Familienunternehmen haben in der Corona-Krise erneut bewiesen, wie wichtig sie für die Weltwirtschaft sind. Laut dem Family Business Index 2021 haben 2020 alle familiengeführten beziehungsweise -kontrollierten Firmen einen Umsatz von zusammen 7,28 Billionen US-Dollar generiert und 24,1 Millionen Menschen Arbeit gegeben. Gemessen am Umsatz hätten Familienunternehmen damit nach den USA und China den drittgrößten Beitrag zur Weltwirtschaft geleistet, teilten die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY und die Universität St. Gallen mit.
Größte Familienunternehmen der Welt
Der Index listet die 500 größten Familienunternehmen der Welt auf. Fast jedes Dritte ist den Angaben zufolge über 100 Jahre alt. Diese Stabilität – häufig dank einer besonders verantwortungsbewussten und langfristig gedachten Führung durch die Gründerfamilie – hat sich während der Pandemie bezahlt gemacht. Deutschland ist mit mehreren Firmen in den Top 10 der größten Familienunternehmen der Welt vertreten. Die Spitzengruppe wird jedoch insbesondere von einem Land dominiert.
Um für das Ranking berücksichtigt zu werden, mussten Unternehmen diese Anforderungen erfüllen:
- Mindestens zwei Familienmitglieder sitzen in der Firmenleitung oder im Aufsichtsrat.
- Die Familie besitzt großen Einfluss der Familie auf die Geschäfte. Bei privaten Unternehmen soll sie mehr als 50 Prozent der Anteile und Stimmrechte kontrollieren, bei börsennotierten Unternehmen mindestens 32 Prozent.
- Der Index berücksichtigt nur eine Firma pro Familie. Besitzt sie mehrere Großunternehmen, wurde entweder die Mutterfirma oder die umsatzstärkere Firma ausgewählt.
Die Daten der Analyse stammen aus öffentlich zugänglichen Berichten und Datenbanken. Die Zahlen durften nicht älter als 24 Monate sein.
Dies sind laut EY und der Universität St. Gallen gemessen am Umsatz die größten Familienunternehmen der Welt:
Die größten Familienunternehmen der Welt 2021
Michael Dell gründete 1984 ein Unternehmen, aus dem später die Dell Computer Corporation wurde. Die Firma firmiert heute unter dem Namen Dell Technologies und zählt zu den größten Computerherstellern der Welt. Der „2021 EY and University of St. Gallen Family Business Index“ führte Dell mit einem Umsatz von 94,2 Mrd. US-Dollar auf Platz zehn der größten Familienunternehmen der Welt. Der 1965 geborene Firmengründer ist Vorstandsvorsitzender und CEO seines Unternehmens, das rund 158.000 Menschen beschäftigt. Er brachte Dell 1988 an die Börse. 2013 folgte die Kehrtwende in einem der größten Management-Buy-outs der US-Geschichte. Mittlerweile ist Dell wieder an der New York Stock Exchange notiert. Die Gründerfamilie kontrolliert den Angaben zufolge 75 Prozent der Anteile. Das Tech-Unternehmen lag im Index einen Platz vor Bosch.
Comcast ist ein Riese in der weltweiten Medienbranche. Das Konglomerat mit Sitz in Philadelphia ist der größte Kabel-TV- und Internetanbieter der USA und eine der größten Sendeanstalten der Welt. Zu Comcast gehören die Senderfamilie NBC, das Filmstudio Universal Pictures und die Sky Group. Comcast wurde 1963 von Ralph Roberts gegründet. Sein Sohn Brian Roberts führt heute das Unternehmen. Es belegte mit einem Umsatz von 103,6 Mrd. Dollar Platz neun des Rankings. Knapp 34 Prozent der Anteil werden dem Index zufolge von der Gründerfamilie kontrolliert.
Das Handelsunternehmen Cargill ist international weniger bekannt als die anderen Familienriesen aus den USA. Dabei gehört die Firma mit Hauptsitz in Wayzata, Minnesota, zu den traditionsreichsten Vertretern dieser Liste. Sie wurde 1865 von William Wallace Cargill gegründet. Cargill ist das erste Unternehmen des Rankings, das aktuell nicht von einem Familienmitglied geführt wird. CEO ist seit 2013 David MacLennan. Allerdings hat er Cargill im Blut. Sein Vater Everett arbeitete laut der Firmenbiografie 42 Jahre lang für das Unternehmen. Er begann als Getreidehändler und arbeitete sich zum Top-Manager hoch. Cargill belegte mit einem Umsatz von 114,6 Mrd. Dollar Platz acht des Rankings. Die Gründerfamilie kontrolliert demnach 85 Prozent der Anteile.
