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Gastkommentar Bank ohne Service

Filialschließungen sparen zwar Kosten, die Banken riskieren aber die Zufriedenheit ihrer Kunden. Von Michael Bucka
Bankschalter: Die Zahl der Filialen sinkt
Bankschalter: Die Zahl der Filialen sinkt
© dpa

Seit Jahren sind die Ansichten über das stationäre Bankwesen gespalten. Die einen halten Filialen für veraltet und ineffizient, während sich die anderen verzweifelt an dieser vermeintlichen Festung im Kundenkontakt festklammern. Die Wahrheit liegt dabei irgendwo zwischen den Dogmen von Hypo-Vereins- und Commerzbank.

Die Debatte um die Filialkultur im deutschen Bankensektor nimmt groteske Züge an. Kaum eine Woche vergeht ohne Statements aus den Riegen des Finanzsektors: Sucht Ende Januar die Hypo-Vereinsbank ihr Heil im radikalen Stellenabbau und der Schließung von Filialen, konstatiert zwei Wochen später bereits die Commerzbank die Erhaltung ihres Filialnetzes als große Chance und Alleinstellungsmerkmal gegenüber der auf Effizienz bedachten Konkurrenz. Man positioniert sich eifrig mit überraschend konsequenter Schwarz-Weiß-Denke.

Michael Bucka, Geschäftsführer der GMC Software Technology GmbH
Michael Bucka, Geschäftsführer der GMC Software Technology GmbH

Die Daten der EZB bestärken dabei den Eindruck, dass deutsche Banken ihre Filialen allgemein vor allem als finanzielle Belastung wahrnehmen: Zwischen 2008 und 2012 sank die Zahl der Bankfilialen von 39.531 auf 36.239. Im Vergleich mit den europäischen Nachbarn ist dies überraschend viel. In Italien sank die Zahl im Vergleichszeitraum nur um 1641, in Frankreich um 1108. Das Filialsterben ist en vogue. Was übrig bleibt, so beanstanden Gegner wie die Commerzbank, sind Probleme bei Kundenservice und -wahrnehmung. Wie könnte also ein Weg der goldenen Mitte aussehen?

Präsenz auf allen Kanälen

Im Management fällt in diesem Zusammenhang häufig das Stichwort ‚Multichannel‘. Das heißt, man verteufelt das Filialgeschäft nicht, nutzt aber darüber hinaus auch intensiv die Online- und Mobile-Kanäle. Ziel muss es sein, den Kunden über den von ihm gewünschten Kanal zu erreichen – und ihm so die Hemmung zu nehmen, mit der Bank in Kontakt zu treten.

Der technische Fokus auf unterschiedliche Kommunikationskanäle bildet aber noch nicht per se die Lösung. Banken haben dabei immer noch zwei Hürden zu überwinden. Zum einen den Erhalt der Mitarbeiterzufriedenheit: Laut einer Accenture-Studie fühlen sich viele Bankangestellten „zunehmend unzufrieden und frustriert, sie fühlen sich im Stich gelassen, was ihre fachliche und technische Weiterentwicklung betrifft“, wie Christof Innig, Accenture-Bereichsleiter im Bereich Banken, im Januar der Süddeutschen Zeitung sagte. Ungenügende IT-Schulungen wirken sich so auf die Motivation der Mitarbeiter, ihre Arbeit und letztlich auch die Kundenzufriedenheit aus.

Die zweite Herausforderung ist es, beim Schließen von Filialen und Fokussieren auf andere Kommunikationswege ein individuelles Gesicht zu behalten, zu dem der Kunde ein Vertrauensverhältnis aufbauen und von dem er sich zu dem sensiblen Thema Finanzen beraten lassen möchte.

An allen „Touchpoints“ Präsenz zeigen

Der Tod der Bankfiliale ist also allen Unkenrufen zum Trotz nicht in Sicht. Die reine Online-Kommunikation ist technisch kein Problem, doch ist es wichtig, dabei den Kunden nicht zu vergraulen. In jedem Fall sollte man versuchen, nicht nur Web-Service, sondern auch die Werbung so stark wie möglich zu individualisieren. Der Kunde fühlt sich so wahrgenommen und gewinnt den Eindruck einer persönlichen Kommunikation, beispielsweise durch interaktive digitale Kontoauszüge oder individualisierte Empfehlungen zu Anlageprodukten, basierend auf dem Wissen der Bank über den jeweiligen Kunden.

Der beste Weg liegt aber in der wörtlichen Umsetzung des Multichannel-Begriffs: den Kunden da abholen, wo dieser Bedarf an Kommunikation zeigt. Von der Filiale über persönliche Beratung zuhause bis hin zum Online- und Mobile-Banking. Es gilt, an allen „Touchpoints“ Präsenz zu zeigen.

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