Das Gatter vor der Halle hängt rostig in den Angeln, und der Stacheldraht rund um das Gelände hat Risse. Drinnen, in seinem vollgestopften fensterlosen Büro am Ende des Ganges, hat Gewerkschaftsmanager Jason Sangster einen billigen Heizlüfter aufgestellt. Es kann kalt werden im Winter in Arizona, auch wenn der Himmel makellos blau strahlt. Der Bau im tristen Gewerbegebiet am Rande der Hauptstadt Phoenix ist schlecht isoliert.
Hinter der Gewerkschaft liegen karge Jahrzehnte, und Sangster, Stahlarbeiter wie schon sein Vater, hat den Niedergang miterlebt. Mehr als zehn Jahre war er Vorarbeiter beim Stahlbauer Schuff Steel. „Ich kenne mehr Schatten als Sonne“, sagt er. Für die Jungen aber seien nun bessere Zeiten angebrochen, ist der Gewerkschafter überzeugt. „Wir erleben jetzt einen Boom.“ Im Vorraum hängen gerahmte Hochglanzfotos von Baustellen: das stählerne Gerippe einer elegant geschwungenen Brücke. Ein gigantisches Eisenskelett vor der Bergkulisse von Phoenix, aus dem die neue Fabrik des Chipherstellers TSMC heranwächst.
Früher mussten viele von Sangsters Kollegen weit weg von daheim arbeiten, weil die Jobs in der Region rar waren. Heute können sie abends mit der Familie essen: „Jeder ist happy, jeder ist zu Hause.“ An den Webteppich hinter seinem Schreibtisch hat der Navajo-Indigene ein Amerikafähnchen gepinnt. Sangster scheint mit sich und der Welt im Reinen. Und auch mit dem Präsidenten in Washington: „Joe Biden hat geliefert“, lobt er und fügt beinahe bedauernd hinzu: „Er bekommt nicht genug Anerkennung dafür.“
Es ist die Kernfrage, die die Demokraten überall im Land umtreibt: Warum kann Biden nicht punkten? Kaum je ein Präsident stand zu Beginn des Wahljahres in den Umfragen so schlecht da, und das, obwohl die US-Wirtschaft im internationalen Vergleich glänzt. Die Arbeitslosigkeit – so niedrig wie seit einem halben Jahrhundert nicht. Das Wirtschaftswachstum – zuletzt über drei Prozent im Quartal. Der Aktienmarkt – eilt von einem Rekord zum nächsten. Die vielen Ökonomen, die eine Rezession vorhergesagt hätten, müssten „ihre Worte jetzt kleinlaut zurücknehmen“, stichelt die Finanzministerin und frühere Fed-Chefin Janet Yellen. Der Harvard-Ökonom Jason Furman nennt die Konjunkturerholung seit der Pandemie „spektakulär“. Was nach der Finanzkrise eine Dekade brauchte, „dauerte nun nur Monate oder ein oder zwei Jahre“. Die sanfte Landung scheine gelungen, „und das ist nichts weniger als ein Wunder“, lobt Furman.