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HHLA-Chefin Titzrath US-Hafenarbeiter-Streik: Was bedeutet er für den Hamburger Hafen?

Angela Titzrath
Angela Titzrath leitet das Logistikunternehmen Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) – der Streik der Hafenarbeiter in den USA könnte ihren Konzern massiv treffen
© Marcus Brandt / Picture Alliance
Seit Dienstag streiken die Hafenarbeiter an der US-Ostküste. Das betrifft die US-Wirtschaft enorm, könnte sich aber auch bald auf die deutsche Wirtschaft auswirken, sagt die Chefin des Hamburger Hafens Angela Titzrath

Fünf Wochen vor der US-Präsidentenwahl streiken seit Dienstag Hafenarbeiter in vielen Häfen an der US-Ostküste. Sie könnten damit nicht nur den Handel der USA, sondern auch den Welthandel massiv beeinträchtigen. Über die Ostküsten-Häfen wird rund die Hälfte des Containerumschlags im US-Außenhandel abgewickelt. Die Mitglieder der streikenden Gewerkschaft „International Longshoremen’s Association“ (ILA) beladen und entladen Schiffe und sind für die Wartung der Hafentechnik zuständig. 

Die Gewerkschaft verweist auf die Milliardenprofite in der Containerschifffahrt. Dem „Wall Street Journal“ zufolge verlangt sie in den Verhandlungen ein Einkommensplus von 77 Prozent über eine Laufzeit von vier Jahren. Eine weitere zentrale Forderung ist der Schutzmaßnahmen gegen Automatisierungen, die zu Jobverlusten führen könnten. Kurz vor dem Streik haben die Arbeitgeber ein Angebot mit einer Lohnerhöhung von nahezu 50 Prozent vorgelegt, doch auch das konnte den Streik nicht abwenden. Sogar das Weiße Haus drängte die Gewerkschaft und die Arbeitgeber-Vertretung USMX, zu einer Einigung zu kommen.

Das hat vor allem mit der enormen Bedeutung der Häfen für die US-Wirtschaft zu tun: Nach Schätzungen der Analysten von J.P. Morgan könnte der Streik die amerikanische Wirtschaft täglich etwa 5 Mrd. US-Dollar kosten. „Die Gewerkschaft hat das ganze Land in der Hand“, sagte Steve Hughes, Chef von HCS International, eine Firma, die auf die Beschaffung und Verschiffung von Autos spezialisiert ist. „Ich habe wirklich Angst, dass es hässlich wird.“

Angela Titzrath: „Weltweit haben Hafenarbeiter traditionell eine starke Position“

Auch außerhalb der USA könnte der Streik spürbar werden. Im Gespräch mit Capital sagte Angela Titzrath, Chefin des Logistikkonzerns Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA): „Solche Streiks können zu Hafenstaus führen – einerseits, weil sich Schiffe vor dem Hafen stauen, andererseits weil die Güter ins Hinterland nicht abtransportiert werden – was fast noch schlimmer ist.“ So könnten die Lieferketten verstopft werden. „Während der Pandemie hat beispielsweise die zweitägige Schließung eines Hafens in China einen Stau nach sich gezogen, der erst nach drei bis vier Monaten aufgelöst war“, erinnerte sie sich. 

Das hätte auch für die deutsche Logistik enorme Auswirkungen. „Für uns könnte das bedeuten, dass die Schiffe, die über die USA kommen, bei uns mit einer Verzögerung von zwei bis drei Wochen einträfen“, sagte Titzrath. Sie ist besorgt, dass es dadurch zu einem Stau von Ladung und Schiffen im Hamburger Hafen kommt. „Die Wege auf den Terminals würden länger, die Containertürme höher und die Kapazitäten schlicht ausgeschöpft.“ 

Eine Überraschung war der Streik für Titzrath aber nicht, schon seit längerem habe sie eine „aggressive Streik-Situation in den USA“ erwartet. „Wir schauen darauf mit einer gewissen Besorgnis, weil wir leider davon ausgehen müssen, dass es sich nicht nur um ein paar Tage handelt, sondern dass der Streik länger dauern könnte“, sagte sie. „Weltweit haben Hafenarbeiter traditionell eine starke Position, weil sie 365 Tage rund um die Uhr den Umschlag am Laufen halten und damit gute Argumente gegenüber den Arbeitgebern haben.“ Durchaus wahrscheinlich also, dass dieser Streik noch lange Thema bleibt – weltweit.

Mit dpa/rts

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