Masayoshi Son ist eigentlich kein Mann, der die Ruhe sucht. Schlafen, so hat er es einmal auf einer Bühne gesagt, sehe er als Zeitverschwendung. Mit der Einstellung hat es der japanische Selfmade-Milliardär weit gebracht: Sein Unternehmen Softbank baute er zum größten Tech-Investor der Welt auf, investierte Milliarden in Start-ups wie Uber und Wework, galt zeitweise als einflussreicher Mann im Silicon Valley.
Ein Platz in der zweiten Reihe? Das war für den Visionär und Macher Son bis vor kurzem undenkbar. Umso größer war die Überraschung, als der Unternehmer im November die Leitung des Investmentgeschäfts an seinen Finanzchef Yoshimitsu Goto abgab.
Dann hörte man lange nichts mehr von dem Japaner. Sieben Monate nach dem Rückzug ist Son am Dienstag nun erstmals wieder in der Öffentlichkeit aufgetreten. Bei der Softbank-Hauptversammlung in Tokio sprach er auch über die Gründe für seine Pause.
Sinnkrise bei Softbank
Im Oktober 2022 habe ihn eine Schaffenskrise ereilt, erzählte Son. „Ich habe wirklich sehr geweint.“ Mehrere Tage sei das so gegangen. Er habe sich gefragt, wie viele Jahre ihm als Unternehmer noch bleiben. „Ich dachte: Das ist nicht das, was ich wollte. So kann ich meine Karriere nicht beenden.”
Masaysoshi Sons Vermächtnis ist aufgrund einiger Misserfolge von Softbank und dessen Investmentarm, dem 2017 gegründeten Vision Fund, angeschlagen. Dieser gilt mit einem Gesamtvolumen von mehr als 150 Mrd. Dollar als weltweit größter Tech-Investor.
Seit 2019 hatten sich die Ausfälle bei den Deals gehäuft. Erst verhob sich Softbank mit einem Investment in den inzwischen insolventen Zahlungsdienstleister Wirecard, dann folgte ein verlustreicher Skandal um den New Yorker Bürovermieter Wework. Obendrein enttäuschte der Börsengang von Uber.
Ab 2022 drückten zusätzlich noch die miese Stimmung an den Börsen und besonders der Kursverfall der Tech-Aktien auf den Wert des Softbank-Portfolios. Das Ergebnis: Der japanische Technologiekonzern musste hohe Buchverluste hinnehmen. Für 2022 wies Softbank für seinen Investmentarm einen Rekordverlust von 36 Mrd. Euro aus. In der Bilanz konnte das Unternehmen die Verluste allerdings noch mit dem Verkauf von Anteilen am chinesischen E-Commerce-Riesen Alibaba wettmachen, sodass unterm Strich nur ein Verlust von 6,6 Mrd. Euro blieb.
Seit November in der Defensive
Unter dem Eindruck dieser Pleitenserie hatte sich Son im November aus dem operativen Investmentgeschäft zurückgezogen und angekündigt, dass sein Unternehmen in den „Verteidigungsmodus“ wechseln werde. Konkret hieße das: weniger Deals, Personalabbau, Verkauf von Aktien.
Son selbst erklärte damals, er sei „kerngesund“. Sein Rückzug habe vielmehr damit zu tun, dass er ein schlechter Defensivspieler sei und sich lieber stärker um den Chipdesigner Arm kümmern wolle, eine Tochter von Softbank. Über seine persönliche Krise verlor er zu dem Zeitpunkt kein Wort.
Seit seinem Zusammenbruch habe er viel über sein Vermächtnis nachgedacht, sagte Son am Dienstag bei der Hauptversammlung in Tokio zu seinen Aktionären. „Sie haben vielleicht gedacht, dass ich nicht mehr in der Öffentlichkeit auftrete, weil ich mich für die großen Verluste schäme.“ Hinter den Kulissen habe er jedoch hart gearbeitet, an neuen Patenten und Erfindungen. Nun sei es an der Zeit für ein Comeback.
„Jetzt ist es an der Zeit, um in die Offensive zu schalten“, sagte Son. Mit diesem Leitspruch war auch seine Präsentation überschrieben. Im Kern seiner neuen Angriffsstrategie: das Megathema Künstliche Intelligenz.
In der Krise sei in ihm eine Erkenntnis gereift: „Ich möchte ein Architekt sein, der die Zukunft der Menschheit gestaltet“, so Son. Als Schlüssel hierfür sehe er die KI-Revolution, die er mit Softbank anführen wolle. Softbanks Chip-Entwickler Arm solle dabei eine zentrale Rolle spielen.