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Deutsche Bahn Auf die Plätze, fertig, los! Bieter-Schlussspurt um DB Schenker

Verdi-Gewerkschafter und Beschäftigte von DB Schenker während einer Mahnwache in München
Verdi-Gewerkschafter und Beschäftigte von DB Schenker während einer Mahnwache in München
© dpa / Matthias Balk / Picture Alliance
Der Verkauf des Logistikunternehmens DB Schenker steht kurz bevor, noch zwei Bieter sind im Rennen – und die Gewerkschaft hat einen überraschenden Favoriten

Warum wird DB Schenker verkauft?

Die Deutsche Bahn (DB) hat zu wenig Geld, um in ihre Unternehmenstochter zu investieren. Was noch da ist, soll über Jahre in die schwache Schiene fließen. So will es der Eigentümer, der Bund, der den Verkaufsprozess vor über zwei Jahren angestoßen hat. Derzeit ist DB Schenker auf Rang vier der größten Logistiker weltweit mit knapp 20 Mrd. Euro Umsatz und über 70.000 Beschäftigten. Während Konkurrenzunternehmen auf Einkaufstour sind, durfte DB Schenker in den vergangenen Jahren keine größeren Akquisitionen vornehmen. Als Privatunternehmen wären die wirtschaftlichen Perspektiven besser, so sieht es auch DB Schenker selbst. Auch die Gewerkschaft Verdi hält einen Verkauf aus diesen Gründen für sinnvoll.

Hilft der Schenker-Verkauf dem DB-Konzern?

Die DB verliert mit dem Verkauf erstmal ihre Cashcow. Ohne DB Schenker hätte die Bilanz in den vergangenen Jahren noch schlechter ausgesehen. Das Geschäft auf der Straße läuft besser und profitabler als alles andere. 2023 war der Gewinn von DB Schenker doppelt so hoch wie im DB Fernverkehr und DB Regio zusammen. Das liegt auch am Geschäftsmodell: 

DB Schenker gehören selbst kaum Lkws. Sie funktionieren als „Reisebüro für Güter.“ Mit dem Verkauf aber kann DB Schenker mehr als 14 Mrd. Euro einnehmen, um damit einen Teil der Schulden von insgesamt gut 30 Mrd. Euro abzubauen. Dies ist wichtig, um die Kreditwürdigkeit zu erhalten. Sonst würden die Zinszahlungen auf die Schulden weiter steigen. Außerdem kann sich die DB damit stärker auf das Kerngeschäft Schiene in Deutschland konzentrieren. 

Wer will DB Schenker kaufen?

Im Rennen sind noch zwei Bieter neben dem dänischen Transportunternehmen DSV auch der Luxemburger Private-Equity-Fonds CVC. Der Finanzinvestor hat sich für einen Schenker-Kauf Unterstützung von Staatsfonds aus Abu Dhabi und Singapur geholt. Beide Interessenten bieten rund 14 Mrd. Euro für die Bahn-Tochter, wobei CVC auch die Variante vorschlägt, statt des kompletten Unternehmens nur 75,1 Prozent zu übernehmen und so dem Bund eine Rückbeteiligung zu ermöglichen. In diesem Falle könnten die Anteile etwa an die staatseigene KfW gehen, die den Wert der Deutschen Bahn zur Verfügung stellt.

Die endgültige Entscheidung über den Käufer trifft der DB-Aufsichtsrat. Dieser tritt regulär am 18. September zusammen – eine Entscheidung ist an diesem Tag aber nicht zu erwarten. Das Thema steht nicht auf der Tagesordnung. Der Prüfprozess könnte auch noch einige Wochen dauern. Laut Reuters ist der Verkauf  an die dänische Spedition DSV allerdings so gut wie besiegelt. Bund und DB handelten bereits einen Vorvertrag mit DVS aus. Der Bahn-Vorstand tritt heute Donnerstagabend zu finalen Entscheidung zusammen. Dannach müsste der DB-Aufsichtsrat in einer Sondersitzung darüber abstimmen. 

Warum favorisiert die Gewerkschaft Verdi eine Heuschrecke als Investor?

