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Gastbeitrag Deutschland geht bei der Blockchain-Technologie voran

Symbolbild: Blockchain
Symbolbild: Blockchain
© Getty Images
Die Bundesregierung hat die Bedeutung der Blockchain-Technologie erkannt. Mit ihrer Regulierung ist Deutschland Vorreiter in Europa. Philipp Sandner und Johannes Blassl über die Folgen für den Finanzsektor

Mit dem Umsetzungsgesetz der Vierten EU-Geldwäscherichtlinie reguliert Deutschland den Handel mit digitalen Vermögenswerten via Blockchain. Der Bundestag hat das Gesetz Mitte November beschlossen und der Bundesrat Ende November verabschiedet. Die Änderungen traten bereits zum 1. Januar 2020 in Kraft. Wer mit seinem Geschäftsmodell auf digitale Vermögenswerte wie etwa Bitcoin setzt, braucht nun dafür eine Erlaubnis der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Durch die Blockchain-Technologie lassen sich Vermögenswerte rein digital abbilden.

Auch die Bundesregierung erkennt die „Blockchain-bedingten“ Umbrüche im Finanzsektor an und hat im September 2019 erklärt, „die Weichen für eine Token-Ökonomie“ stellen zu wollen. Mit dem neuen Gesetz wird der Handel und die Verwahrung von digitalen Vermögenswerten reguliert. Dies hat erhebliche Auswirkungen auf den deutschen Fintech-Markt, aber auch auf etablierte Finanzorganisationen wie Banken und Börsen.

Die Blockchain-Technologie hat begonnen, die Kapitalmärkte digital zu transformieren. Sie ermöglicht den Handel mit digitalen Vermögenswerten, der schneller, einfacher und günstiger ist als der bisherige „analoge Handel“. Der Bitcoin-Handel ist dabei nur ein – wenn auch bedeutsamer – Anwendungsfall der Blockchain-Technologie. Letztlich ermöglicht es der Einsatz dieser Technologie im Finanzbereich, rein digitale Anlageprodukte (Token) zu schaffen und diese zu transferieren.

Lizenz für Krypto-Finanzgeschäfte

Durch die rein digitale Repräsentation von Werten und Rechten auf Blockchain-Basis ergeben sich völlig neue Möglichkeiten bei der Emission und beim Handel mit Finanzprodukten. Insbesondere werden bisherige Intermediäre, wie etwa Banken, klassische Börsen und Intermediäre wie etwa Clearstream in digitalen Finanztransaktionen nicht oder nur noch teilweise benötigt.

Die Bundesregierung nennt digitale Anlageprodukte wie etwa Bitcoin und andere Kryptowährungen nun „Kryptowerte“. Die von ihr vorgenommene Regulierung rund um diese Kryptowerte ist nicht zu unterschätzen, da die BaFin von nun an strenge Anforderungen das Kryptoverwahrgeschäft stellt. Dies betrifft Fintech-Start-ups, etablierte Banken und ausländische Kryptowährungsbörsen gleichermaßen. So müssen solche Institute beispielsweise hinreichend Eigenkapital vorhalten, fachlich geeignete Geschäftsleiter haben und bestimmte Compliance-Maßnahmen implementieren.

Handel ohne BaFin-Erlaubnis strafbar

In einem neuen Tatbestand wird die Verwahrung, Verwaltung und Sicherung von Kryptowerten zur erlaubnispflichtigen Finanzdienstleistung gemacht. Es zeichnet sich ab, dass jeder, der Dienstleistungen rund um Kryptowerte also auch für Bitcoins anbietet, von dem neuen Erlaubnistatbestand betroffen ist . Zumindest ist genau zu prüfen, ob die Dienstleistungen ohne die entsprechende BaFin-Erlaubnis weiter angeboten werden dürfen. Diese Prüfungen sind äußerst wichtig, da das Betreiben von regulierten Finanzdienstleistungen ohne die entsprechende BaFin-Lizenz eine Straftat ist, die mit bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe geahndet werden kann.

