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Strafzölle Harley-Davidson kämpft im Handelskrieg an zwei Fronten

Der Handelskonflikt trifft Harley-Davidson hart
Der Handelskonflikt trifft Harley-Davidson hart
© dpa
Weil das US-Geschäft lahmt, ist Harley-Davidson zunehmend auf Auslandsmärkte angewiesen. Die Strafzölle treffen den Traditionshersteller im In- und Ausland hart

Auf dem Schlachtfeld des globalen Handelskriegs wird Harley-Davidson an zwei Fronten angegriffen. Durch die neuen US-Zölle auf Stahl und Aluminium steigen die Rohstoffkosten des Unternehmens in diesem Jahr um bis zu 20 Mio. Dollar. Und da andere Länder Vergeltungszölle verhängen, erhöhen sich die Kosten für den Export von Motorrädern in die wichtigsten Überseemärkte drastisch.

Das Unternehmen teilte am Montag mit, dass die in der vergangenen Woche verhängten EU-Zölle von 31 Prozent, die Kosten für jedes nach Europa gelieferte Motorrad um etwa 2200 Dollar erhöhen würde. Als Sofortmaßnahme will der Hersteller die Produktion von Motorrädern für den europäischen Markt dorthin verlagern.

Das ist eine teure Strategie, die jährliche Kosten von bis zu 100 Mio. Dollar verursacht - aber sie scheint notwendig. In Amerikas schrumpft der Kundenkreis für die Motorräder, weshalb die Käufer im Ausland wichtiger denn je sind für die 115 Jahre alte Hersteller-Ikone.

Auslandsmärkte werden wichtiger für Harley-Davidson

In den USA sind die gut betuchten Babyboomer in die Jahre gekommen, für die Harley-Davidson ein Statussymbol und die Eintrittskarte in die Freiheit waren. Jüngere zeigen weniger Interesse an den zweirädrigen Maschinen, die auch als „Geezer Glider“ bekannt sind – Motorräder für alte Knacker.

Hält diese Entwicklung im gleichen Tempo an, wird die Zahl der ausländischen Harley-Davidson-Käufer schon bald größer sein als die der US-amerikanischen. Im vergangenen Jahr verkaufte Harley mehr als 39 Prozent seiner Maschinen auf Märkten außerhalb der USA. Das ist ein rasanter Wandel für den Hersteller, der im Jahr 2004 noch vier von fünf Motorrädern in den USA verkaufte.

Infografik: Wo Harley Davidson seine Motorräder verkauft | Statista

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Internationale Märkte bieten große Chancen, sagt Harley-Davidson-COO Michelle Kumbier. Aber sie bringen weniger Gewinn ein, weil Europäer und Asiaten kleinere Motorräder mit weniger Zusatzausstattung bevorzugen. Für das Unternehmen sind das keine erfreulichen Aussichten zu einer Zeit, in der die operativen Margen voraussichtlich unter die Marke von zehn Prozent sinken werden.

Harley hat den Schritt zum Bau von Fabriken in Übersee gemacht, um Zölle in wachstumsstarken Märkten zu umgehen. In Ländern wie Indien und Thailand liegen diese bei bis zu 100 Prozent. Mittlerweile werden Motorräder der amerikanischen Markenikone auch in Indien und Brasilien produziert. Ein neues Werk in Thailand steht kurz vor dem Start.

Schwierigkeiten für US-Standorte

Auch in den USA produziert Harley für den Überseemarkt. Im Motorenwerk Menomonee Falls im US-Bundesstaat Wisconsin werden Milwaukee-Eight Big-Twin-Motoren für Motorradfabriken in den USA und für ausländische Standorte montiert. Die Zukunft des Werks hängt von der Fähigkeit des Unternehmens ab, Käufer für Harley-Davidson-Maschinen in anderen Teilen der Welt zu finden.

Andere Fabriken fallen der schrumpfenden Nachfrage nach Motorrädern in den USA zum Opfer. Der 50-jährige Dave Rogers, Vater von zwei Kindern, die aufs College gehen, wird seinen Job bei Harley-Davidson in Kansas City verlieren. Das Werk dort wird bald dichtgemacht. Rogers kam im April 2017 ins Unternehmen, „weil ich dachte, dass es der letzte Job ist, den ich annehmen muss“. Er geht davon aus, einen neuen Job zu finden, sobald seine Zeit bei Harley vorbei ist. Aber es wird schwer, eine ähnlich gut dotierte Stelle in der Produktion zu finden, wie ihn die alten gewerkschaftlich organisierten Hersteller bieten.

COO Kumbier sagt, der Handelskrieg quetsche Harley aus, weil die Preise für Stahl und Aluminium (aus denen Motorräder hauptsächlich bestehen) bereits im Vorgriff auf die Auswirkungen der möglichen Zölle gestiegen sind.

Der Anstieg der Rohstoffpreise könnte die Kosten jedes Motorrades, das 2018 ausgeliefert wird, um bis zu 86 Dollar erhöhen, wenngleich die Führungskräfte des Unternehmens nach Möglichkeiten suchen, die Auswirkungen abzumildern. Um die Zahl der potenziellen Harley-Kunden in den USA zu erhöhen, initiiert der Hersteller Fahrschulkurse für Motorradfahrer. Über solche Programme, die bei den Harley-Händlern angeboten werden, hofft man, eine neue Generation für das Motorrad zu gewinnen.

Außerdem will das Unternehmen ein E-Motorrad auf den Markt zu bringen, das einfacher zu fahren ist. Ja richtig gelesen: eine elektrische Harley. Niemand hat behauptet, dass die Rettung nicht demütigend sein wird.

Harley-Davidson musste sich schon in der Vergangenheit an schwierige Marktbedingungen anpassen. Um die Effizienz und die Margen zu steigern, verschlankte das Unternehmen vor einem Jahrzehnt Abteilungen, schloss überflüssige Standorte, automatisierte die Produktion weiter und führte ein System ein, um Mitarbeiter flexibel einsetzen zu können. In den 1980er-Jahren wurden angesichts der japanischen Konkurrenz schlanke Produktionstechniken und ein Managementstil übernommen, den Toyota populär gemacht hat.

Trump auf Reagans Spuren

Auch eine helfende Hand war zur Stelle. 1983 schlug Präsident Ronald Reagan eine Erhöhung der Zölle auf importierte Motorräder vor, um Honda, Kawasaki und andere ausländische Konkurrenten zu bekämpfen. Die japanischen Hersteller sollten so gezwungen werden, mehr Motorräder in den USA zu bauen. Die Zölle galten knapp fünf Jahre und stützten den amerikanischen Motorradsektor.

Präsident Donald Trump verwies bei seinem Treffen mit den Führungskräften des Unternehmens Anfang 2017 auf diese Schutzmaßnahmen und sagte, dass Reagan „hohe Zolltarife eingeführt hat, und Sie würden heute nicht für Harley-Davidson sprechen, wenn er das nicht getan hätte“. Dennoch könnten die Stahl- und Aluminiumtarife, die Trump zur Unterstützung der amerikanischen Hersteller eingeführt hat, einem der Hauptakteure schaden, dem er eigentlich damit helfen wollte.

Diejenigen, die von den Handelsschranken profitieren sollen, könnten letztendlich durch sie umkommen. Kumbier erinnert daran, dass aktuell immer noch nach dem Motto „Wie Du mir, so ich Dir“ verfahren wird. „Wir hoffen, dass sich vernünftigere Köpfe durchsetzen.“

Copyright The Wall Street Journal 2018

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