Verdi erwartet, dass weniger Jobs gestrichen werden, wenn der Private Equity Fonds CVC die Bahn-Tochter übernimmt. „Der drohende Arbeitsplatzabbau bei einer Übernahme von DSV ist immens“, schreibt die Gewerkschaft in einem Papier, das auch Stern und Capital vorliegt. Man bevorzuge daher den einzig verbliebenen Mitbewerber um Schenker, den Finanzinvestor CVC. Zwar werde CVC voraussichtlich die Europa-Zentrale von Schenker schließen und in der Konzern- und Deutschland-Zentrale Jobs abbauen. Dies sei aber kein Vergleich zu den erwarteten Arbeitsplatzverlusten bei einem Kauf durch DSV.

DSV ist ein dänischer Logistikkonzern, der weltweit mehr als 75.000 Menschen beschäftigt, mehrere Tausend davon bereits in Deutschland. Der Unterschied beim Jobabbau beläuft sich laut Verdi auf 5300 Jobs von knapp 15.000 in Deutschland. Übrigens: Auch bei Verbleib der DB Schenker-Tochter im DB-Konzern wären hunderte Stellen abgebaut worden. 

Ist die Private-Equity-Firma CVC wirklich die bessere Alternative?

Private Equity-Gesellschaften wie CVC sind dafür bekannt, größere Effizienzprogramme straff durchzuziehen, um Gewinne zu optimieren und weiterzuverkaufen. Außerdem beladen sie die Objekte ihrer Begierde auch gerne mit Schulden. So geschehen bei der Parfümeriekette Douglas, wo CVC am Werk war. Vor diesem Hintergrund erscheint es als zumindest erstaunlich, dass CVC ein größeres Interesse am Erhalt von möglichst vielen Jobs hat.

Möglich ist, dass CVC sein Angebot schönredet, um mit diesem Versprechen die Gewerkschaft zu ködern und damit die Politik unter Druck zu setzen und so doch noch zum Zuge zu kommen. CVC-Managing Partner ist Alex Dibelius, ein alter Bekannter des Scholz-Vertrauten Jörg Kukies, der als Staatssekretär im Lenkungskreis der Ampel sitzt, die über den Verkauf berät. Beide kennen sich aus ihrer Zeit bei Goldman-Sachs.

Welchen Käufer favorisiert die Bahn?

DB und Tochter Schenker selbst äußern sich nicht zum Verkauf oder zu einem Favoriten. „Wichtigstes Kriterium bleibt, dass ein Verkauf für die Bahn wirtschaftlich vorteilhaft sein muss“, heißt es bei Schenker. Aus beteiligten Kreisen ist zu hören, dass eine Rückbeteiligung des Staates nicht Teil des Verkaufsverfahren ist und dieser Fall wirtschaftlich mit Nachteilen verbunden sei. Die Rede ist von einem Verkäuferdarlehen, mit dem Schenker den Einstieg mitfinanzieren müsste. 

Gibt es Sicherheitsbedenken gegen den Verkauf? 

Nein, DB Schenker hat alle sicherheitsrelevanten Militärtransporte an DB Cargo übertragen. 

Wieso betreibt die Deutsche Bahn überhaupt die größte Lkw-Spedition Europas?

Dahinter steckt Bahnchef Hartmut Mehdorn. Der kaufte 2002 die LKW-Spedition teuer zurück, die sein Vorgänger Heinz Dürr zehn Jahre zuvor abgestoßen hatte, um sich aufs Kerngeschäft „Schiene“ zu konzentrieren. Mehdorn wollte aus der Bahn einen internationalen Logistiker machen, der Güter auf der Straße, Schiene, im Luft-und Seeverkehr transportiert. Diese Entwicklung sollte helfen, den Konzern an die Börse zu bringen. 

In der Ära Mehdorn wuchs denn auch das Auslandsgeschäft überdimensional an. 2019 zählte die DB 700 Tochterfirmen, von denen drei Viertel im Ausland angesiedelt waren. Rund die Hälfte der Gewinne wurden im Ausland erzielt und hatten zu großen Teilen nichts mit dem Kerngeschäft Schiene zu tun. 

Der Beitrag ist am 11. September erschienen und wurde am 12. September aktualisiert.

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