Anzeige
Anzeige

Interview Hamburgs neue Denkfabrik – das sind die Köpfe und Ziele dahinter

Hamburg: Die Hansestadt wird Standort einer neuen Denkfabrik
Hamburg: Die Hansestadt wird Standort einer neuen Denkfabrik
© fStop Images / IMAGO
In der Hansestadt startet ein neuer Thinktank „The New Institute“ – finanziert von dem Unternehmer Erck Rickmers. Die Initiative konnte bereits prominente Köpfe gewinnen. Capital hat mit Christoph Gottschalk, einem der Geschäftsführer, gesprochen

Der Name ist gleich mehrfach Programm: „The New Institute“. Das neue Institut ist nicht nur neu, sondern will auch neue Wege und Arbeitsweisen erproben, und zu den drängenden Fragen der Gegenwart Lösungen erarbeiten. Hinter der Initiative steht der Hamburger Unternehmers Erck Rickmers. „Die Welt verändert sich in einer nie dagewesenen Geschwindigkeit“, sagt Rickmers.

Es gibt viele Krisen und Probleme, die sich oft überlagern und zusammenhängen: Ungleichheit, Bevölkerungswachstum, die Zerstörung der Umwelt, der Klimawandel. „In vielen Bereichen wird systemischer Wandel für die Menschheit zu einer Existenzfrage“, sagt der Unternehmer. Zum Start konnte The New Institute prominente Köpfe gewinnen. Darunter Wilhelm Krull, den langjährigen Generalsekretär der Volkswagen Stiftung, sowie Maja Göpel, die Generalsekretärin des Wissenschaftlichen Beirats Globale Umweltveränderungen der Bundesregierung (WBGU) – die zuletzt den Bestseller „Unsere Welt neu denken“ schrieb.

Im September kommenden Jahres soll die neue Denkfabrik in das „Warburg Ensemble“ einziehen, ein Gebäudekomplex aus neun klassizistischen Stadthäusern. 6000 Quadratmetern sind hier geplant, für bis zu 35 „Fellows“, die hier arbeiten und leben sollen.

Capital hat mit Christoph Gottschalk gesprochen, einem der Köpfe hinter dem Institut. Zuvor leitete er Hauptstadtbüros der Kommunikationsberatung Kekst CNC – nun steckt er seine Energie in den Aufbau dieses Projektes.

Herr Gottschalk, Sie sind einer der Macher hinter dem „The New Institute“ – was ist die Kernidee hinter diesem Projekt?

Christoph Gottschalk
Christoph Gottschalk
© PR

CHRISTOPH GOTTSCHALK: Wir wollen einen Ort zu schaffen, an dem gesellschaftlicher Wandel in neuen Konstellationen optimistisch gestaltet wird. The New Institute (TNI) ist eine interdisziplinäre Plattform, die nach neuen Antworten sucht auf die drängendsten Herausforderungen unserer Zeit an der Schnittstelle von Ökonomie, Ökologie und Demokratie. Wir wollen nicht nur „nachdenken“, sondern auch konkret zum Handeln inspirieren und ermutigen. Die Dringlichkeit für eine solche Initiative entspringt der Beobachtung, dass unsere Gesellschaft derzeit mit verschiedenen, teils permanenten Krisen, umgehen muss: der Klimakrise, einer Krise des Kapitalismus, wachsender Ungleichheit, und einem demokratischen System, das aufgrund starker populistischer Strömungen und eines steigenden Demokratieverdrusses unter Druck geraten ist.

Es gibt in Deutschland bereits zahlreiche Thinktanks, Stiftungen und Denkfabriken – wodurch wollen Sie sich abheben?

Wir verbinden die akademische Exzellenz eines innovativen Institute of Advanced Study mit der Kreativität und Handlungsbereitschaft einer sektorübergreifenden Exzellenz: Wir verbinden renommierte und junge, aufstrebende Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen mit Denkern und Praktikern aus Kunst, Aktivismus, Medien, Wirtschaft und Politik. Es geht uns auch darum, wo möglich, exzellente Forschung in konkrete Handlung zu übersetzen, Erkenntnis in Aktion. Unsere Haltung ist dabei zuversichtlich. Wir verbinden optimistische, mutig und lösungsorientierte Akteure. Aber immer auf der Basis akademischer Exzellenz. Die Programme am The New Institute zielen darauf ab, klassische Denksilos aufzubrechen und Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen in überraschenden Konstellationen zusammenzubringen – denn akademische Forschung muss in Clustern organisiert sein und ungewöhnliche, auch unbequeme Perspektiven zulassen.

Sie ziehen in Hamburg in eine stolze Immobilie, das Warburg Ensemble – wie wichtig ist solch ein Ort für ein Institut?

Das Warburg Ensemble als „Zuhause“ ist einzigartig. In neun klassizistischen Stadthäusern im Herzen einer der schönsten Städte Europas schaffen wir einen Ort, der inhaltliche Exzellenz verbindet mit einer ästhetischen Handschrift, die uns von vielen „gewöhnlichen“ Institutionen unterscheiden wird. Es wird, auch mit dem großen Garten, ein Forum sein für den Austausch mit der Öffentlichkeit und Zivilgesellschaft. Zunächst geht es aber darum einen hervorragenden und vielfältigen ersten „Jahrgang“ an Fellows für 2021/2022 zu gewinnen. Wir stehen erst ganz am Anfang.

