Mit spektakulären Auktionen elektrisiert das deutsche Kinderhilfswerk Unicef derzeit den Kunstmarkt. Rund 43 Mio. Euro hat Unicef nach eigenen Angaben mit der Versteigerung der Kunstsammlung Rau in diesem Jahr bereits eingenommen, weitere Auktionen stehen kurz bevor. Doch die Herkunft der Kunstwerke und die früheren Eigentümer sind nach Capital-Recherchen nicht immer vollständig nachvollziehbar.
Um die Kunstsammlung des 2002 verstorbenen Multimillionärs Gustav Rau, deren Wert auf rund 500 Mio. Euro geschätzt wird, tobte lange ein erbitterter Streit zwischen Unicef und Raus eigenen Stiftungen in der Schweiz und in Liechtenstein. Für Investoren ist heute nicht immer leicht zu durchschauen, wer die Kunstwerke zu welcher Zeit besaß.
Raus Schweizer Dritte-Welt-Stiftung wird nach ‚Capital‘-Recherchen bei den jetzigen Versteigerungen als Vorbesitzerin der Kunstschätze nicht erwähnt. So wurde etwa Claude Monets berühmtes Gemälde „Le Pont de bois“ im Juni für 7 Mio. Euro zu Gunsten von Unicef versteigert, ohne Raus Dritte-Welt-Stiftung im Provenienznachweis zu nennen – wie auch nicht bei den anderen Gemälden der rund 800 Werke umfassenden Sammlung. Stattdessen wird bei der Auktion zu Gunsten von Unicef die "Collection Rau" als Besitzer genannt. Und Unicef selbst sieht sich als Eigentümer. Im Wildenstein-Katalog dagegen, dem renommiertesten Werkverzeichnis für Monets Gemälde, wurde die Dritte-Welt-Stiftung schon früher als Eigentümerin von „Le Pont de bois“ aufgeführt.
Umstrittene frühere Besitzverhältnisse
Selbst jahrelang mit dem Fall befasste Juristen sind weiter uneins über die früheren Besitzverhältnisse der Kunstobjekte, auch in Bezug auf Raus Stiftung in Liechtenstein. Der ehemalige Unicef-Anwalt Anton Maurer von der Kanzlei CMS sagt heute, Raus Liechtensteiner Stiftung Crelona sei "zu keiner Sekunde Eigentümer der Sammlung“ gewesen. Die Kunstrechtlerin Teresa Giovannini von der Genfer Anwaltskanzlei Lalive, die aufseiten der Schweizer Stiftungen tätig war, sagt: „Auch wenn Unicef und Rechtsanwalt Maurer dies bestreiten sollten, war die Stiftung Crelona seit 1997 rechtmäßige Eigentümerin der meisten Kunstobjekte.“ Der Rest der Sammlung habe Raus Dritte-Welt-Stiftung gehört.
Capital hat Experten gefragt, was eine umstrittene Provenienz von Gemälden für Investoren auf dem Kunstmarkt bedeuten könnte. „Käufer gehen bei Auktionen im angelsächsischen Raum immer ein hohes Risiko ein“, sagt der Münchner Anwalt und Experte für Kunstrecht Michael Feuerberg. Dort gebe es keinen gutgläubigen Erwerb auf Auktionen, warnt der Jurist. Es könne passieren, dass man zwar ein Gemälde ersteigert, aber kein Eigentum erworben habe. „Selbst wenn jemand bei Sotheby’s ein Bild für Millionen kauft, kann es sein, dass Jahre später ein anderer seine Rechte anmeldet“, so Feuerberg.
Unicef sieht sich als rechtmäßige Eigentümerin der Bilder. Es seien auch keine Ansprüche von Dritten bekannt, so das Kinderhilfswerk. Mit Raus Schweizer Stiftung habe man ein Abkommen geschlossen, das „die Eigentümerstellung bestätigt“. Doch ganz sicher scheint sich das Kinderhilfswerk selbst nicht immer zu sein. So hieß es in einem geheimen Schreiben von Unicef anlässlich einer Ausstellung einigere Werke: „Sollte nachträglich festgestellt werden, dass an den Werken Eigentumsansprüche bestehen“, wolle man um eine „Rückgabefrist von zwölf Monaten“ bitten. Auf Anfrage von Capital schreibt Unicef: „Sollten zukünftig Ansprüche geltend gemacht werden, wird Unicef diese Ansprüche prüfen und alles tun, um eine einvernehmliche Lösung zu erreichen.“
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