Die Zinsen sind niedrig. Deshalb suchen viele Investoren nach alternativen Anlagen. Privatleute stecken ihr Erspartes gerne in Immobilien, Unternehmern setzen hingegegen auf andere Unternehmen, gerne auch auf Mittelständler. „In den letzten Jahren flossen so weltweit Rekordvolumina in Private Equity- und Venture Capital-Fonds“, berichtete der Bundesverband Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften (BVK) im August 2020.
Zwar habe diese Form der Anlage in Deutschland keine vergleichbare Historie wie etwa in den USA oder Großbritannien. Trotzdem „setzt eine wachsende Zahl deutscher Investoren auf die Renditechancen dieser Anlageform.“
Noch ist Beteiligungskapital im Anlageportfolio von Investoren ein kleiner Baustein. Doch das Interesse an der Asset-Klasse wächst. Denn sie trägt demnach dazu bei, Renditeziele zu erreichen und Diversifikationseffekte zu nutzen.
Investoren setzten auf Mittelständler
„Daran hat auch die Corona-Krise nichts geändert" – sie hat „den Trend eher noch verstärkt. Finanzbedarf und günstige Einstiegsmöglichkeiten treffen jetzt auf viel Geld im Markt.“, stellte der Informationsdienst „ Die deutsche Wirtschaft“ (DDW) im Mai 2021 fest.
„Keine Assetklasse für Investments bietet spannendere Renditen als ein gut laufendes Unternehmen“, hieß es zur Veröffentlichung des Rankings der 1500 größten Mittelständlern in Investorenbesitz. Das gilt besonders für Industrieunternehmen. Sie belegen deshalb im Ranking den ersten Platz und machen rund 60 Prozent der Käufe aus. Auf Platz zwei folgten mit 35 Prozent Dienstleistungsunternehmen. Der Handel kam auf lediglich fünf Prozent.
Laut DDW setzten die Investoren unter den Mittelständlern vor allem auf Maschinenbauer. In 162 Unternehmen haben sie sich der Studie nach eingekauft. Mit 151 Unternehmen aus dem Gesundheitsbereich landet diese Branche auf dem zweiten Platz. Den dritten Platz auf dem Treppchen belegen Immobilienunternehmen (95) – dicht gefolgt von der Chemieindrustrie (92) und der Elektrotechnik (ebenfalls 92).
„Im Schnitt erzielen die Unternehmen in Investorenbesitz einen Umsatz von 139 Mio. Euro und haben 564 Mitarbeiter“, hieß es in der Untersuchung weiter. „Knapp 60 Prozent der gelisteten 1500 Investoren-Unternehmen werden von ausländischen Investmenthäusern gehalten.“
Größte Mittelständler in Investorenbesitz
DDW hat für das Ranking laut Redaktionsangaben Firmen berücksichtigt, an denen Private Equity- und Beteiligungsfirmen mindestens 50 Prozent halten. Die Größe hat der Informationsdienst anhand des Umsatzes ermittelt. Der Fokus lag demnach auf dem Mittelstand.
Allerdings wurden auch Tochterfirmen ausländischer Unternehmen berücksichtigt. Beispielsweise die Fast-Food-Kette Burger King. „Darüber hinaus gibt es gewisse Fälle, bei denen eine Abgrenzung nicht immer so einfach ist“, hieß es von DDW unter Verweis auf die Rolle von Family Offices als Investoren.
Das sind die größten deutschen Mittelständler in Investorenbesitz
Die zehn größten deutschen Mittelständler in Investorenbesitz

#10 Raffinerie Heide
Platz zehn des Rankings von „Die deutsche Wirtschaft“ geht an die Raffinerie Heide GmbH (Umsatz: 2,4 Mrd. Euro). Die nördlichste Erdölraffinerie in Deutschland verarbeitet nach eigenen Angaben jährlich mehr als vier Millionen Tonnen Rohöl. Das Unternehmen aus Hemmingstedt, dessen Anfänge bis ins Jahr 1856 reichen, gehört in seiner heutigen Form seit 2010 zur britischen Klesch Group. Der auf die Erdölbranche spezialisierte Investor übernahm den Mittelständler von Shell.

#9 Erwin Hymer
Die Corona-Pandemie erwies sich für die Erwin Hymer Group und ihren neuen Eigentümer zugleich als Chance und als Hindernis. Thor Industries hatte den deutschen Mittelständler 2019 übernommen. Thor ist nach eigenen Angaben der weltweit führende Hersteller von Freizeitfahrzeugen. Wohnmobile und -wagen entwickelten sich angesichts der internationalen Reisebeschränkungen 2020 zu Bestsellern. Das sorgte auch in Deutschland für Verkaufsrekorde. Allerdings wurde die Einbindung von Hymer in den Mutterkonzern durch die Pandemie verlangsamt, wie das Unternehmen aus Bad Waldsee bilanzierte. DDW führte die Hymer Group mit einem Umsatz von 2,5 Mrd. Euro auf Platz neun der größten Unternehmen in Investorenbesitz.

#8 Stada Arzneimittel AG
Auf Platz acht kam mit 2,6 Mrd. Euro Umsatz die Stada Arzneimittel AG. Die US-Finanzinvestoren Bain Capital und Cinven waren im August 2017 über ihre Nidda Healthcare Holding AG mit dem Übernahmeangebot von 63,85 Prozent der Stada-Aktien erfolgreich. Ein erster Anlauf einige Wochen zuvor war noch gescheitert. In den Medien war die Rede von einer der "spektakulärsten Übernahmeschlachten in Deutschland der vergangenen Jahre". Zu dem deutschen Generika-Hersteller gehören die Marken Ladival, Cetebe und Grippostad.

