Anzeige

Exklusiv Studie: Energieriesen investieren falsch

Trotz Klimawandel suchen die Energieriesen nach neuen Öl- und Gasfeldern. Investoren sehen Milliardenrisiken. Von Claus Hecking

Die Investitionspläne der größten Öl- und Gaskonzerne der Welt stehen in krassem Widerspruch zum Ziel der internationalen Staatengemeinschaft, den Klimawandel einzudämmen. Laut einer Studie des Analysehauses Carbon Tracker im Auftrag von fünf führenden institutionellen europäischen Investoren planen die Energiemultis Explorationsprojekte im Wert von 2300 Mrd. US-Dollar, die ökonomisch sinnlos sind - oder gar nicht realisiert werden können, wenn der Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur auf zwei Grad begrenzt werden soll. In der Studie “2 Degrees of Separation”, die an diesem Mittwoch veröffentlicht werden soll und Capital vorab vorliegt, untersuchten die Carbon-Tracker-Analysten die Investitionspläne der 68 größten börsennotierten Unternehmen der Welt und des Staatskonzerns Saudi Aramco, der Anfang 2018 an die Börse gehen soll. Grundannahme der Studie sind Berechnungen der Internationalen Energieagentur, wonach bei der Verfeuerung von Erdöl und Erdgas bis 2035 nur noch höchstens 320 Milliarden Tonnen CO2 ausgestoßen werden dürfen, um das 2-Grad-Klimaziel zu erreichen.

Überflüssig und zu teuer


Insgesamt planen die Energiekonzerne für die kommenden Jahre Investments zur Erschließung von Öl- und Gasreserven in Höhe von 7200 Milliarden US-Dollar. Laut der Studie ist aber fast ein Drittel dieser Projekte angesichts der möglichen Begrenzung des CO2-Ausstoßes überflüssig oder mit so hohen Kosten verbunden, dass sie sich nicht rentieren. Ohnehin sei fraglich, argumentieren die Autoren, welchen ökonomischen Sinn heute noch manche Monsterprojekte machten - wie etwa die zweite Phase des kasachischen Feld Kashagan, die sich erst bei Preisen ab 110 US-Dollar je Fass rechne. Zurzeit liegt der Rohölpreis nicht einmal halb so hoch. An Kashagan sind der weltgrößte private Ölkonzern ExxonMobil sowie Shell, die französische Total sowie Eni aus Italien beteiligt. Auffallend groß ist der Anteil der riskanten Vorhaben beim Branchenriesen Exxon Mobil - mit mehr als 40 Prozent der gesamten geplanten Investitionen. Aber auch Shell, Chevron, Total and Eni kommen im so genannten “Stresstest” auf mehr als 30 Prozent. BP schneidet unter den größten sechs Multis am besten ab: mit rund 20 Prozent Hochrisikoanteil. Am größten sind laut Carbon Tracker die Gefahren für Kapitalgeber von einigen Unternehmen aus den USA und dem kanadischen Ölsandsektor, deren Risikoquote teils über der 60 Prozent-Marke liegt. “Der Report zeigt: Manche Öl- und Gasunternehmen sind bislang kaum auf das Zwei-Grad-Ziel ausgerichtet”, sagte Pelle Pedersen, Leiter “Responsible Investment” des dänischen Pensionsfonds PKA, im Gespräch mit Capital.de. PKA, Dänemarks viertgrößter Pensionsfonds, ist einer der Unterstützt der Analyse, zusammen mit drei der größten Pensionsfonds Frankreichs, Schwedens und der Niederlande sowie dem britischen Vermögensverwalter Legal & General Investment Management. Gemeinsam verfügen diese fünf Großanleger über mehr als 1200 Mrd. Euro. Sie haben die Studie weniger aus ökologischer Gesinnung als aus ökonomischem Interesse unterstützt, um mehr über die finanziellen Risiken für ihre eigenen Portfolios zu erfahren.

Investitionen in die "Welt von gestern"


“Es gibt viel Forschung über den Klimawandel selbst. Aber wir brauchen dringend mehr Wissen über die möglichen Auswirkungen der einhergehenden Veränderungen auf die Wirtschaft”, sagte Pedersen. Die Studie zeige, dass sich viele Unternehmen besser auf mögliche Begrenzungen durch den Klimawandel, die stetig wettbewerbsfähigeren erneuerbaren Energieträger und die Elektromobilität einstellen müssten. “Wir betrachten den Wandel als ernsthafte Bedrohung für viele dieser Unternehmen. Wir hoffen, dass sie dies begreifen und Teil der Lösung werden, anstatt in die Welt von gestern zu investieren.” Die Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten und seine Ankündigung, mit seinem Land aus dem Weltklimaabkommen von Paris austreten, werde die Entwicklung kaum beeinflussen, sagte Pedersen. Zu stark sei der Wille von US-Bundesstaaten und dem Rest der Welt; zu weit fortgeschritten der Aufstieg der Erneuerbaren Energien. PKA, das rund 36 Mrd. Euro verwaltet, hat 53 Unternehmen auf eine Art rote Liste gesetzt und investiert gar kein Geld mehr in sie.

Newsletter: „Capital- Die Woche“

Figure



Jeden Freitag lassen wir in unserem Newsletter „Capital – Die Woche“ für Sie die letzten sieben Tage aus Capital-Sicht Revue passieren. Sie finden in unserem Newsletter ausgewählte Kolumnen, Geldanlagetipps und Artikel von unserer Webseite, die wir für Sie zusammenstellen. „Capital – Die Woche“ können Sie hier bestellen:

Neueste Artikel