Das schlimmste Szenario scheint vorerst abgewendet: US-Präsident Joe Biden und der republikanische Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Kevin McCarthy, haben sich auf eine Anhebung der US-Schuldengrenze geeinigt. Bis der Kompromiss aber tatsächlich durch alle Instanzen gelaufen ist, sind noch einige Schritte zu gehen. Und ob das zusätzlich innerhalb der errechneten Frist zum 5. Juni passieren kann, ist ebenso ungewiss. Das Risiko eines Zahlungsausfalls bleibt weiter bestehen, zumal sich die Gegner des Pakets schon formieren. Was sie kritisieren, wie der Deal aussieht, und welche Hürden noch zu nehmen sind: Vier Fragen und Antworten,
Was sind die wichtigsten Punkte des Pakets?
Zunächst: Der Deal ist eindeutig ein Kompromiss, bei dem beide Seiten zurückstecken müssen. Das oberste Ziel wird allerdings erreicht – Biden und McCarthy haben sich auf eine neue Schuldenobergrenze für die kommenden zwei Jahre geeinigt, was beiden Seiten Luft im anstehenden Präsidentschaftswahlkampf verschafft.
Die Vereinbarung sieht vor, dass die Biden-Regierung den Haushalt im kommenden Jahr maximal auf das Niveau des laufenden Haushaltsjahres beschränken darf. 2025 darf dieser Wert nur um etwa ein Prozent steigen, wovon allerdings Verteidigungsausgaben ausgenommen sind. Beim Thema Sozialleistungen konnten die Republikaner strengere Anforderungen durchsetzen. So sollen Unterstützungsmaßnahmen wie Lebensmittelmarken stärker an einen Job gekoppelt werden. Zudem sollen Steuerfahnder weniger Mittel erhalten und ungenutzte Coronahilfsgelder umgewidmet werden.
Auf der anderen Seite scheinen sich die Demokraten bei neuen Energieprojekten durchzusetzen. Sollten Republikaner und Demokraten tatsächlich eine „Permitting Reform“ auf den Weg bringen, wäre das gut für Bidens Klimaschutz-Projekte – aber auch, um neue Öl- und Gasfelder zu erschließen.
Was kritisieren die Gegner des Pakets?
Die Kritik am Paket kommt vor allem von Ultrakonservativen, denen die Einschnitte nicht weit genug gehen. Der frühere US-Präsident Donald Trump rief dazu auf, den Kompromiss zu blockieren. Ein Zahlungsausfall sei eher zu verkraften als „ein schlechtes Abkommen“, erklärte Trump. Der Texaner Chip Roy bezeichnet das Paket als „Shit-Sandwich“, Ralph Norman aus South Carolina als „verrückt“. Auch unter Demokraten gab es Kritik, weil Biden bei Sozialleistungen zu stark nachgegeben habe. Letztlich fiel die Kritik aber deutlich zurückhaltender aus als bei den Republikanern.
Welche Hürden sind noch zu nehmen?
Der erste kritische Test hierfür steht am Mittwoch im Repräsentantenhaus an. Da viele Abgeordnete aufgrund des Memorial Days erst an diesem Dienstag nach Washington zurückgekehrt sind, und McCarthy nur eine kleine Mehrheit im Haus hat, muss er wohl bis zum Schluss Überzeugungsarbeit leisten. Viele Abgeordnete wollten sich im Vorfeld nicht zu ihrer Haltung äußern. Sollte das Paket aber tatsächlich am Mittwoch durchgehen, könnte es am Wochenende auch den Senat passieren. Alle blicken dabei auf den 5. Juni, der Tag, an dem die USA wohl zahlungsunfähig würden. Selbst wenn das Paket am Mittwoch das Haus passiert, darf nichts mehr schiefgehen, damit es am Wochenende auch in den Senat geht.
Präsident Biden und McCarthy zeigten sich aber zuversichtlich, dass alles glatt laufen wird. McCarthy erklärte beim Sender Fox News: „Ich denke, dass die Mehrheit der Republikaner für diesen Gesetzentwurf stimmen wird“. Präsident Biden stehe hinter dem Text, „daher denke ich, dass auch viele Demokraten dafür stimmen werden.“
Biden ließ am Samstag mitteilen, es handle sich um einen wichtigen Fortschritt, der die Ausgaben senke und gleichzeitig wichtige Programme für die arbeitende Bevölkerung schütze sowie die Wirtschaft für alle stärke. Außerdem sichere die Vereinbarung die wichtigsten Teile seiner Agenda. Der 80-Jährige räumte jedoch auch ein, „dass nicht jeder bekommt, was er will.“ McCarthy sprach von einer „Vereinbarung, die des amerikanischen Volkes würdig ist.“
Wie reagieren die Märkte?
Wenig überraschend reagierten die Märkte zum Wochenauftakt noch einmal positiv. US-Futures knüpften an ihre Rallye vom Freitag an, und in Deutschland stieg der Dax zwischenzeitlich auch wieder auf über 16.000 Zähler. Anlegerinnen und Anleger hatten die Einigung aber bereits am Freitag eingepreist, weshalb sich die Ausschläge nach oben nun in Grenzen hielten.