Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) allein erlaubt kein Urteil darüber, wie wettbewerbsfähig eine Volkswirtschaft wirklich ist. Die private Wirtschaftshochschule IMD aus Lausanne erstellt nach eigenen Angaben seit 36 Jahren ein Ranking der Wettbewerbsfähigkeit. Dafür wurden 2024 weltweit 67 Volkswirtschaften analysiert.
Das Ergebnis des „World Competitiveness Rankings“ (WCR) basiert laut IMD zu zwei Drittel auf statistischen Daten. In diesem Jahr waren dies 164 Kriterien. Außerdem wurde die Wettbewerbsfähigkeit der Länder anhand der Einschätzungen von 6612 Experten ermittelt. Sie wurden von Februar bis Mai 2024 zu 92 Kriterien befragt.
Wie Wettbewerbsfähigkeit gemessen wird
Alle Fragen und Daten fielen in vier Hauptkategorien:
- Wirtschaftliche Leistung (zum Beispiel nationale Wirtschaft, internationaler Handel, Beschäftigung, internationale Investitionen, Preisniveau)
- Regierungseffizienz (Steuerpolitik, öffentliche Finanzen, Sozialstaat)
- Wirtschaftseffizienz (Produktivität, Werte, Arbeitsmarkt)
- Infrastraktur (auch: Bildung, Gesundheit, Umwelt, Forschung).
Dies sind laut dem Ranking die wettbewerbsfähigsten Länder der Welt.
Wettbewerbsfähigkeit: So schneidet Deutschland ab
Geht es um die Wettbewerbsfähigkeit, ist Frankreich nach Ansicht der Schweizer Experten lediglich Mittelmaß. Nach Platz 32 im Jahr 2020 gelang 2022 der Aufstieg auf Rang 28. Doch im Folgejahr fiel das Land bereits wieder auf den 33. Platz. Nun konnte Frankreich zumindest Platz 31 für sich beanspruchen. Dahinter steckten leichte Zuwächse auf niedrigem Niveau in den beiden Effizienz-Kategorien: Platz 43 für die Regierung und Platz 32 für die Wirtschaft. Seit Jahren stetig abwärts geht es in Frankreich laut dem Ranking hingegen bei der Infrastruktur, wo mit Platz 21 das beste Ergebnis in einer der Hauptkategorien gelang. Platz 20 bei der wirtschaftlichen Leistung (Vorjahr: Platz 24) rundete das mittelmäßige Bild ab.
Für das Vereinigte Königreich reichte es im Ranking der wettbewerbsfähigsten Nationen ebenfalls erneut nur für einen Platz im Mittelfeld. Es konnte sich zwar leicht vom 29. auf den 28. Platz verbessern. Dafür attestierten die Experten dem Land in allen der vier Hauptkategorien seit dem Brexit 2020 einen deutlichen Abwärtstrend. Am stärksten fiel er bei der Infrastruktur aus, wo sich das Vereinigte Königreich vom zwölften auf den 22. Platz verschlechterte. Deutschland stieg ebenfalls ab, wenn auch nicht so stark.
Deutschland gilt als drittgrößte Volkswirtschaft der Welt. Gemessen an der Wettbewerbsfähigkeit aber sahen die Analysten die Bundesrepublik zuletzt nur auf dem 24. Platz – zwei Ränge schlechter als im Vorjahr, als der Abwärtstrend einsetzte. 2021 und 2022 hatte Deutschland noch auf dem 15. Platz gelegen. Am besten schnitt die Bundesrepublik im Ranking bei der wirtschaftlichen Leistung ab. Mit Platz 13 lag sie jedoch zehn Ränge unter dem Ergebnis von 2021. Leicht überdurchschnittlich war das Ergebnis noch bei der Infrastruktur (Platz 20). Die schlechtesten Noten gab es für die Effizienz in der Regierung (Platz 32) und Wirtschaft (Platz 35).
Nur ein Land der Top 20 der wettbewerbsfähigsten Länder der Welt konnte 2024 Chinas Aufstieg toppen. Das gelang der Republik Korea, das im Ranking von IMD vom 28. auf den 20. Platz stieg. Auch China enterte die Top 20. Es verbesserte sich vom 21. auf den 14. Platz und übertraf damit die Ergebnisse der Vorjahre (2022: Platz 17, 2021: Platz 16, 2020: Platz 20). Besser konnte China aber nur in einer der Hauptkategorien abschneiden und zwar dank Platz 15 für die Infrastruktur. Platz sechs für die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit war das beste Einzelergebnis, blieb jedoch hinter den vierten Plätzen der Jahre 2021 und 2022 zurück. Festland-China war laut dem Ranking zudem lediglich die Nummer vier in Asien. Davor lagen Taiwan (Platz acht), Hongkong (Platz fünf) und der Spitzenreiter dieser Liste.
Die USA gehören laut der Analyse nicht länger zu den zehn wettbewerbsfähigsten Ländern der Welt. Sie stiegen im Ranking vom neunten auf den zwölften Platz ab. Von 2020 bis 2022 hatten die Vereinigten Staaten auf Rang zehn gelegen. Bei der wirtschaftlichen Leistung verbesserten sie sich zwar vom zweiten auf den ersten Platz. Einen Platz nach unten auf den siebten Rang ging es bei der Infrastruktur. In puncto Regierungseffizienz attestierten die Experten den USA hingegen eine signifikante Verschlechterung vom 25. auf den 34. Platz. Fünf Plätze bergab auf Rang 19 ging es bei der Wirtschaftseffizienz.
Dänemarks Run ist gebrochen. Die Experten von IMD hatten das skandinavische Land 2022 und 2023 zum wettbewerbsfähigsten Staat der Welt erklärt. 2024 aber reichte es nur noch für den dritten Rang. Dafür war allein eine Herabstufung bei der wirtschaftlichen Leistung verantwortlich. Dänemark rutschte hier laut der Analyse vom 15. auf den 22. Platz ab. In den übrigen drei Hauptkategorien blieb es bei den Vorjahresplatzierungen. Hervorzuheben ist dabei der erste Platz bei der Wirtschaftseffizienz, den Dänemark durchgehend seit mindestens 2020 erringen konnte (so weit reichte die Übersicht im Online-Profil).
Die Schweiz war 2021 zur wettbewerbsfähigsten Nation der Welt gekürt worden. Seitdem ging es für das wohlhabende Land jedes Jahr einen Platz nach unten. Nun konnte der Abwärtstrend umgekehrt werden. Die Schweiz verbesserte sich im IMD-Ranking vom dritten auf den zweiten Platz. Bei der effizienten Regierung hielt die Schweiz den ersten Platz der beiden Vorjahre. Im Bereich „Infrastruktur“ ging Rang eins sogar das vierte Jahr in Folge an die Alpenrepublik. Sie verbesserte sich insbesondere bei der wirtschaftlichen Performance (vom 18. auf den zwölften Rang).
Kein Land der Welt ist laut der Analyse wettbewerbsfähiger als Singapur. Die asiatische Finanzmetropole schob sich vom vierten Platz an die Spitze des Rankings. Dort hatte Singapur zuletzt 2020 rangiert. Der Stadtstaat verbesserte sich nach Ansicht der Experten insbesondere mit den zweiten Plätzen in den Kategorien „Business Efficiency“ (von Platz acht) und „Government Efficency“ (von Platz sieben). Beim Schwachpunkt Infrastruktur gelang der Sprung vom neunten auf den vierten Platz. Bei der ohnehin starken wirtschaftlichen Leistung hielt Singapur den dritten Platz des Vorjahres. Neues Schlusslicht der 67 untersuchten Länder war Venezuela.