Die Corona-Pandemie wurde für Hochschulen zu einer besonderen Zerreißprobe. Dabei ging es um weit mehr als die rein organisatorische Umstellung von Präsenz- auf Fernunterricht. Viele der führenden Universitäten der Welt sind abhängig von zahlungskräftigen Studenten aus dem Ausland. Insbesondere Gäste aus Asien lassen es sich viel Geld kosten, ihren Lebenslauf mit einem Abschluss an einer der teils jahrhundertealten akademischen Kaderschmieden des Westens zu krönen. In Zeiten von Reisebeschränkungen und Online-Kursen ist dieses lukrative Modell aber grundsätzlich und möglicherweise langfristig infrage gestellt.
Beste Universitäten der Welt
Das britische Wochenmagazin „Times Higher Education“ (THE) kürt alljährlich die besten Hochschulen der Welt. Die Rangliste für 2022 bildet erstmals vollständig die Zeit nach Ausbruch der Pandemie ab. Für „The Times Higher Education World University Rankings 2022“ wurden nach Angaben des Magazins 1662 Hochschulen in 99 Ländern und Territorien analysiert.
Untersucht wurden demnach diese vier Bereiche anhand von 13 Indikatoren:
- Lehre (zum Beispiel das Verhältnis von Lehrkräften zu Studenten)
- Forschung (Volumen und Einnahmen)
- Renommee (zum Beispiel die Zahl der zitierten Fachartikel dieser Uni)
- internationale Ausrichtung (zum Beispiel der Anteil an ausländischen Studenten)
Die Lehre machte 30 Prozent des Endergebnisses aus. Die Reputation der Hochschulen wurde zwischen November 2020 und Februar 2021 untersucht.
Die besten Universitäten 2022
Die University of Chicago hat während der Covid-19-Krise ihre Position unter den Spitzenhochschulen der Welt gehalten. Sie kam im Ranking für 2022 wie im Vorjahr auf Platz zehn. Die Universität, an der Barack Obama vor seiner Zeit als US-Präsident Verfassungsrecht lehrte, war 2021 in die Top 10 aufgestiegen. Zuletzt waren dort laut THE 14.895 Studenten immatrikuliert, jeder dritte von ihnen kam aus dem Ausland. Eine Lehrkraft betreute im Schnitt 6,1 Studierende. Das ist ein Verhältnis, von dem deutschen Spitzenuniversitäten nur träumen können.
Für die Yale University ging es in dem Ranking hingegen während der Pandemie abwärts. Die drittälteste Hochschule der Vereinigten Staaten kam zuletzt nur noch auf Rang neun. Sie hatte in den drei Jahren zuvor den achten Platz für sich reklamiert. Der Anteil internationaler Studenten lag mit 21 Prozent deutlich niedriger als bei der eben genannten University of Chicago.
Einen Platz nach unten ging es auch für die University of California. Sie war im Ranking für 2021 noch der Aufsteiger gewesen und hatte sich vom 13. auf den siebten Platz verbessert. Berkeley ist die mit Abstand größte der zehn Spitzenuniversitäten. Sie zählte zuletzt 40.306 Studierende, fast doppelt so viele wie die nächst größere Einrichtung der Top 10. Eine Folge: Das Verhältnis von Lehrkräften zu Studierenden war mit 18,9 der bei weitem schlechteste Wert der Spitzengruppe.
Die Princeton University konnte ihren Ruf hingegen während der Pandemie verbessern. Die Experten von THE stuften die Ivy-League-Vertreterin im Ranking auf Platz sieben ein, zwei Plätze besser als im Vorjahr. Damit konnte die Bildungseinrichtung auf halbem Weg zwischen New York City und Philadelphia den Einbruch 2021 fast wieder wettmachen. Damals war sie drei Plätze im Ranking gefallen. Im Schnitt kam auf 7,5 der insgesamt 7753 Studierenden eine Lehrkraft.
Platz fünf teilten sich im Ranking 2022 zwei Hochschulen. Hier fand sich mit der University of Cambridge die erste Spitzenuniversität außerhalb der USA. Die britische Elitehochschule verbesserte sich im THE-Ranking um einen Platz. 39 Prozent der 19.681 Studierenden stammten den Angaben zufolge aus dem Ausland. Nur der Spitzenreiter konnte diesen Wert überbieten, der auch auf das weltweite Prestige dieser Bildungseinrichtungen verweist.
Die University of Cambridge teilte sich den fünften Rang mit dem Massachusetts Institute of Technology. Das hielt seine Platzierung des Vorjahres. Die Hightech-Kaderschmiede war im Ranking 2021 kurz vor Ausbruch der Corona-Pandemie noch einen Platz abgerutscht. THE erfasst bei dem Ranking auch, wie es die Institutionen bei der Zusammensetzung des Lehrkörpers mit der Gleichberechtigung halten. Alle bislang genannten Hochschulen wiesen ungefähr ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen den Geschlechtern auf. Anders sah das zuletzt am MIT aus. Es kam nur auf 40 Prozent Frauenanteil unter den Lehrenden.
Die Stanford University gehörte zu den Verlierern der Top 10. Die kalifornische Eliteuniversität verschlechterte sich um zwei Plätze auf Rang vier. Stanford büßte damit im THE-Ranking auch den Titel der besten Hochschule der USA ein. 23 Prozent der 16.319 Studierenden stammten aus dem Ausland. Auf 7,3 Lernende kam statistisch betrachtet eine Lehrkraft.
Das California Institute of Technology hat sich während der Pandemie nach Ansicht der THE-Analysten zur besten Hochschule der USA gemausert. Sie teilt sich den Titel allerdings mit einem weiteren Zweitplatzierten auf dieser Liste. Die Tech-Kaderschmiede an der Westküste verbesserte sich im Ranking 2022 um zwei Plätze und musste sich damit nur dem ewigen Spitzenreiter geschlagen geben. CalTech ist die Heimat des NASA Jet Propulsion Laboratory, wo Raketen und Mars-Roboter für die US-Raumfahrtbehörde gebaut werden. Die Hochschule hatte das mit Abstand größte Ungleichgewicht zwischen den Geschlechtern. Auf eine Frau kamen fast zwei Männer (36 Prozent zu 64 Prozent). Allerdings ist CalTech auch mit 2233 Studierenden die bei weitem kleinste Einrichtung der Top 10.
Die Harvard University hatte zu Beginn der Pandemie mit Anpassungsproblemen zu kämpfen. Der Inbegriff der Ivy League war im Ranking für 2020 um einen Platz auf Rang sieben gefallen. 2021 allerdings sprang sie auf Platz drei empor. Nun ging es einen weiteren Rang nach oben. 24 Prozent der 21.574 Studierenden stammten aus dem Ausland. 9,5 von ihnen kamen statistisch betrachtet auf eine Professorin oder Dozentin. Der Lehrkörper bestand zu exakt gleichen Teilen aus Frauen und Männern.
Die Pandemie konnte dem Status der besten Universität der Welt nichts anhaben. Die University of Oxford wurde im Ranking von THE zum sechsten Mal in Folge zur globalen Nummer eins gekürt. Dieser Ruf ist für die älteste englischsprachige Hochschule ein lukratives Geschäft. 42 Prozent ihrer Studierenden kam zuletzt aus dem Ausland. Das war der höchste Wert der Top 10. Den toppte erst das Imperial College London auf Platz zwölf mit 59 Prozent. Unter den deutschen Hochschulen schnitt wieder die Ludwig-Maximilians-Universität München am besten ab. Sie hielt den 32. Platz des Vorjahres