„Früher, in der DDR, da wollten alle Bockwurst, Wiener und Knacker aus dem Kessel. Isst heute keiner mehr. Damals hatten wir nur Brötchen – keine Pommes, keine Salate. Und die Currywurst gab es nur im Ganzen.
Mit dem Fall der Mauer kam die geschnittene Wurst. Die Bürger aus Westberlin, die wussten ja nicht, wie soll ich jetzt die ganze Wurst essen? Also die Änderung: Wurst geschnitten. Die Kunden aus dem Ostteil der Stadt aber wollten die Wurst weiter ganz haben. Also hat man gefragt: Ganz oder schneiden? Man muss auf die Belange der Kunden eingehen.
Dann irgendwann kam ’ne Kundin, die war der Meinung, sie kann bei mir ’ne vegetarische Wurst essen. Hatte ich nicht. Ich also meine Lieferanten abgeklappert: Gib mir mal eine zum Probieren. Gibt er mir einen ganzen Karton, 40 Stück. Und prima, kommt gut an. Selbst Nichtvegetarier probieren die, aus Neugier. Die haben wir jetzt also neu im Sortiment, hätte ich früher nie gedacht, dass ich die brauche.
Inzwischen finde ich es ja schlimm, jeder Imbiss macht irgendein Thema. Der eine mit Trüffeln, der andere mit Blattgold. Der nächste schreibt dran: schärfste Currywurst Berlins. Ich finde: Wenn ich eine ordentliche Wurst habe, ordentliches Ketchup, da brauche ich nicht die Schärfe. Aber auch wir haben mittlerweile sechs verschiedene Chilisorten.
Neulich auch wieder: Fragt jemand nach ’nem dunklen Brötchen.
Also bin ich am Forschen. Welcher Hersteller, wie groß, wie klein, Kostenpunkt? Gibt’s also jetzt nicht mehr nur helle Brötchen, sondern auch dunkle.
Das alles resultiert aus Kundenwünschen. Die haben einfach ganz genaue Vorstellungen heute: mit Bio und Öko und vegetarisch.“
Zur Person
Mario Ziervogel, 49, entstammt der Berliner CurrywurstbudenDynastie Konnopke. Mit Ziervogel’s KultCurry hat er sich 2012 selbstständig gemacht. Er hat vier Mitarbeiter.
Wurstticker:
In Deutschland stehen circa 40 000 Imbissbuden. +++ Geschätzter Jahresumsatz der Branche: 11 Mrd. Euro. +++ Pro Betrieb somit rund 750 Euro Tagesumsatz. +++ 850 Millionen Currywürste essen die Deutschen im Jahr. +++ Die Berliner doppelt so viele. +++ Also, pro Kopf jetzt, nämlich jeder 20 Stück. +++ 20! +++ Isst der Deutsche im Sitzen in der Bude eine Currywurst, zahlt er 19 Prozent Mehrwertsteuer. +++ Nimmt er sie mit, bloß sieben Prozent. +++ Der Eintritt im Deutschen Currywurst Museum in Berlin kostet 11 Euro für Erwachsene.