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Wochenrückblick Am Ende

Es waren turbulente Tage – in dieser 27. Kalenderwoche. Gescheiterte und Gestrandete spielten die Hauptrollen. Vor allem Ägyptens Präsident Mursi fiel schnell, spektakulär und tief.
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Auf dem Tahrir-Platz in Kairo haben die Ägypter nach der Vertreibung ihres Langzeitdiktators Hosni Mubarak erneut Revolutionsgeschichte geschrieben. Mit ihrem ersten demokratisch gewählten Präsidenten Mohammed Mursi hatten sie weniger Geduld als mit seinem Vorgänger. Ein Jahr mit dem Muslimbruder an der Spitze reichte ihnen vollkommen. Der Umsturz gelang, weil sich das mächtige Militär auf die Seite der Opposition schlug. Es war die Militärführung, die den Staatschef entmachte, gegen die Regierung putschte.

Auf den Straßen Kairos bejubelten die Massen die Soldaten, die sie noch vor kurzem des Verrats an der Revolution bezichtigt hatten. Jetzt versprechen die Militärs baldige Neuwahlen. Als Übergangspräsidenten setzten sie einen Zivilisten ein: den 67-jährigen Verfassungsrechtler Adli Mansur, den sie erst zwei Tage zuvor zum Chef des Verfassungsgerichts gekürt hatten. Trotzdem ist die Zukunft Ägyptens ungewisser denn je. Der Konflikt zwischen Islamisten, Säkularen und Christen schwelt weiter. Und eine neue Regierung muss vor allem die desolate Wirtschaftslage verbessern.

Mursi steht übrigens unter Hausarrest. Er ist damit genauso bewegungsunfähig wie Edward Snowden, Amerikas neuer Staatsfeind Nummer 1. Der ehemalige Geheimdienstmitarbeiter ist am Moskauer Flughafen Scheremetjewo gestrandet, fristet dort sein Dasein irgendwo im Transitbereich und schreibt fleißig Asylanträge wie andere in seinem Alter Bewerbungsschreiben. An 21 Staaten hat sich Snowden bereits gewandt. Auch an Deutschland. Doch wie Frankreich, Italien, Polen und die Niederlande hat Berlin ihm eine Absage erteilt. Zwar hat sich die deutsche Politik über die Abhörpraktiken befreundeter Geheimdienste beschwert. Aber verscherzen mit den USA will es sich Berlin dann doch nicht.

Nur Venezuela signalisiert bislang Bereitschaft, Snowden eventuell aufzunehmen. Aber die können mit den USA ja sowieso nicht. Also muss der Whistleblower vorerst in Moskau ausharren. Dort kann er offenbar nicht ausfindig gemacht werden – auch nicht von den Geheimdiensten, die angeblich jedes Telefongespräch und jede E-Mail bis in den hintersten Winkel der Welt verfolgen können. Snowden bleibt unsichtbar.

Affront gegen Morales

Das war auch das Pech von Boliviens Präsident Evo Morales, der auf seinem Heimflug von Moskau nach La Paz in Wien strandete – wenn auch nur für ein paar Stunden. Etliche westeuropäische Länder hatten ihren Luftraum gesperrt. Morales – so die Vermutung – habe Snowden an Bord, was natürlich Quatsch war. Ein diplomatischer Affront war die Aktion allemal. Immerhin hatte der Bolivianer Gesellschaft. Österreichs Staatsoberhaupt Ernst Fischer eilte an den Flughafen Schwechat, um mit Morales zu plaudern. Wieder daheim wütet der linksgerichtete Staatschef jetzt gegen die USA.

Während Morales weitermachen kann, war für Portugals Finanzminister Vitor Gaspar Schluss. Mit seinem Rücktritt verliert die Regierung den Architekten des rigiden Sparprogramms, mit dem das Land seine Schuldenkrise überwinden will. Doch Portugal steckt fest in der Rezession und hat jetzt auch noch eine Regierungskrise. Nach Gaspar stellte auch Außenminister Paulo Portas vom kleineren Koalitionspartner sein Amt zur Verfügung. Die Regierung droht auseinanderzubrechen.

Wegen der Krise in Lissabon geht in Europa wieder die Angst vor einer Rückkehr der Eurokrise um. EZB-Präsident Mario Draghi sah sich jedenfalls zu einer ungewöhnlichen Stellungnahme genötigt. Die Europäische Zentralbank werde ihre Politik der niedrigen Zinsen langfristig fortsetzen. „Die Leitzinsen bleiben für einen ausgedehnten Zeitraum auf dem aktuellen Niveau oder niedriger“, sagte Draghi. Das ist mal eine Ansage.

Ein anderer Repräsentant wird dagegen bald keine Ansagen mehr machen: Belgiens König Albert II. dankt ab. Abdanken, das klingt edel, weshalb es auch Monarchen vorbehalten bleibt. Belgien stürzt deswegen nicht sofort in eine Krise, obwohl auch das Nachbarland mit Finanzproblemen zu kämpfen hat. Immerhin haben die Belgier seit gut anderthalb Jahren eine Regierung. Für die Bildung dieser Koalition hatten sie 540 Tage benötigt – Weltrekord! Kein Wunder, dass Albert keine Lust mehr hat, im Dauerstreit zwischen Flamen und Wallonen zu vermitteln. Das darf künftig sein Nachfolger Prinz Philipp machen.

Foto: © Getty Images

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