Der Hamburger Wind- und Solarpark-Betreiber Encavis steht vor dem Verkauf an Finanzinvestoren. Zu dem Konsortium, das 2,8 Milliarden Euro für Encavis bietet, gehört neben der Beteiligungsgesellschaft KKR die Familie Viessmann, die nach dem Verkauf ihres Heiztechnik-Geschäfts Milliarden in die Energiewende investieren will.
Mit den neuen Aktionären und deren frischem Geld soll Encavis seine Projekte beschleunigen: „Das Konsortium plant, die Projektpipeline zu stärken, die Kapazitäten auszubauen und die Präsenz in den Kernmärkten auszuweiten“, erklärte KKR am Donnerstag. Neues Ziel ist ein Ausbau der Erzeugungskapazität bis 2027 von 2,2 auf sieben Gigawatt (GW). Bisher hatte sich Encavis 5,8 GW vorgenommen.
Die Encavis-Aktie schnellte um 26 Prozent auf 16,92 Euro, blieb damit aber unter den 17,50 Euro, die KKR bietet.
Vorstand und Aufsichtsrat von Encavis stellten sich hinter den Verkauf, nach dem die im Nebenwerteindex MDax gelistete Firma von der Börse genommen werden soll. „Encavis hat sich in den vergangenen Jahren zu einem der führenden unabhängigen Stromerzeuger in Europa entwickelt und hat große Ambitionen, diesen Wachstumspfad weiter zu verfolgen“, sagte Vorstandssprecher Christoph Husmann.
Mit dem Einstieg von KKR „heben wir unser Geschäft auf die nächste Stufe, um mit den großen europäischen Akteuren im Markt zu konkurrieren.“ Auch die sechs Großaktionäre von Encavis rund um den Hamburger Milliardär Albert Büll und dessen Abacon-Holding wollen dabeibleiben.
Mit ihren Anteilen hat KKR bereits 31 Prozent der Anteile sicher, Ziel sind mindestens 54,3 Prozent, damit der Investor auch einschließlich einer Wandelanleihe sicher auf mehr als 50 Prozent kommt. Einen Teil des Erlöses wollen die Großaktionäre wieder in das Unternehmen investieren. „Encavis hat großes Potenzial. Dazu sind starke Partner nötig - und die haben wir jetzt gefunden“, sagte Abacon-Chef Tobias Krauss. Der Encavis-Vorstand soll an Bord bleiben, die Verträge wurden bis 2029 verlängert.
Viessmann werde nach der Übernahme eine „signifikante Minderheitsbeteiligung halten“, hieß es in einer Mitteilung. Das hessische Familienunternehmen hatte sein Kerngeschäft für zwölf Milliarden Euro an den US-Konkurrenten Carrier Global verkauft. Vorstandschef Max Viessmann hat sich Investitionen in die „grüne Energiewende“ auf die Fahnen geschrieben - Encavis ist das erste große Engagement.
Encavis kämpft mit sinkenden Strompreisen
Encavis hatte in der vergangenen Woche Kontakte zu KKR bestätigt, sich aber noch reseviert gezeigt. Die Offerte liegt mit 17,50 Euro je Aktie 30 Prozent über dem Schlusskurs im Xetra-Handel vom Mittwoch. Vor Bekanntwerden des geplanten Einstiegs von KKR hatte sie bei 11,35 Euro gelegen, nachdem die Encavis-Aktien im Februar auf den tiefsten Stand seit fast vier Jahren gefallen waren.
Denn das Unternehmen kämpft mit den sinkenden Strompreisen. Encavis betreibt 40 Windparks an Land und 190 Solarparks in ganz Europa. Über eine italienische Tochter baut und wartet das Unternehmen auch Wind- und Solarparks. Im vergangenen Jahr ging der Umsatz auf 449,1 (2022: 460) Millionen Euro zurück, das operative Ergebnis (Ebitda) bröckelte auf 319,2 (350) Millionen Euro ab, übertraf damit aber die eigenen Erwartungen leicht. Für 2024 geht Encavis von operativen Umsatzerlösen von mehr als 460 Millionen Euro und einem Ebitda von mehr als 300 Millionen aus.