Auf Platz sieben kam mit einem Umsatz von 115 Mrd. Dollar Koch Industries. Das Öl- und Chemiekonsortium ist eines von nur drei Unternehmen der Top 10, das nicht an den Börsen gelistet ist. Die Gründerfamilie kontrolliert den Angaben zufolge 84 Prozent des Unternehmens, das rund 120.000 Menschen beschäftigt. Firmengründer war 1940 Fred Koch. Sohn Charles leitet das Unternehmen heute. Sein Bruder David starb 2019. Dessen Ehefrau Julia Koch und ihre drei Kinder erbten rund 42 Prozent an dem Konsortium. Sie wurde damit im „Forbes“-Ranking auf einen Schlag zur drittreichsten Frau der Welt.
Familienunternehmen bilden eine Säule der deutschen Wirtschaft. Sie stellen zwei Vertreter in den weltweiten Top 10. Nicht immer hat die dominante Familie die Firma auch gegründet – siehe: BMW. Die 1916 gegründete Bayerische Motoren Werke AG kam mit einem Umsatz von zuletzt 122,2 Mrd. Dollar auf Platz sechs. Die Industriellenfamilie Quandt hält über die Geschwister Susanne Klatten und Stefan Quandt rund 46,8 Prozent der Anteile an BMW. Deren Vater Herbert Quandt hatte Anfang der 1960er Jahre den in Geldnot geratenen Autobauer saniert.
Mit der Ford Motor Company auf Platz fünf führte der Familienindex einen weiteren Autobauer in den Top 10. Die Nachfahren des Firmengründers Henry Ford halten laut der Analyse 40,0 Prozent der Anteile an dem börsennotierten Unternehmen und stellen zwei der 16 Aufsichtsratsmitglieder. Der Umsatz des einstigen Marktführers belief sich zuletzt auf 127,1 Mrd. Dollar.
Das größte deutsche Familienunternehmen kam im weltweiten Vergleich mit einem Umsatz von 140 Mrd. Dollar auf Rang vier. Die Schwarz-Gruppe (Lidl, Kaufland) ist allerdings die Nummer eins, wenn es um Familienunternehmen in Privatbesitz geht und zudem der einzige Vertreter dieser Rangliste, der sich vollständig in Familienbesitz befindet. Der Heilbronner Kaufmann Josef Schwarz war 1930 als Gesellschafter in die Lidl & Co. Südfrüchtenhandlung eingetreten. Sein 1939 geborener Sohn Dieter Schwarz machte daraus das größte Einzelhandelsunternehmen in Europa.
Die Investmentgesellschaft Exor wurde von Giovanni Agnelli gegründet, einem der Väter des Autobauers Fiat. Exor hält unter anderem Beteiligungen an Ferrari und Fiat Chrysler Automobiles. Die italienische Unternehmerfamilie Agnelli kontrolliert den Angaben zufolge 53 Prozent des Unternehmens, das zuletzt einen Umsatz von 145,3 Mrd. Dollar erzielte. CEO ist John Elkann, ein Enkel des Firmengründers.
Berkshire Hathaway ist neben Dell das zweite Familienunternehmen der Top 10, das noch vom Gründer geleitet wird. Das Unternehmen geht zwar auf einen 1839 gegründeten Textilhersteller zurück. 1955 aber verwandelte es Warren Buffett in eine Investmentfirma. Seine Familie kontrolliert laut dem Index 37,2 Prozent an dem Unternehmen mit einem Umsatz von 245,5 Mrd. Dollar. Neben Buffett sitzt auch dessen Sohn Howard Graham im Aufsichtsrat.
Das Rennen um Platz eins war nicht mal ansatzweise knapp. Walmart lag mit einem Umsatz von 559,1 Mrd. Dollar an der Spitze des Family-Index von EY und der Universität St. Gallen. Damit übertraf der größte Einzelhändler der Welt den Umsatz von Berkshire Hathaway auf Platz zwei um mehr als das Doppelte. Die Nachfahren des Firmengründers Sam Walton kontrollieren den Angaben zufolge 48,9 Prozent des börsennotierten Unternehmens. Chairman ist Greg Penner, der Ehemann einer Enkelin von Sam Walton.
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