Die AfD liegt in den Wahlprognosen in Thüringen und Sachsen jeweils bei um die 30 Prozent. Am Sonntag wird in beiden Bundesländern gewählt. Nun positionieren sich einige Unternehmen und Wirtschaftsvertreter sehr eindeutig zur Partei und deren Spitzenpersonal.
Diese Unternehmen positionieren sich gegen die AfD
„Warum bei Edeka Blau nicht zur Wahl steht“ – mit diesem Slogan wirbt der Supermarktriese Edeka wenige Tage vor den Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen mit großen Anzeigen in Zeitungen und online. In der Anzeige sind zahlreiche Obst- und Gemüsesorten wie Gurken, Brokkoli, Bananen, Kirschen und Erdbeeren abgebildet. „In der Obst- und Gemüseabteilung herrscht die bunte Vielfalt“, steht im Text. „Die Evolution hat uns gelehrt: Blau ist keine gute Wahl“, heißt es. „In Deutschland sind die Blauen schon heute die größte Bedrohung einer vielfältigen Gesellschaft.“
Reinhold Würth sorgte für Aufruhr, als er seinen Mitarbeitern im Frühjahr in einem Brief davon abriet, die AfD zu wählen. Gegenüber Capital erneuerte er seine Positionierung Mitte August: „Selbst wenn die AfD in einem Bundesland in die Regierung käme, würden die Leute merken, dass die AfD von dem, was sie verspricht, wenig halten kann.“ Er bezog sich auf den AfD-Landrat in Sonneberg, der im Wahlkreis wenig bewirke und kommentierte: „Damit ist schon ein kleines bisschen Schmelz ab.“ Die Wahlergebnisse in Frankreich bestärkten ihn in seinem Optimismus, „dass die Demokratie stärker ist, als man sich das vorgestellt hat.“
Der Handelsverband Deutschland (HDE) meldete sich in dieser Woche ebenfalls öffentlich zu Wort. Präsident Alexander von Preen rief zur Wahl demokratischer Parteien auf. „Ich kann nur alle Akteure davor warnen, die gesellschaftlichen Spielregeln in Richtung Ausgrenzung und Hass zu verschieben. Das führt Gesellschaft und Wirtschaft nicht in eine positive Zukunft, sondern in eine Sackgasse“, sagte er. Von Preen ist außerdem Vorstandsvorsitzender beim Sportfachhändler Intersport. Im Einzelhandel sind laut HDE zurzeit etwa 120.000 Stellen unbesetzt. „Woher sollen die Menschen denn alle kommen, wenn Politiker an das Ruder gelangen, die auf Ausgrenzung und Abschottung setzen?“, so von Preen.
Vor den Wahlen haben sich über 40 Unternehmen unter dem Motto „Made in Germany, made by Vielfalt“ zusammen getan, um sich für eine „pluralistische, offene, europäisch orientierte Gesellschaft“ stark zu machen. Mit dabei unter anderem: das Pharmaunternehmen Boehringer Ingelheim. Björn Höcke, AfD-Spitzenkandidat in Thüringen, reagierte bei einem Wahlkampfauftritt in Sömmerda auf die Kampagne. Höcke hatte am Wochenende bei einem Wahlkampfauftritt in Sömmerda eine Gruppe von Familienunternehmen scharf kritisiert, die eine Kampagne „Made in Germany – Made by Vielfalt“ gestartet hatte. Sie soll sich für demokratische Werte und gegen Populismus und Fremdenfeindlichkeit einsetzen. Sie sei „pure Heuchelei“, sagte Höcke dazu. „Ich hoffe, dass diese Unternehmen in schwere, schwere wirtschaftliche Turbulenzen kommen.“ Unternehmen sollten „die Klappe halten“, wenn es um Politik gehe.
Initiiert hat die Kampagne Timm Mittelsten Scheid, Gesellschafter beim Haushaltsgeräter-Hersteller Vorwerk. Er schreibt auf der Webseite: „Mit der Initiative deutscher Familienunternehmen möchten wir Impulse setzen und mehr Unternehmen dazu motivieren, Haltung zu zeigen und dabei die Belegschaft mitzunehmen. Dafür müssen wir in den Dialog treten und unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von der Bedeutung ihres demokratischen Engagements überzeugen.“ Mit der Aktion wolle er weitere Unternehmen motivieren, Haltung zu zeigen. „Gerade in krisenhaften Zeiten ist es wichtig, dass sich Unternehmen engagieren“, sagt er.
Auch die Drogeriekette Rossmann gehört zu den Erstunterzeichnern der Kampagne. Im April sagte der Geschäftsführer Raoul Roßmann im Interview mit der „Neuen Osnabrücker Zeitung“: „Der Rechtsruck, den wir erleben, verunsichert gerade Menschen mit Migrationshintergrund enorm. Das darf nicht sein.“ Er sei gemeinsam mit seinen Eltern, sein Vater Dirk Roßmann ist der Firmengründer, bei Demonstrationen gegen die AfD mitgelaufen. Auch seine Mitarbeiter hätten eine öffentliche Positionierung vom Unternehmen erwartet.
Kritik an der AfD äußerte auch der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), Siegfried Russwurm. Er fürchte, die aggressive Ausländerfeindlichkeit der AfD werde das bestehende Problem des Fachkräftemangels in Deutschland verschärfen, sagte er der „Welt“. Er reagierte auch auf Höckes Bemerkungen zu der Unternehmenskampagne. Sie würden zeigen, „dass eine Regierungsbeteiligung der AfD Wirtschaft und Wohlstand in Ostdeutschland massiv schaden würde“, betonte er. Die Partei stelle sich zu Unrecht als Stimme der mittelständischen Wirtschaft am Ort dar.
Und auch Marie Christine Ostermann, Präsidentin von „Die Familienunternehmer“, reagiert auf AfD-Spitzenkandidat Höcke. In einem Gastbeitrag für das „Handelsblatt“ schreibt sie: „Wir lassen uns nicht den Mund verbieten!“ Familienunternehmen seien in der Heimat verwurzelt und engagierten sich vor Ort. „Wie unpatriotisch muss Björn Höcke sein – und das, obwohl sich die AfD gern als patriotische Partei schmückt –, wenn er Familienunternehmen, dem Rückgrat der deutschen Wirtschaft, den wirtschaftlichen Niedergang wünscht“, schreibt sie. Und weiter: „Thüringen und Sachsen stehen bei diesen Landtagswahlen an der Abbruchkante zur wirtschaftlichen Katastrophe.“ Ohne Zuwanderung könnten die wegfallenden Arbeitskräfte nicht ersetzt werden – und ausländische Fachkräfte würden abgeschreckt von den „ausländerfeindlichen Parolen der AfD“.