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Bildung Geld ist da – und keiner weiß, warum

Geld und Zigarre: So sieht das Klischee vom Unternehmer aus
Geld und Zigarre: So sieht das Klischee vom Unternehmer aus
© IMAGO / Panthermedia
In einer neuen Studie wird untersucht, welche Rolle die Wirtschaft in modernen Kinderbüchern spielt. Das Ergebnis ist beunruhigend und dürfte einer Bildungsdebatte neue Nahrung geben

Goldkoffer, die einfach zur Verfügung stehen, ohne dass jemand etwas dafür tun muss. Und wenn Unternehmer auftreten, dann als unsympathische Gestalten: Ökonomische Zusammenhänge spielen in modernen Kinder- und Jugend-Bestsellern kaum eine Rolle. Zu diesem Schluss kommt eine neue Studie dreier Wissenschaftler der Universität Siegen, die im Auftrag der FDP-nahen Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit sowie der Ludwig-Erhard-Stiftung entstand. In der Untersuchung, die Capital vorab exklusiv vorlag, stellen die Autoren fest, dass in gegenwärtigen Jugendbüchern Reichtum „oft nach dem Deus ex Machina-Prinzip“ entsteht und einfach da ist. Unternehmerische Tätigkeit als Quelle von Erfolg wird so gut wie nie thematisiert, stattdessen werden Schätze gefunden oder Erbschaften gemacht.

Die Studie dürfte auch für die Diskussion eine Rolle spielen, die seit Jahren über die wirtschaftliche Bildung junger Menschen in Deutschland geführt wird. In Umfragen kamen in der Vergangenheit wiederholt große Wissenslücken zum Vorschein. So herrscht oft Unsicherheit über die in Deutschland herrschende Wirtschaftsform, aber auch Prinzipien wie der Zins oder das Risiko einer Geldanlage sind nur unzureichend bekannt. Daher gibt es seit langem die Forderung nach einem verpflichtenden Wirtschaftsunterricht an den Schulen – da ökonomische Themen bisher in anderen Fächern aufgehen.

Die Literaturanalyse im Auftrag der beiden Stiftungen zeigt nun, dass die Probleme schon früher anfangen – nämlich auch bei dem, was jüngere Kinder lesen oder vorgelesen bekommen. „Kinder- und Jugendbücher formen das Bild, das sich junge Menschen von wirtschaftlichen Zusammenhängen machen“, sagt Karl-Heinz Paqué , Vorsitzender der Naumann-Stiftung und einstiger Finanzminister Sachsen-Anhalts. Träfen sie dann „auf den dickbäuchigen Unternehmer mit Hut und Zigarre“ würden „Vorurteile gegenüber der sozialen Marktwirtschaft angelegt, aber auch die Zahl der zukünftigen Traumberufe verringert“. Sprich: Eine Karriere als Unternehmer gilt dann eher als Makel und nicht als sinnvolle Option.

Klassiker sind realitätsnäher

Bemerkenswert ist: Die Studie der Siegener Wissenschaftler Hans-Jürgen Schlösser, Michael Schuhen und Helene Schlösser stellt fest, dass ökonomische Inhalte in Klassikern der Jugendbuchliteratur oft klarer und realitätsnäher dargestellt werden als in Büchern der Gegenwart. Als Beispiele werden Werke wie „Robinson Crusoe“ von Daniel Defoe, „Pünktchen und Anton“ von Erich Kästner oder „Die Schatzinsel“ von Robert Louis Stevenson angeführt. Anders hingegen sieht es, darauf wird explizit hingewiesen, bei „Pippi Langstrumpf“ von Astrid Lindgren aus, also einem in Deutschland sehr erfolgreichen Klassiker. Dort ist der Koffer mit dem Gold einfach da und reicht, um das Leben der Hauptfigur und ihrer Freunde zu finanzieren.

Die Autoren weisen darauf hin, dass es durchaus neuere Bücher gibt, in denen wirtschaftliche Themen umfassend und auch weniger verzerrend auftauchen. Allerdings geht es dabei meist um Werke mit eindeutigem Bildungsanspruch oder Sachbücher, die das erklärte Ziel verfolgen, den Leserinnen und Lesern ökonomische Grundlagen zu vermitteln. Mit anderen Worten: Bücher, die sich in der Regel schwerer verkaufen. Bestseller hingegen, die von Millionen junger Menschen gelesen oder in Vertonungen und Verfilmungen konsumiert werden, behandeln Wirtschaft oft so, als wäre sie gar nicht da oder als käme die Welt problemlos ohne sie aus.

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