Der vom Gesetzgeber verwendete Begriff der „Kryptowerte“, der in den Katalog der Finanzinstrumente des Kreditwesengesetzes aufgenommen wird, ist dabei sehr weit zu verstehen und umfasst Blockchain-basierte Bezahleinheiten, wie den Bitcoin, ebenso wie tokenisierte Anlageprodukte, wie beispielsweise digitale Wertpapiere (Security Token). Die Streitigkeiten um die aufsichtsrechtliche Einordnung von solchen digitalen Finanzprodukten sind mit dem neuen Gesetz beendet.

Mehr Anlegerschutz durch ein „Mehr“ an Regulierung

Der Gesetzgeber zeigt mit der Regulierung, dass er sich dem unausweichlichen technologischen Wandel der Kapitalmärkte annimmt. Andererseits birgt eine rein deutsche und nicht europaweit abgestimmte Regelung natürlich auch die Gefahr, dass innovative Blockchain-Geschäftsmodelle ins (noch) nicht regulierte europäische Ausland verlagert werden.

Deutschland versucht als eines der ersten EU-Länder, einen rechtssicheren Rahmen für Kryptowerte zu schaffen und gewährleistet durch die neuen Regelungen auch ein Anlegerschutzniveau, das weltweit einzigartig sein dürfte. Institutionelle und private Investoren finden nun Rechtssicherheit vor, um Investitionen in digitale Vermögenswerte zu tätigen. Kehrseite der Medaille ist allerdings, dass die Unternehmen, die Dienstleistungen rund um diese Kryptowerte anbieten, nicht unerhebliche regulatorische Vorgaben erfüllen müssen.

Rechtssicherheit als Standortvorteil

Deutschland hat als eines der ersten Länder damit begonnen, die Blockchain-Technologie im Allgemeinen und Kryptowerte im Speziellen in der bestehenden Rechtsordnung zu erfassen. Damit wird deutlich, dass neben der Finanzwirtschaft auch der Gesetzgeber in der Technologie die Zukunft sieht. Die Regulierung könnte zudem dazu beitragen, dass Blockchain-basierte Finanzprodukte für Privatanleger und institutionelle Investoren interessanter werden, da die entstehende Regulierungsdichte Schutz, Legitimität und Sicherheit für Anbieter und Investoren verspricht.

Kleinere Unternehmen und Start-ups werden durch die neue Einstufung als BaFin-reguliertes Finanzdienstleistungsinstitut allerdings mit einem hohen Kosten- und Verwaltungsaufwand rechnen müssen. Dies kann kritisch werden, da es im Ausland kaum ähnliche Regulatorik für derartige Geschäftsmodelle gibt. Letztlich ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis Vermögenswerte fast ausschließlich digital existieren. Deutschland jedenfalls hat die Bedeutung der Blockchain-Technologie erkannt und nun gehandelt.

Die Autoren:

Philipp Sandner ist Leiter des Frankfurt School Blockchain Center (FSBC) an der Frankfurt School of Finance & Management. Die Expertise von Sandner umfasst insbesondere Blockchain-Technologie, Krypto-Assets, Distributed Ledger-Technologie (DLT), Euro-on-Ledger, Security Token (STOs), Digital Transformation und Entrepreneurship.

Johannes Blassl arbeitet als Rechtsanwalt in Frankfurt am Main im Bereich Bank- und Kapitalmarktrecht. Er berät dort Unternehmen und Banken unter anderem beim Einsatz der Blockchain-Technologie im Finanzbereich und hält regelmäßig Vorträge zu Krypto-Wertpapieremissionen. Neben seiner anwaltlichen Tätigkeit ist Blassl Lehrbeauftragter für internationalen Wertpapierhandel und Compliance an der EBS Law School in Wiesbaden sowie Lehrbeauftragter für Kapitalmarktrecht an der Fachhochschule Mainz.

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