Das Chaos beim jüngsten Solarförderprogramm des Verkehrsministeriums, das nach nur einem Tag ausgeschöpft war, hat zu erheblichen Auftragsverlusten bei Anbietern von Solaranlagen geführt. Das berichteten mehrere Unternehmen auf Capital-Anfrage. Der Grund dafür sei, dass viele Kunden, die bei dem Förderprogramm Ende September leer ausgegangen sind, ihre Aufträge für Solaranlagen und Speicher storniert hätten oder mit neuen Aufträgen zögerten, um auf den zweiten Teil des Programms im kommenden Jahr zu warten, heißt es bei den Unternehmen.
Im Ergebnis sei das Förderpaket sogar „kontraproduktiv“ für den Solarausbau, sagte Peter Knuth, Chef der Photovoltaik-Fachbetriebskette Enerix, im Capital-Interview. „Die meisten, die das Programm nutzen wollten, hätten wohl auch ohne die neue Förderung Anlagen gekauft.“ Nach Knuths Angaben führte das Chaos dazu, dass bei den 100 Enerix-Partnerbetrieben in Deutschland im Schnitt jeweils acht Aufträge weggebrochen sind. Das seien rund 800 Verträge mit einem Volumen von etwa 20 Mio. Euro – etwa zehn Prozent des Jahresumsatzes 2022 des Unternehmens aus Regensburg. „Niemand in der Solarbranche hat dieses Förderprogramm benötigt“, sagte Knuth.
Ähnliche Folgen verzeichnet auch das Hamburger Energieunternehmen Lichtblick. Man habe zehn Prozent der Kunden verloren, weitere zwei Drittel zögerten mit dem Abschluss. Dadurch sei der Vertrieb „stark eingeschränkt“, erklärte das Unternehmen. Der erhoffte Schwung des Förderprogramms „gleicht eher einer Vollbremsung“, sagte Lichtblick-Chef Constantin Eis Capital. Die Chance, mit dem Programm Speicher und Flexibilitäts-Potenziale vollständig auszuschöpfen, sei vertan. Auch der Photovoltaik-Anbieter Enpal hatte nach dem Stopp des Förderprogramms von Kaufzurückhaltung berichtet und vor einem „Stop-and-go“ gewarnt.
Mit der Förderung von bis zu 10.200 Euro pro Antrag will Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) eigentlich den Absatz neuer Solaranlagen, Speicher und Ladestationen für Elektroautos ankurbeln. Dafür stehen insgesamt 500 Mio. Euro bereit – davon aber nur 300 Mio. Euro in diesem Jahr, was selbst viele in der Branche überrascht hatte. Zum Start des Programms Ende September wurden rund 33.000 Zuschläge erteilt. Tausende Interessenten gingen dagegen leer aus – unter anderem weil die Website, über die die Anträge gestellt werden konnten, völlig überlastet war.
Unternehmen warnen vor Fortsetzung
Nach den Plänen des Verkehrsministeriums sollen die verbliebenen 200 Mio. Euro im kommenden Jahr vergeben werden. Daran gibt es in der Solarbranche heftige Kritik: Nach Capital-Informationen erwägen mehrere Unternehmen eine Petition an den Bundestag, in der sie fordern, das Programm sofort zu beenden. Dies soll Anreize für Interessenten verhindern, auf die Fortsetzung zu warten – zumal bei maximaler Förderhöhe nur weitere rund 20.000 Zuschläge möglich sind. Auch dann dürften viele Interessenten nicht zum Zuge kommen.
Dagegen schlägt das norwegische Solarunternehmen Otovo vor, in der zweiten Runde die maximale Fördersumme pro Haushalt zu senken – damit mehr Antragsteller einen Zuschlag erhalten können. Die Regierung müsse an den kommunizierten Plänen festhalten, „um keine künstlichen Schwankungen zu erzeugen, die den Markt nur destabilisieren können“, sagte Otovo-Chef Andreas Thorsheim. Das deutsche Förderprogramm sei „das Großzügigste, das Europa je gesehen hat“, fügte er hinzu. Trotz der Probleme bei der Umsetzung habe es Menschen motiviert, ihre Energiezukunft in die Hand zu nehmen. „Signifikante“ Stornierungen gebe es bei Otovo nicht. Allerdings warteten einige Kunden auf die zweite Förderrunde, sagte Thorsheim.