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Mikrokredite-Erfinder Wer ist Bangladeschs neuer Ministerpräsident Yunus?

Nobelpreisträger Muhammad Yunus
Nobelpreisträger Muhammad Yunus ist Chef der Übergangsregierung in Bangladesch
© ASSOCIATED PRESS | Michel Euler / Picture Alliance
Der 84-jährige Friedensnobelpreisträger Muhammad Yunus hat nach den Unruhen in Bangladesch das Amt des Regierungschefs übernommen. Wofür der Unternehmer steht

Nach wochenlangen Unruhen in Bangladesch mit vielen Toten und der Flucht der autoritären Ministerpräsidentin Sheikh Hasina, soll der Friedensnobelpreisträger Muhammad Yunus dem Land wieder Ruhe bringen. Der als „Bankier der Armen“ bekannte 84-Jährige wurde mit dem Rückhalt des mächtigen Militärs vergangenen Donnerstag als Übergangsregierungschef vereidigt. Yunus ist der Wunschkandidat der Protestbewegung gegen die Regierung und soll den Weg für Neuwahlen ebnen. 

Yunus ist Wirtschaftsexperte

Auf dem Wirtschaftsfachmann Yunus – ein entschiedener Kritiker Hasinas – liegen die Hoffnungen, das Land mit seinen mehr als 170 Millionen Einwohnern aus der Krise führen zu können. Bangladesch könne das Versprechen einer Wiedergeburt erfüllen, meinte Yunus nach seiner Ankunft am Flughafen der Hauptstadt Dhaka, wo ihn Armeechef Waker-uz-Zaman sowie Anführer der Studentenproteste empfangen hatten. Es gebe die Hoffnung, dass die Jugend das Land aufbauen könne. „Bangladesch kann ein wunderbares Land sein.“ Seinen Landsleuten rief er zu, die Nation müsse vor Gewalt bewahrt werden.

Saskia Bruysten, eine langjährige Freundin von Yunus und Mitgründerin des Yunus Social Business (YSB), sagte Capital: „Er hat eine ganz klare Agenda und die ist, dass es diesem Land besser geht.“

Yunus wurde 1940 als drittes von 14 Kindern geboren. Der promovierte Volkswirt ist der Erfinder der Mikrokredite. Mit seiner in den 1980er Jahren gegründeten Grameen-Bank vergab er kleine Darlehen an arme Menschen, die andernfalls keine normalen Bankkredite erhalten hätten. Damit konnten sie sich selbstständig machen und aus der Armut befreien. Überall auf der Welt fand er Nachahmer: Als Yunus im Jahr 2006 den Friedensnobelpreis erhielt, gab es Kleinkreditgeber in mehr als 100 Ländern.  

Vision der drei Nullen

Yunus ist weit davon entfernt, ein typischer Politiker zu sein. Er repräsentiert keine Partei, ebenso wenig strebt er ein neues Amt an. Aber, so Bruysten, er hatte schon immer eine Vision und als Regierungschef nun die Chance, diese stark voranzutreiben. Konkret spricht Yunus vom Ziel einer „Welt der drei Nullen": Null Armut, null Vermögenskonzentration und null Netto-CO2-Emissionen. 

Viel Zeit, seine Ziele umzusetzen, bleibt ihm als Chef der Übergangsregierung vermutlich nicht. Wann die Neuwahlen stattfinden, ist zwar noch offen. Es könnte jedoch sein, dass die Bangladesh Nationalist Party – die zweite große Partei neben der Awami-Liga Hasinas – auf zügige Neuwahlen dringt. Trotzdem liegen große Hoffnungen auf ihm. „Kann ein einzelner mit seinem Team so viel verändern in so kurzer Zeit? Da mache ich mir riesige Sorgen", so Bruysten. Sie sieht eine Gefahr in der hohen Erwartungshaltung: „Du brauchst das ganze Land, das da mitmacht.“ Zumindest auf die Unterstützung der jungen Leute kann Yunus setzen. Bei ihnen sei der 84-jährige sehr beliebt, berichtet Bruysten. „Er sagt immer wieder: diese Generation ist die stärkste Generation, die es je gab – und das glauben ihm die jungen Leute.“

EU erfreut über seine Ernennung

Nach den wochenlangen Unruhen in Bangladesch begrüßt die Europäische Union den Antritt der Übergangsregierung in dem Land unter Führung von Yunus. Die neue Regierung habe die wichtige Aufgabe, den Weg für demokratische Wahlen zu ebnen, hieß es in einer Mitteilung des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell.

Auch müsse gewährleistet werden, dass „die Verantwortung für die Toten und die Gewalt, die stattgefunden hat“ übernommen werde. „Dies ist ein wichtiger Moment für den demokratischen Weg des Landes und die Erfüllung der Bestrebungen des Volkes von Bangladesch und seiner Jugend.“

Mit dpa

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