Als im Frühsommer dieses Jahres die Debatte über Sanktionen gegen Russland heiß lief, eröffnete in der russischen Hauptstadt eine Ausstellung: 50 Jahre James Bond. Wie passend: Liebesgrüße von London nach Moskau.
Die Ausstellung ist Bestandteil des Britisch-Russischen Jahres der Kultur 2014. Es stellt nach offiziellem Bekunden das „größte Programm britischer Kulturprojekte dar, das es je in Russland gab und eine nie da gewesene Präsentation russischer Kultur im Vereinigten Königreich“. Gut ein Jahr zuvor hatten der britische Außenminister William Hague und sein russischer Amtskollege Sergej Lawrow die Vereinbarung in einer feierlichen Zeremonie unterzeichnet. 250 kulturelle Veranstaltungen waren geplant.
Heute würden die Briten davon lieber nichts mehr wissen. Zwar wurde der Kulturaustausch nicht abgesagt. Doch nach Berichten der britischen Presse boykottieren die Kabinettsmitglieder und andere hochrangige Regierungsmitglieder die Veranstaltungen. Die Polen sind noch weitergegangen: Sie haben das für 2015 mit Russland geplante Jahr der Kultur nach dem Abschuss der ukrainischen Passagiermaschine im Juli abgesagt.
Man kann es EU-Politikern nicht verdenken, dass sie derzeit nicht besonders auf Gelegenheiten erpicht sind, mit ihren russischen Amtskollegen vor der Kamera zu posieren. Trotzdem ist das Signal des Kulturboykotts falsch. Denn unzählige Organisationen stehen derzeit vor der gleichen Frage: Wie gehen wir mit unseren russischen Partnern um? Soll Hamburg die Städtepartnerschaft mit St. Petersburg lösen? Soll Lüdenscheid keine Berufsschüler mehr nach Rostow am Don schicken? Gerade zwischen Deutschland und Russland gibt es unzählige kulturelle Beziehungen und Projekte.
Bitte keine Erzfeindschaft
Einige Künstler haben angekündigt, nicht mehr nach Russland zu reisen, um damit ein Zeichen gegen homophobe Gesetzgebung zu setzen. Das ist ihr gutes Recht. Jeder Bürger und jeder Konsument kann selbst entscheiden, wohin er reist und wofür er sein Geld ausgibt.
Die Regierungen aber sollten unterscheiden: Sanktionen sind ein politisches Instrument und keine moralische Symbolhandlung. Ihr Sinn ist es, den Kreml zur Korrektur eines Fehlverhaltens – der Intervention in der Ukraine – zu bewegen. Wenn die Rede von „Sanktionen gegen Russland“ ist, ist das verkürzt: Es geht um Sanktionen gegen die gegenwärtige Politik der gegenwärtigen russischen Regierung.
Das ist ein wichtiger Unterschied. Die Russen sind nicht unsere Feinde, sie sind nicht die schlechteren Menschen. Nicht ohne Grund sind Sanktionen immer möglichst eng auf diejenigen zugeschnitten, denen ein Fehlverhalten direkt zurechenbar ist. „Erzfeindschaften“ zwischen Staaten oder deren Bevölkerungen sollte es nicht geben. Kulturaustausch ist ein entscheidender Faktor, um dem Entstehen solcher Feindschaften vorzubeugen.
Der Wind kann schnell drehen
Das Beispiel Iran zeigt, wie schnell aus „Gegnern“ wieder Partner werden können. Während der Regierung von Ahmadinedschad schien der Atomstreit unlösbar. Seit dem Wahlsieg seines Nachfolgers Rohani sieht das ganz anders aus. Eine Lösung scheint nun denkbar.
Irgendwann einmal wird ein britischer Premierminister seinen russischen Amtskollegen wieder feierlich in London empfangen und von den hervorragenden bilateralen Beziehungen schwärmen. Beide Seiten werden dann froh sein, wenn der kulturelle Dialog in den Jahren zuvor nicht abgebrochen ist.