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Management 5 Gründe, warum wir unzufrieden im Job sind

Schlechte Chefs richten immensen Schaden an. Eine Gallup-Studie zu den Gründen
Kein Bock auf den Job
Null Bock: Nur 15 Prozent der Deutschen brennen für ihren Job
© Getty Images

Einmal im Jahr veröffentlicht das Beratungsunternehmen Gallup den Engagement Index, der die Zufriedenheit und den Einsatz der Mitarbeiter in deutschen Unternehmen untersucht. Das Ergebnis für das Jahr 2016 klingt zunächst erschreckend. Nur 15 Prozent der Arbeitnehmer brennen für ihren Job, sind bereit die berühmte „Extrameile“ zu gehen. Das sind ein Prozent weniger als noch im Vorjahr. Über zwei Drittel (70 Prozent) der Arbeitnehmer haben angegeben, dass sie nur eine geringe Bindung zu ihrem Arbeitgeber haben, nur Dienst nach Vorschrift machten. Und 15 Prozent haben sogar bereits innerlich gekündigt.

Im Vergleich zu den USA sind das desaströse Zustände: Dort ist die Zahl derer, die sich in ihrem Job voll einbringen, doppelt so hoch (32 Prozent) wie hierzulande. In Kanada sind es immerhin noch 18 Prozent. Im Vergleich der G7-Gruppe, der Gruppe der führenden Industrienationen, belegt Deutschland hinter den beiden nordamerikanischen Staaten Platz drei. Großbritannien folgt mit 13 Prozent, Frankreich mit 7 Prozent, Japan mit 6 Prozent und Schlusslicht ist Italien mit gerade mal 3 Prozent.

Doch das darf keine Ausrede für Deutschland sein. Warum stagniert die Zufriedenheit der Arbeitnehmer? Gerade in Zeiten guter Konjunktur und fehlender Fachkräfte müssen Unternehmen um jeden Mitarbeiter kämpfen – sie tun es aber anscheinend nicht. Der Gallup-Studie nach hängt die Produktivität der Mitarbeiter in erster Linie von den Fähigkeiten der Führungskräfte ab. Doch da klaffen Wünsche der Mitarbeiter und die Wirklichkeit weit auseinander. Gallup hat berechnet, dass die innere Kündigung aufgrund schlechter Führung die deutsche Wirtschaft insgesamt bis zu 105 Mrd. Euro kostet. Und zwar jährlich. Wie kann das sein?

1. Keine emotionale Bindung

Eigentlich sind die Deutschen zufrieden. Sie bewerten die ökonomische Lage positiv, fühlen sich wohl und fürchten sich kaum um ihren Arbeitsplatz. Eine emotionale Bindung zu ihrem Arbeitgeber haben aber nur die wenigsten aufbauen können. Und das wirkt sich auf wichtige Wettbewerbsfaktoren wie Fehlzeiten, Produktivität, Rentabilität, Qualität und Kundenbindung aus. Denn Arbeitnehmer, die sich emotional nicht an ihren Arbeitgeber gebunden fühlen, zeigen weniger Eigeninitiative, Leistungsbereitschaft und Verantwortungsbewusstsein – und sie schweigen zudem häufiger zu Fehlentwicklungen. Laut Gallup hat jeder dritte Mitarbeiter in den letzten zwölf Monaten gegenüber seinem Vorgesetzten mindestens einmal schwere Bedenken nicht geäußert. Bei den Mitarbeitern ohne emotionale Bindung schwieg sogar fast jeder Zweite (45 Prozent).

2. Neue Machtverhältnisse

Problematisch ist auch die hohe Fluktuation in einer gering gebundenen Belegschaft. Gerade in Zeiten von Fachkräftemangel. Laut Engagement-Index beabsichtigen 84 Prozent der hoch gebundenen, aber nur 31 Prozent der nicht gebundenen Mitarbeiter in drei Jahren noch bei ihrer jetzigen Firma zu sein − jeder Dritte von ihnen ist bereits heute aktiv auf Jobsuche. Und die gute Konjunktur kommt „Jobhoppern“ entgegen. Fast zwei Drittel der Befragten rechnen sich gute bis sehr gute Chancen aus, schnell einen neuen Arbeitsplatz zu finden, sollten sie heute ihren Job verlieren. „Die Machtverhältnisse auf dem Arbeitsmarkt haben sich gedreht. Früher suchten qualifizierte Bewerber nach Stellen, heute suchen Unternehmen händeringend nach qualifizierten Bewerbern. Der Wettbewerb um die besten Köpfe wird immer härter“, sagt Marco Nink von Gallup. Dazu passt, dass 16 Prozent der Beschäftigten im vergangenen Jahr Angebote von Headhuntern erhalten haben. 2010 waren es nur 12 Prozent.