Hätten Sie ein Beispiel für ein konkretes Projekt oder eine Initiative?

Hamburg hat das Ziel digitale Modellstadt zu werden, Zukunftsstadt. Hamburg hat hier in den letzten Jahren bereits exzellente Arbeit geleistet. Wir wollen beispielsweise Hamburg auf diesem Weg konkret begleiten und werden dabei mit unserer Senior Advisor Francesca Bria – sie ist ehemalige CTO von Barcelona und ein der anerkanntesten Digitalexpertinnen Europas – , lokale Experten mit internationalen Vordenkern im Bereich der nachhaltigen urbanen Transformation zusammenbringen. Ziel ist die Konzeption einer grünen und bürgerzentrierten Stadt, die ihren Bürgern Souveränität über ihre Daten zurückgibt. Dieses Projekt ist erst in den Anfängen, bisher keine formale Kooperation, aber es kann ein Beispiel werden, wie wir wissenschaftliche Erkenntnisse mit konkreten Projekten und Akteuren der Zivilgesellschaft verknüpfen werden.

Warum haben Sie Hamburg als Standort gewählt?

Hamburg ist eine weltoffene Stadt und die Hamburger Gesellschaft war und ist schon immer offen für Veränderung – ein deutlicher Unterschied zu manch anderen Metropolen. Wir haben hier außerdem diesen einmaligen Ort, das Warburg Ensemble, gefunden und somit die Chance einer internationalen Gemeinschaft ein Umfeld zu bieten, das ungewöhnliche Begegnungen schafft und zum neuen Handeln inspiriert. Die Hauptstadt ist bekanntlich nicht weit und wir werden sicherlich auch viel in Berlin sein. Aber der Abstand zur oft selbstreferentiellen Hauptstadt-Bubble kann oft auch wohltuend sein.

Die Corona-Krise hat unsere Gesellschaft und Wirtschaft stark verändert, manche Themen verloren an Wichtigkeit, andere wurden plötzlich wichtig. Sie haben Ihr Projekt vor und mitten im Shutdown geplant. Haben Sich Ihre Ziele und Themen dadurch geändert?

Nein, der Shutdown hat die Ziele und Themen des New Instituts nicht verändert. Im Gegenteil: Die Corona-Erfahrung hat die Dringlichkeit des The New Institute verstärkt und viele Themen, von denen wir seit Jahren, sogar Jahrzehnten, wissen, dass Sie angepackt werden müssen, sichtbarer gemacht. Wir erleben durch Corona eine kollektive Erfahrung der Verwundbarkeit – ein Gefühl, das womöglich die Sensibilität dafür stärkt, auch bei anderen Krisenphänomenen die eigene Haltung zu hinterfragen, immun zu sein, gegen gravierende Änderungen. Corona zeigt, dass wir unsere Welt neu denken können und wollen, mit einer neuen Entschlossenheit und einer neuen Richtung. Die Pandemie hat außerdem gezeigt, dass es eine zuversichtliche Allianz aus wissenschaftlicher Expertise, zivilgesellschaftlichem Engagement und politischer Gestaltung braucht, um gesamtgesellschaftliche Transformationen zu stemmen. Hier können und müssen wir auch viel lernen aus den letzten Monaten.

Sie waren Berater des französischen Premiers, haben auch für bekannte Kommunikationsagenturen wie CNC gearbeitet, was hat Sie an dieser Aufgabe gereizt?

Es gibt kaum eine faszinierendere Idee, als die richtigen Menschen, zur richtigen Zeit, am passenden Ort um die wichtigen Themen zu versammeln. Es ist jetzt die richtige Zeit, um in neuen und auch unbequemen Allianzen Lösungswege für drängende Herausforderungen zu erarbeiten. Die Zeit in der Politik, in der Beratung und in der Kommunikation helfen sehr, um Themen zu identifizieren, die richtigen Begegnungen herzustellen und ungewöhnliche Formate zu entwickeln. Das TNI gemeinsam mit einem großartigen internationalen Team und einem passionierten Gründer, Erck Rickmers, aufzubauen, ist ein absoluter Traumjob.

Sie haben mit der Wilhelm Krull und der Ökonomin und Bestsellerautorin Maja Göpel bereits namhafte Köpfe für Ihr Institut gewinnen können Wie groß und prominent soll Ihr Team werden?

Es geht nicht um Prominenz, sondern vor allem um Wirksamkeit und Kreativität. Wilhelm Krull und Maja Göpel sind herausragende Persönlichkeiten, um Veränderungen anzustoßen. Wir freuen uns auch sehr auf grandiose Denker wie Christoph Möllers und Markus Gabriel, die beide eine zentrale Rolle spielen werden. Dass wir Transformationsexpertin wie Francesca Bria und Geoff Mulgan gewinnen konnten, zeigt auch unseren Willen zur Praxisorientierung. Und natürlich ehrt es uns auch, dass internationale Größen wie Daniel Ziblett, Homi Bhabha oder auch Colin Mayer unsere Plattform mitgestalten werden. Das ist nur der Beginn.

Icon1

Kennen Sie schon unseren Newsletter „Die Woche“ ? Jeden Freitag in ihrem Postfach – wenn Sie wollen. Hier können Sie sich anmelden

Mehr zum Thema

Neueste Artikel

VG-Wort Pixel