Schon vor der Pandemie stand vielen deutschen Innenstädten ein struktureller Wandel bevor. Flächendeckendes Homeoffice und Geschäftsschließungen haben den Druck auf die lokale Wirtschaft noch einmal erhöht, bilanziert eine Studie des Beratungsunternehmens FTI-Andersch.
Für 52 deutsche Städte haben die berater verglichen, wie sich die lokale Wirtschaft in der Krise entwickelt hat. Dabei greift die Studie auf 19 Faktoren zurück, die in zwei Indizes fließen. Der erste betrachtet die Stabilität der Städte in der Corona-Pandemie, darunter fallen die Leerstandsquoten von Gewerbeimmobilien, die digitale Infrastruktur und die Anzahl von Touristen und Messen. Ein zweiter Index bewertet das sozio-ökonomische Umfeld der Städte. Er berücksichtigt unter anderem ihre Wirtschaftsleistung, die Arbeitslosenquote und Lebensqualität.
Der Vergleich zeigt: Besonders stark hat die Pandemie die Städte Celle, Erfurt, Hildesheim, Leipzig, Lübeck, Mannheim und Trier getroffen. Sie haben vor allem unter ausbleibenden Besuchern und Touristen zu leiden, bilanziert die Untersuchung. Die unterdurchschnittlich stark entwickelte Wirtschaft treffen die Folgen der Corona-Pandemie damit deutlich schwerer als andere Standorte.
„Natürlich handelt es sich hier um Modellrechnungen, die nicht alle Unwägbarkeiten der nächsten Monate vorwegnehmen können“, sagt Dorothée Fritsch, Leiterin der Studie. „Es ist jedoch absehbar, dass vor allem die Städte, die stark auf externe Impulse angewiesen sind und gleichzeitig ein eher schwaches wirtschaftliches Umfeld bieten, in den nächsten Monaten deutlich größere Herausforderungen bewältigen müssen.“
Einige Städte haben dagegen besonders gute Chancen, sich möglichst schnell von der Pandemie zu erholen. Aufgrund einer gut ausgebauten wirtschaftlichen Struktur können sie den Veränderungen der Pandemie besonders gut trotzen. Besonders auffällig: In der Gesamtbewertung liegen vor allem die die Spitzenreiter nah beieinander.
Diese Städte kommen am besten durch die Corona-Pandemie
Diese Städte kommen am besten durch die Pandemie
In Sachen Stabilität fällt bei Paderborn auf: Die Besucheranzahl hat sich mit einem Rückgang von ca. 21 Prozent in 2020 eher leicht verändert. Bei der Stabilität erzielt die Stadt daher mit 3,5 einen der höchsten Werte. Als Wirtschaftsstandort hat sie allerdings noch Luft nach oben – nicht nur was Besucher, Messen und Pendler angeht, bilanziert die Untersuchung. Im sozio-ökonomischen Umfeld liegt Paderborn daher nur im Mittelfeld des Rankings. Mit einer Gesamtwertung von 6,0 Punkten zählt die Stadt aber zu den sechs resilientesten und liegt damit gleichauf mit Wuppertal, Karlsruhe, Oldenburg, Heilbronn und Erlangen.
Millionenstädte sind von den Corona-bedingten Veränderungen laut FTI-Andersch besonders betroffen, weil die Besucherströme ausbleiben. Das kostet Hamburg Punkte in der Stabilität der lokalen Wirtschaft. Mit einem Wert von 2,3 hat die Hansestadt den drittschlechtesten Wert im Ranking. Die gute wirtschaftliche Situation zählt dagegen zur zweitbesten des Rankings und gleicht die verlorenen Punkte zumindest in Teilen wieder aus. Mit einem Gesamtwert von 6,1 landet Hamburg damit auf Platz fünf, gemeinsam mit Stuttgart und Frankfurt am Main. Zwar sind beide Städte stabiler als Hamburg, lassen aber in der wirtschaftlichen Stärke etwas nach.
Berechnungen des IHK für München und Oberbayern zufolge hat die bayrische Landeshauptstadt mit jedem Lockdown-Tag Ausfälle von 40 Mio. Euro. Das macht sich nicht allein an den ausbleibenden Besuchern und Touristen bemerkbar. Für den Bereich Stabilität erzielt München daher mit 2,2 den zweitschlechtesten Wert im Ranking. Das sozio-ökonomische Umfeld ist mit 4,0 dagegen das stärkste und lässt die anderen Städte deutlich hinter sich zurück. Insgesamt reicht es im Ranking mit einer Bewertung von 6,2 daher für Platz vier.
Die Einwohnerzahl und auch die Zahl an Arbeitsplätzen sind in Ingolstadt in 2020 zurückgegangen. Das macht sich in der bayrischen Studentenstadt zwar bemerkbar, nicht aber beim Gesamtblick auf das sozioökonomischen Umfeld. Hier liegt Ingolstadt mit einem Wert von 3,5 im oberen Mittelfeld. Mit einem Gesamtwert von 6,3 landet Ingolstadt damit auf Platz drei, gemeinsam mit Darmstadt. Zwar bleibt das sozio-ökonomische Umfeld Darmstadts leicht hinter Ingolstadt zurück, dafür kann die Stadt aber durch mehr Stabilität in der Krise punkten.
Ähnlich wie Ingolstadt und Darmstadt profitiert Ulm vom Ruf als Universitätsstadt. Das macht sich auch in der wirtschaftlichen Stärke bemerkbar. Im Bereich sozio-ökonomisches Umfeld erzielt Ulm daher im oberen Mittelfeld und ist dabei gleichauf mit Platz eins des Rankings. Im Bereich Stabilität liegt die Stadt dagegen eher im Mittelfeld mit einem Wert von 2,8. Insgesamt reicht das für Platz zwei des Rankings.
Mit einem Gesamtwert von 6,6 liegt Bonn an der Spitze des Rankings. Beim sozio-ökonomischen Umfeld liegt die ehemalige Bundeshauptstadt dabei gleichauf mit Ulm, erweist sich angesichts der Corona-bedingten Veränderungen allerdings als stabiler. Besonders die sehr gut ausgebaute Verkehrsanbindung ins Stadtzentrum und die ausgereifte digitale Infrastruktur sorgen hier für eine gute Bewertung, die auch den Effekt der ausbleibenden Touristen etwas abfangen kann.