Die Lieblingsstrategie des New Yorker Hedgefonds-Manager Dan Loeb besteht darin, in angeschlagene Unternehmen einzusteigen – möglichst dann, wenn sie wirklich am Boden liegen. Es gibt kaum einen besseren Zeitpunkt für ein Investment, glaubt Loeb – und bislang hat er häufig recht behalten. Inzwischen wacht der Neffe der Barbie-Erfinderin Ruth Handler, der seine Hedgefonds-Karriere mit 3,3 Mio. Dollar an Kapital begann, über knapp 12 Mrd. Dollar an Investorengeldern.
Dass Loeb sich als jüngstes Investmentziel den ehemaligen Coworking-Superstar Wework ausgeguckt hat, der einst 47 Mrd. Dollar wert war und im November nach langem Siechtum schließlich in die Insolvenz rutschte, erscheint angesichts dessen nur als folgerichtig. Allerdings hat sich Loeb für die Unternehmung mit Adam Neumann zusammengetan, dem Gründer von Wework und vielleicht größten Blender, den die Tech-Industrie je hervorgebracht hat – und das sorgt dann doch für Verwunderung. Schließlich ist Loeb auch dafür bekannt, dass er als aktivistischer Investor „gierige Manager, die Shareholder Value vernichten“, unter Beschuss nimmt – so formulierte es einmal das „New York Magazine“ in einem Loeb-Porträt. Und auf wohl keinen trifft diese Beschreibung so gut zu wie auf Neumann.
Am Dienstag wurde bekannt, dass der Wework-Gründer offenbar seit längerem versucht, seine ehemalige Firma zurückzukaufen. Wie aus einem Schreiben seiner Anwälte hervorgeht, hat sich Neumann bereits mehrfach mit Gläubigern des insolventen Unternehmens getroffen. Allerdings habe ihm das Management der Firma bislang die kalte Schulter gezeigt, so sei man „bestürzt über das mangelhafte Engagement“ von Wework, auch nur die für ein Angebot nötigen Informationen bereitzustellen, kritisieren die Anwälte. Schon im Herbst 2022 habe Neumann demnach angeboten, mit 1 Mrd. Dollar das strauchelnde Unternehmen zu stabilisieren, die entsprechenden Verhandlungen habe die Unternehmensführung dann aber kurzfristig abgebrochen.
Softbank versenkte 14 Mrd. Dollar in Wework
Neumann, so die Anwälte, habe eine „wertmaximierende Transaktion für alle Stakeholder“ von Wework im Sinn. Für die bisherigen Geldgeber des Coworking-Anbieters dürfte sich diese Formulierung wie Hohn anhören.
Im Besonderen dürfte das auf Softbank zutreffen, den japanischen Tech-Investor des Unternehmers Masayoshi Son. Er hat allein seit 2017 14 Mrd. Dollar im Unternehmen versenkt. Damals wurde Wework von seinen Investoren auf die Rekordsumme von 47 Mrd. Dollar taxiert – ein heute schwer zu erklärender Wert für ein Unternehmen, das im Kern als Bürovermieter fungierte, sich unter Neumann aber öffentlich als Tech-Firma präsentierte, die „das Bewusstsein der Welt“ erweitere.
Neumanns esoterisches Gefasel, eklatante Governance-Probleme und Zweifel am Geschäftsmodell vermasselten 2019 dann aber den geplanten Börsengang zu der Fabelbewertung. Schließlich übernahm Softbank das Ruder, setzte Neumann ab und brachte Wework 2021 tatsächlich an die Börse – zu einer Bewertung, die 80 Prozent unter dem Rekordwert von 2019 lag.
Im Zuge der IPO-Pläne 2019 war unter anderem bekannt geworden, dass Neumann sich privat die Markenrechte des Unternehmens gesichert hatte, um sie anschließend für 6 Mio. Dollar an seine eigene Firma zu verkaufen. Zudem war er als Vermieter von Bürogebäuden aufgetreten, für die er von Wework überteuerte Mieten kassierte.
Symbol für Risikokapital-Exzesse
Die Coronapandemie und die Krise des Gewerbeimmobilienmarkts zwangen Wework schließlich in die Insolvenz. Die Cashbestände des Unternehmens gingen zur Neige, sagte ein Anwalt des Unternehmens Anfang der Woche einem Insolvenzrichter. Laut der „New York Times“ dürfte Wework bei einem Verkauf höchstens noch 500 Mio. Dollar einbringen.
Um Neumann aus dem Unternehmen drängen zu können, hatte Softbank über die Jahre etwa 1 Mrd. Dollar an Entschädigungszahlungen an den Gründer geleistet. Dass Neumann das Geld nutzen würde, um den Neueinstieg zu versuchen, dürften die Japaner kaum auf der Rechnung gehabt haben.
Der Aufstieg und Fall von Wework ist längst zum Symbol für Exzesse der Start-up- und Risikokapitalwelt geworden – und für die Unfähigkeit bestimmter Marktteilnehmer, aus Fehlern zu lernen. Als Adam Neumann 2022 ein neues Immobilien-Start-up gründete, erhielt er dafür prompt 350 Mio. Dollar von Venture-Capital-Geber Andreessen Horowitz, offenbar die höchste Summe, die der Investor – immerhin einer der weltweit renommiertesten – je in ein Start-up gesteckt hatte.
Bei Dan Loebs Third Point zumindest scheint es noch Zweifel an der Sinnhaftigkeit einer Partnerschaft mit Neumann zu geben. So ließ der Hedgefonds nach Bekanntwerden der Rückkaufpläne verlauten, man habe „nur vorläufige Gespräche mit Flow und Adam Neumann über ihre Ideen für Wework geführt“ – und sich „nicht verpflichtet, sich an einer Transaktion zu beteiligen“.