerst“ keine Bedenken bezüglich des Deals. In der Hamburger Grünen-Fraktion, Koalitionspartner der SPD, hält sich dem Vernehmen nach die Begeisterung über MSC deutlich stärker in Grenzen. Und nicht nur dort.
Die Gewerkschaft Verdi warnt vor einem „Verscherbeln von Tafelsilber“, der HHLA-Betriebsrat will die Lage noch „bewerten“. Schon einmal hatte die Arbeitnehmervertretung einen Deal mit einer Streikdrohung verhindert. Milliardär Klaus-Michael Kühne, Miteigner der Reederei Hapag-Llyod, rät dem Unternehmen „dringend“, ein Gegenangebot für die HHLA-Anteile abzugeben. Auch Kühne selbst prüfe ein Gegenangebot, sagte er dem „Hamburger Abendblatt“. Ebenso erwägt der Hafenunternehmer Thomas Eckelmann, Mehrheitsaktionär von Eurokai, ein Gegenangebot abzugeben – zu den gleichen Konditionen wie MSC. Gegenüber dem „Abendblatt“ warnte Eckelmann vor dem MSC-Einstieg: „Dieser Deal wäre eine Katastrophe für den Hamburger Hafen.“
Mit solchen Reaktionen dürfte man im Hamburger Senat gerechnet haben. Dirk Kienscherf, Vorsitzender der SPD-Bürgerschaftsfraktion, notiert bei Facebook: „Die Details werden in den nächsten Wochen mit allen Beteiligten und auch in der Bürgerschaft beraten werden.“ Was dabei herauskommt, ist offen.