Angesichts des stockenden Neubaus von Solaranlagen erwartet die Branche eine Zunahme an Firmenpleiten. „In den kommenden Monaten wird sich die bereits begonnene Marktbereinigung fortsetzen“, sagte Peter Knuth, Vorsitzender des Bundesverbands des Solarhandwerks (BDSH), der Installationsfirmen vertritt. „Vor allem jene Anbieter, die ihre Kostenstrukturen nicht schnell genug an die neue Marktrealität anpassen können, werden verschwinden“, so Knuth zu Capital.
Nachdem der Strompreisschock infolge des Ukrainekriegs ab 2022 einen Boom bei neuen Solaranlagen ausgelöst und viele neue Anbieter angelockt hatte, hat sich die Nachfrage zuletzt merklich abgekühlt. Im ersten Halbjahr 2025 gingen Photovoltaikanlagen mit einer Leistung von knapp 7,1 Gigawatt neu ans Netz – fast 15 Prozent weniger als im Vorjahr. Besonders groß ist der Einbruch trotz gesunkener Preise für die Komponenten im Segment der Dachanlagen für private Hauseigentümer bis zehn Kilowatt. Hier ging die neu installierte Leistung im ersten Halbjahr 2025 im Vergleich zu 2024 um mehr als 50 Prozent zurück.
Im vergangenen Jahr hatte die Solarenergie mit einem Gesamtzubau von mehr als 16 Gigawatt noch einen Rekordwert erreicht. Doch schon während des Jahres verschoben sich die Gewichte zwischen den Marktsegmenten: Während private Dachanlagen schlechter liefen, legten große Freiflächen-Solarparks zu. Anhaltend gut laufen auch kleine Balkonkraftwerke, die sich leicht installieren lassen.
Eigensonne, Envoltec, Enersol: alle insolvent
Schon im vergangenen Jahr kam es deshalb bei Installationsfirmen von Dachanlagen zu Insolvenzen. Im April 2024 ging das Berliner Unternehmen Eigensonne in die Pleite. Firmen wie Envoltec und Enersol folgten. Solar-Start-ups wie Zolar und Otovo mussten harte Restrukturierungen einleiten und massiv Jobs streichen.
Große Hoffnung, dass sich die Lage bald stabilisiert, hat BDSH-Chef Knuth nicht – obwohl manche Maßnahmen der neuen Bundesregierung zur Investitionsförderung auch bei der Anschaffung von Solaranlagen greifen. Seinen rund 50 Mitgliedsunternehmen hat der Verband empfohlen, nicht groß zu investieren und die Mitarbeiterzahl maximal stabil zu halten, um die Unternehmen über Wasser zu halten. Das Jahr 2025 könne die Solarbranche „abhaken“, sagte Knuth, der Chef der Regensburger Fachbetriebskette Enerix ist. Viele Firmen hoffen daher verstärkt auf Aufträge für Wärmepumpen und Haus-Energiesysteme. Der reine Verkauf von Photovoltaikanlagen reiche nicht mehr aus, sagte Knuth.
Einbruch beim Solaranlagen-Zubau ab März
Aus Daten der Bundesnetzagentur geht hervor, wie der PV-Zubau nach einem ordentlichen Start ins Jahr absackte. Im Januar und Februar lag die neu installierte Gesamtleistung noch bei 1483 beziehungsweise 1771 Megawatt. In den weiteren Monaten waren es mit Ausnahme des Mai nur noch weniger als 1000 Megawatt. Als einen der Gründe für den Einbruch machte Knuth ein noch von der Ampelregierung zusammen mit der Union im Februar verabschiedetes Gesetz aus, wonach Anlagenbesitzer bei einer Überlastung der Netze wegen hoher Erneuerbaren-Einspeisung zeitweise keine Förderung erhalten. Für zusätzliche Verunsicherung sorgen könnte auch der jüngste Vorstoß von Energieministerin Katherina Reiche (CDU), für neue Solaranlagen künftig die Einspeisevergütung zu streichen.
Wegen des schwächelnden Ausbaus droht aber nicht nur Ungemach für die Solarbranche, sondern auch für die bestehenden Ausbauziele der Bundesregierung. Ende Juni lag die installierte PV-Leistung in Deutschland bei rund 107 Gigawatt. Nach der aktuellen Fassung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes soll diese bis Ende 2030 auf 215 Gigawatt steigen. Als Zwischenziel für Ende 2026 sind 128 Gigawatt festgeschrieben. In den vergangenen Monaten lag der Zubau allerdings deutlich unter dem dafür nötigen Ausbaupfad.