3. Falsche Hebel

Die latente Wechselbereitschaft stellt Unternehmen vor große Herausforderungen. Im Schnitt bleibt eine vakante Stelle derzeit 98 Tage unbesetzt, 35 Tage mehr als 2007. Nink: „Neue Mitarbeiter brauchen meistens Monate, bis sie wirklich produktiv arbeiten. Außerdem bedeutet jeder Weggang den Verlust von Erfahrung, Fachwissen und Kontakten und wirkt sich oft negativ auf Betriebsklima und Kundenbeziehungen aus.“ Viele Firmen unternehmen zwar große Anstrengungen um Mitarbeiter zu halten und zu binden, doch sie setzen offenbar nicht an den richtigen Hebeln an. Nink: „Faktoren wie Arbeitsplatzsicherheit, Entlohnung, Sozialleistungen, flexible Arbeitszeit oder die Zahl der Urlaubstage sind für Mitarbeiter zwar durchaus wichtig, auf deren emotionale Bindung haben sie jedoch kaum Einfluss. So ist beispielsweise „die Möglichkeit, das zu tun, was man richtig gut kann“ fünfmal wichtiger als das Gehalt. Entscheidend sind außerdem Dinge wie Führungsqualität, eine herausfordernde, abwechslungsreiche und als sinnvoll empfundene Tätigkeit und die Kollegen. Emotionale Bindung wird im direkten Arbeitsumfeld erzeugt und der direkte Vorgesetzte ist dabei das A und O.“

4. Chefs überschätzen sich

Bei den Führungskräften sieht Gallup den Hauptgrund für die geringe Bindung an ein Unternehmen. Bei der Führungsqualität klaffen die Wünsche der Mitarbeiter und die Wirklichkeit in deutschen Unternehmen besonders weit auseinander. Insgesamt sagt gerade einmal jeder fünfte Arbeitnehmer (21 Prozent) „die Führung, die ich bei der Arbeit erlebe, motiviert mich, hervorragende Arbeit zu leisten“. Bei den hoch gebundenen sind es 66 Prozent, bei den Arbeitnehmern mit geringer oder ganz ohne Bindung nur 15 bzw. drei Prozent. Fast jeder fünfte Mitarbeiter (18 Prozent) hat in den vergangenen zwölf Monaten wegen seines direkten Vorgesetzten daran gedacht zu kündigen − in der Gruppe der „Inneren Kündiger“ sogar fast jeder Zweite (45 Prozent). Zwei von drei Arbeitnehmern (69 Prozent) hatten im Lauf ihres Arbeitslebens mindestens einmal einen schlechten Vorgesetzten. Doch die Chefs selbst sind sich ihrer Defizite nicht bewusst − 97 Prozent halten sich selbst für eine gute Führungskraft. Dazu passt auch, dass 2016 nur 40 Prozent der Führungskräfte eine Weiterbildung besucht haben, um den Umgang mit ihren Mitarbeitern zu verbessern.

5. Schlechte Führung

Nachholbedarf haben Führungskräfte hierzulande vor allem auch, wenn es um Feedback geht. Gallup-Untersuchungen belegen, dass der kontinuierliche Dialog zwischen Führungskraft und Mitarbeiter einer der wichtigsten Hebel ist, um die emotionale Bindung am Arbeitsplatz zu erhöhen. Doch derzeit hat nur gut jeder zweite Mitarbeiter (56 Prozent) in den letzten zwölf Monaten überhaupt einmal mit seinem Vorgesetzten über seine Leistungen gesprochen. Nur 14 Prozent der Mitarbeiter berichten von einem kontinuierlichen Austausch mit dem Vorgesetzten über das Jahr hinweg. Und selbst dort, wo sie stattfinden, verfehlen Mitarbeitergespräche oft ihr Ziel, die Arbeitsleistung nachhaltig zu verbessern. Nur knapp vier von zehn Beschäftigten (38 Prozent) stimmen der Aussage „die Rückmeldung, die ich zu meiner Arbeit bekomme, hilft mir, meine Arbeit besser zu machen“ ohne Wenn und Aber zu. Nink: „Dieses Ergebnis stellt Führungskräften ein schlechtes Zeugnis aus. Es ist die Aufgabe einer Führungskraft, die individuellen Leistungspotenziale der Mitarbeiter freizusetzen und zur Entwicklung des Einzelnen beizutragen. Es gilt herauszufinden, was ein Mitarbeiter gut kann und mag und wie er dementsprechend eingesetzt werden kann − dies lässt sich am besten im Gespräch herausfinden.“

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