#6 Axel Springer
Ein Unternehmen ganz oder teilweise an Investoren zu verkaufen, ist oft eine strategische Entscheidung für mehr Wachstum. Das steckte auch hinter dem Einstieg der New Yorker Private-Equity-Gesellschaft Kohlberg Kravis Roberts & Co. (KKR) bei der Axel Springer SE (DDW: 3,1 Mrd. Euro Umsatz). Sie war im Sommer 2019 mit ihrem freiwilligen öffentlichen Übernahmeangebot erfolgreich. „KKR verfügt über erhebliche Expertise in den Bereichen Digital und Medien sowie eine beeindruckende Bilanz an erfolgreichen Investitionen in Deutschland und in ganz Europa. Der Investor stellt für Axel Springer einen starken strategischen und finanziellen Partner dar“, hatte das Medienhaus den Schritt begründet. KKR hält aktuell 35,6 Prozent der Aktien. 22,5 Prozent sind noch direkt im Besitz der Verlegerin Friede Springer. Vorstandsvorsitzende Mathias Döpfner kommt auch dank eines millliardenschweren Aktiengeschenks von Springer auf 21,9 Prozent der Anteile. 12,9 Prozent entfallen auf den kanadischen Pensionsfonds CPPIB. Er war kurz nach KKR bei Axel Springer eingestiegen.

#5 Parfümerie Douglas
Im August 2015 war die Übernahme bei Douglas perfekt. Der britische Finanzinvestor CVC Capital Partners übernahm 85 Prozent der Parfümeriekette aus Düsseldorf. Die Gründerfamilie Kreke um den damaligen CEO Henning Kreke hielt eine Minderheitsbeteiligung von 15 Prozent an dem Mittelständler. „CVC ist ein langfristiger Investor, der durch seine Erfahrung mit der dänischen Drogeriekette Matas über eine ausgezeichnete Branchenexpertise verfügt. Gemeinsam werden wir unsere strategischen Chancen optimal nutzen und die Strahlkraft der Marke Douglas weiter steigern“, hieß es zur Übernahme. Douglas kam im DDW-Ranking mit einem Umsatz von 3,5 Mrd. Euro auf Platz fünf.

#4 Klöckner
Nicht immer verlaufen Übernahmen harmonisch. 2015 hatte die Friedhelm Loh Group ihre Beteiligung am Stahlgroßhändler Klöckner & Co. SE (Umsatz: 6,3 Mrd. Euro) auf 10,38 Prozent erhöht. 2020 versuchte der mittlerweile zum Haupteigner aufgestiegene Loh (Ex-BDI-Vizepräsident) laut „Manager Magazin“, das Unternehmen mit dem Finanzinvestor Apollo zu übernehmen: „Doch sein Angebot wurde von seinen angestellten Managern als zu niedrig zurückgewiesen. Der Deal ist geplatzt.“ Der gelernte Starkstromelektriker ist derzeit mittelbarer Großaktionär der Gesellschaft und Mitglied des Aufsichtsrats.

#3 Zalando
Beteiligungen müssen nicht für die Ewigkeit sein. 2010 war der schwedische Investor Kinnevik AB beim Online-Modehändler Zalando (Umsatz laut DDW-Ranking: 6,4 Mrd. Euro) eingestiegen. Kinnevik war zehn Jahre lang der größte Anteilseigner des Berliner Versandhändlers. Im Februar 2021 aber verkündete der Investor überraschend, seine 21 Prozent an Zalando an seine Aktionäre auszuschütten. „Nach einer so erfolgreichen Partnerschaft ist es ein logischer nächster Schritt, den Kinnevik-Aktionären nun ein direktes Investment in Zalando zu ermöglichen. Wir freuen uns darauf, sie als Zalando-Aktionäre zu begrüßen und sehen dies als Chance, die Unterstützung für unsere Vision und Strategie weiter auszubauen“, teilte Zalando mit.

#2 TK Elevator
Platz zwei im Investoren-Ranking von DDW ging an die TK Elevator GmbH aus Essen (8 Mrd. Euro). Die Private-Equity-Firmen Advent International aus den USA und Cinven aus dem Vereinigten Königreich hatten im Juli 2020 das Aufzuggeschäft der Thyssenkrupp AG übernommen. „Thyssenkrupp Elevator ist ein attraktives Investment mit starken, langfristigen Wachstumstreibern“, hieß es vom Konsortium. Der gekaufte Mittelständler sprach seinerseits von den richtigen Partnern, um die Gruppe als unabhängiges Unternehmen weiterzuentwickeln. TK Elevator aus Düsseldorf hat sich nach eigenen Angaben zu einem der weltweit führenden Unternehmen für Aufzugsysteme entwickelt.

#1 Amprion
Platz eins unter den 1500 analysierten Unternehmen in Investorenbesitz ging im DDW-Ranking mit großem Abstand an die Amprion GmbH. DDW bezifferte den Umsatz auf zuletzt 13,8 Mrd. Euro. Die Amprion GmbH mit Hauptsitz in Dortmund ist einer von vier Übertragungsnetzbetreibern in Deutschland, betreibt also die Infrastruktur der überregionalen Stromnetze. Haupteigentümer ist die M 31 Beteiligungsgesellschaft mbH und Co. Energie KG (74,9 Prozent), ein Konsortium aus überwiegend deutschen institutionellen Investoren aus der Versicherungsbranche sowie Pensionsfonds. Dazu zählen nach Unternehmensangaben MEAG Munich Ergo, Swiss Life und Talanx. Den Rest der Anteile hält der ehemalige Alleineigentümer, die RWE AG.