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Top 40 unter 40 Bain-Deutschland-Chef: „Deutschland muss sich nicht verstecken“

Walter Sinn auf der Bühne beim Capital-Event in Berlin
Walter Sinn auf der Bühne beim Capital-Event in Berlin
© Peter Wolff
Beim „Top 40 unter 40“-Gipfel in Berlin verbreitet Bain-Deutschland-Chef Walter Sinn Zuversicht für die Zukunft Deutschlands. Die Politik müsse nun den Mut haben, die richtigen Rahmenbedingungen zu schaffen

Nicht erst seit der erneuten Wahl Donald Trumps in den USA und der deutschen Regierungskrise geht vielen hierzulande gerade die Puste aus – und ein Stück weit der Glauben verloren an eine gute Zukunft für Deutschland. Dabei haben wir gute Chancen, in fünf bis zehn Jahren mit unseren Unternehmen vorne mitzuspielen, sagt Walter Sinn beim „Top 40 unter 40“-Gipfel von Capital in Berlin. Man müsse sie nur ergreifen.

Als langjähriger Geschäftsführer der Unternehmensberatung Bain & Company im deutschsprachigen Raum ist Sinn einer der erfahrensten Kenner der deutschen Wirtschaft. „Deutschland muss sich mit seinen Unternehmen nicht verstecken“, sagt er. „Das Thema Gründermentalität hat uns immer stark gemacht. Ich glaube, wir können Dinge bewegen.“ 

Die jungen Talente, die schon jetzt in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft etwas voranbringen, hat Capital in diesem Jahr zum 18. Mal als herausragende Persönlichkeiten unter 40 Jahren ausgezeichnet und zum Diskutieren und Netzwerken nach Berlin eingeladen. Die Frage, die sie alle gerade beschäftigt: Wie schafft es Deutschland aus der Schockstarre? 

Die letzte Chance ergreifen

Berater Sinn sieht die aktuelle Lage nicht nur als ein großes Fiasko, sondern auch als eine große Chance. Oft sei es so, dass gerade Notsituationen Veränderung bewirken. „Die Situation jetzt ist schon fast der ,Last Call for Action‘“, sagt Sinn beim Capital-Event. Nun sei man dazu gezwungen, eine klare Position einzunehmen, was etwa das Verhältnis zu China angehe, aber auch das Ankurbeln der eigenen Wirtschaft.

Unter Bundeskanzlerin Angela Merkel habe man verpasst aus einer starken Position heraus zu investieren und Europa zu stärken. Jetzt müsse man die Chance ergreifen. „Die Chance für Deutschland, und wenn man weiterdenkt auch Europa, liegt da, wo die alte industrielle Stärke von Maschinenbau, Autoindustrie und so weiter mit neuen Themen wie Sensorik, Digitalisierung und künstlicher Intelligenz zusammenkommt“, sagt Sinn. „Wenn wir diese Kompetenz ins neue Zeitalter bringen, sind wir eigentlich unschlagbar.“

Wichtige Voraussetzung sei, dass die Politik die Rahmenbedingungen dafür richtig setze – und das erfordere von einer neuen Regierung vor allem Mut. Bisher habe sich keiner getraut zu formulieren, wo es eigentlich hingehen soll.

Vergangenheit und Zukunft: „Made in Germany“

Gerade im Mittelstand gebe es immer noch viele deutsche Weltmarktführer, kleine Start-ups aus Deutschland würden gut laufen – sobald größere Summen gefordert seien, würden sie aber schnell nach Amerika verkauft.

Dennoch ist „Made in Germany“ aus Sinns Sicht das Erfolgsrezept für die Zukunft. Nun müsse klar formuliert werden, was das in Zukunft bedeuten soll: Welche Industrien und Technologien sollen drinstecken und wofür will Deutschland einen langfristigen Rahmen setzen? Nachhaltigkeit werde politisch mittlerweile etwa weniger groß diskutiert, in Unternehmen aber immer noch vorangetrieben und könnte in einigen Jahren ein Wettbewerbsvorteil sein.  

Klar ist für den Wirtschaftsexperten auch: Ohne Leistungsbereitschaft wird es nicht gehen. „Es muss grundsätzlich klar sein, dass Leistung intensive Arbeit braucht“, sagt er. Deshalb sollte sich die Art und Weise ändern, wie wir über die Work-Life-Balance diskutieren. Arbeit sollte eine Leidenschaft sein und eher als Teil des Lebens gesehen werden. Den Leistungsgedanken zu vermitteln, sei auch Aufgabe von Führungskräften. 

Die Aufgabe der neuen Regierung wird es wiederum sein, ein Narrativ zu entwickeln, das begeistern kann, und gleichzeitig in der Agenda sehr konkret zu werden. Denn das wünschen sich die Macherinnen und Vordenker im Publikum dringend: Dass nicht mehr nur über die seit Jahren gleichen Erkenntnisse geredet wird, sondern endlich etwas passiert – wenn es auch nicht in einer ganz so extremen Form sein muss wie in den USA, wo Elon Musk nun „Effizienzminister“ wird. 

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